Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
schöpfen. Metallklingen schlugen gegeneinander und die Schreie Sterbender hallten über das Schlachtfeld. Ein Schauder rieselte Ambers Rücken hinab, denn sie wusste, dass William da draußen gegen die Übermacht der Wikinger focht. Die Fibel hatte sie dieses Mal in die Zeit der Schlacht geführt. Wo steckte ihr Vater Myrddin? Sie hatte Angst um ihn. Mit dem gefüllten Bottich in der Hand lief sie zum brennenden Haus und reichte ihn dem Mann am Anfang der Kette.
Jemand schrie, sie sollten das Burgtor öffnen. Amber wirbelte herum, als trommelnde Pferdehufe den Boden erbeben ließen. Etwa fünf Dutzend blutbesudelte Krieger mit William an der Spitze galoppierten in den Burghof. Hastig wurden die Tore hinter ihnen geschlossen. Amber fühlte, dass es der Rest seines Heeres war. Ihre Gesichter waren von Erschöpfung und dem Schrecken des Kampfes gezeichnet. Williams finstere Miene verriet, wie sehr ihm der unfreiwillige Rückzug missfiel. Die Schreie draußen verstummten schlagartig, die Erde bebte erneut unter unzähligen Pferdehufen. Doch dieses Mal entfernten sie sich, die Wikinger zogen sich zurück. Auch innerhalb der Burgmauern herrschte jetzt gespenstische Stille. Kinder drückten verängstigt ihre Gesichter in die Röcke ihrer Mütter.
William sprang vom Pferd. „Wie aufgescheuchte Hasen haben sie meine Krieger vor sich hergetrieben! Die Nordmänner ziehen sich zwar zurück, doch wähnt euch nicht in Sicherheit. Beim nächsten Morgengrauen werden sie erneut angreifen. Das Einzige, was wir noch tun können, ist in Ehre zu sterben! Die Wikinger sollen uns nicht lebend bekommen. Also kämpft, Männer, Frauen und Kinder von Gealach, bis eine feindliche Axt euch aus dem Leben reißt!“, brüllte er und ballte die Faust.
Amber spürte seine Verzweiflung und den Wunsch nach Rache. Er war fest entschlossen, Gealach niemals den Wikingern zu überlassen. Eher schickte er sein Volk und sich in den Tod. Sein Gefolge beantwortete seinen Aufruf mit „Ja!“. Amber spürte ihre Furcht, die wie eine gewaltige Woge über ihr zusammenschlug. Dennoch waren sie bereit, ihrem Herrn in den Tod zu folgen. William wischte sich mit dem Handrücken das Blut aus dem Gesicht. Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Seine Haltung drückte Stolz und Entschlossenheit aus. Nie war er ihr so nah gewesen wie in diesem Moment. Sie konnte nicht anders, als seinen Schmerz mitzufühlen, wie damals, als er noch ein Kind gewesen war. Das harte Leben hatte die weichen Züge des Knaben in das markante Gesicht eines Mannes gewandelt. Die Narben auf seinem Körper erzählten von unzähligen Kämpfen, der zynische Zug um seinen Mund von einem Leben ohne Liebe. Dort stand nicht der gewissenlose Revenant, sondern ein Mann, dessen Herz für sein Volk und seine Heimat schlug, was ihn sympathisch machte. Nichts wünschte sie sich in diesem Augenblick mehr, als ihn aus der ausweglosen Situation retten zu können. Alles würde sie darum geben, seine Wandlung in einen Vampir zu verhindern. Um seinetwillen und für Aidan.
Ihre Zuversicht sank, als sie an die Übermacht draußen vor den Toren dachte. Ihre Kräfte reichten nicht aus, die Wikinger zurückzudrängen. Vielleicht konnte sie den Lord davon überzeugen, es gemeinsam mit ihrem Vater zu versuchen.
William wandte den Kopf, als hätte er ihre Gedanken aufgefangen. Als sich ihre Blicke begegneten, raste Ambers Puls. Erkannte er sie nach all den Jahren wieder? In seinen blauen Augen leuchtete Erkennen auf und seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. Sie war enttäuscht, als er sie nicht herbeiwinkte. Stattdessen rief er nach Myrddin. Ein Raunen ging durch die Menge.
„Hier ist er!“, rief ein Mann.
Zwei Hünen führten ihren gefesselten Vater zu William. Sie wollte zu ihm laufen, aber die Krieger hielten sie zurück.
„Ihm haben wir unsere Niederlage zu verdanken“, behauptete der grobschlächtige Mann zur Linken Myrddins. „Sein Zauber hat versagt!“
„Ja, so ist es. Er muss sterben!“, forderten Stimmen. „Die Klingen unserer Schwerter sind im Kampf gebrochen. Wo ist da seine Magie?“, meldete sich einer der Krieger zu Wort und hob sein ausgebrochenes Schwert in die Höhe.
Sie erschrak über die Mordlust, die aus den Blicken der Anwesenden sprach.
„Tötet ihn! Verbrennt ihn!“
Die Rufe nach seinem Tod wurden immer lauter. Sie suchten einen Schuldigen für ihr Versagen und das sollte ihr Vater sein. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, er versuchte vergeblich, sich
Weitere Kostenlose Bücher