Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
loszureißen. Sie musste verhindern, dass sie ihn umbrachten. Amber konzentrierte sich auf ihre Kräfte, versuchte sie zu sammeln, aber das vertraute Kribbeln in ihren Fingerspitzen blieb aus. Das konnte nicht möglich sein. Selbst in der Schattenwelt konnte sie sich ihrer Fähigkeiten bedienen.
Myrddin sah zu ihr herüber und schüttelte den Kopf, als wüsste er, was sie vorhatte und wollte es nicht. Amber fühlte sich hilfloser denn je.
Plötzlich ertönten Schlachtrufe und Hörner bliesen hinter den Mauern. Das Burgtor erzitterte unter kräftigen Stößen eines Rammbocks. Die Menschen im Hof schrien, während William und seine Männer mit ihren Schwertern zum Tor rannten, bereit, sich den Feinden entgegenzustellen. Das Bersten des Burgtors genügte, um die Menschen im Innenhof in Panik zu versetzen. Die aufgebrachte Meute stob blindlings davon. Amber sah noch, wie die beiden Hünen ihren Vater in einen Hauseingang zerrten und wollte zu ihm eilen, aber der Strom Flüchtender riss sie mit. Entgegen Williams Prognosen warteten die Wikinger nicht bis zum Morgengrauen, sondern wollten Gealach sofort erobern. Amber wurde im Gedränge gegen die Mauer gepresst und bekam kaum noch Luft. Ellbogen stießen in ihren Bauch und bohrten sich in ihre Rippen. Irgendwie gelang es ihr, sich zwischen die Davonstürmenden zu schieben und rannte mit ihnen weiter, bis sie einen Eingang fand. Die hölzerne Tür stand offen. Auf Zehenspitzen schlich sie hinein und schloss sie leise hinter sich. Sie brauchte einen Moment, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Ein Vorhang trennte sie von einem weiteren Raum, aus dem Flüstern erklang. Vorsichtig schob sie den rauen Stoff beiseite und lugte durch den Spalt.
Sie befand sich in einer Kapelle. Vor dem Altar mit den brennenden Kerzen erkannte sie zwei Frauen, die in ein Gespräch vertieft waren. Das Geschehen draußen schien an ihnen vorbeizulaufen. Die Rechte schwebte eine Handbreit über dem Boden. Ihr Gesicht war bleich und die Augen mit dem bohrenden Blick kohlschwarz. Ihre düstere Ausstrahlung übertraf Revenants. Sie schien alles Finstere in sich zu vereinen. Amber presste die Hand vor den Mund, als sie ahnte, wen sie da vor sich sah.
Abunde! Die andere musste Eilidh, Williams Mutter, sein. Sie verneigte sich vor Abunde, deren blauschwarzes Haar sich wie ein Wasserfall über den Rücken ergoss. Sie sah kalt auf Eilidh herab. Ambers Finger umklammerte den Vorhang, sie wagte kaum zu atmen.
In diesem Moment wurde sie Zeugin des Gesprächs zwischen Eilidh und der Tochter Satans.
Ihr Herz klopfte eine Spur schneller und sie befürchtete, Abunde könnte es hören.
Neben dem Altar standen Schalen, aus denen es dampfte, daneben eine Druidensichel. Ein bitterer Geruch schwebte in der Luft. Auf dem Altar lag ein abgetrennter Widderkopf, dessen Blut auf dem Stein bereits geronnen war. Die toten Augen schienen sie anzuglotzen. Beweise für ein Ritual, mit dem Abunde beschworen worden war. Natürlich wusste Amber von Hermit, dass die Schafsböcke geopfert wurden, aber Anblick und Geruch weckten Ekel in ihr.
„Hilf uns, Herrin der Finsternis.“ Eilidh fiel vor Abunde auf die Knie. „Gealach ist dem Untergang geweiht. Du bist die Einzige, die das Schicksal abzuwenden vermag. Vernichte unsere Feinde.“
Eilidh war ebenso entschlossen wie ihr Sohn, Gealachs Untergang um jeden Preis abzuwenden.
Abunde spitzte die Lippen, bevor sie herablassend lächelte. „Du hast mich gerufen, damit ich euer armseliges Reich rette? Es bedeutet mir nichts.“ Das Lächeln Abundes gefror.
„Bitte habt Erbarmen. Ich habe euch stets Opfer gebracht. Was verlangt ihr noch?“ Eilidh rutschte auf den Knien voran und langte nach dem Saum von Abundes Kleid.
„Der Preis ist hoch. Was würdest du für eure Rettung opfern?“
Ihre Stimme klang wie das Schnurren einer Katze. Amber hielt den Atem an, denn dieser Moment besiegelte Williams und damit auch Aidans Schicksal.
Jetzt konnte sie ihr Los abwenden, wenn sie eingriff.
Abundes Blick glitt zu ihr herüber, als hätte sie ihre Anwesenheit gespürt. „Es ist besiegelt“, hörte sie Abundes Stimme in ihrem Kopf, obwohl die Satanstochter ihre Lippen nicht bewegt hatte.
„Jeden Preis, den Ihr begehrt. Ich würde alles dafür tun, wenn Ihr uns Hilfe gewährt.“ Eilidhs Finger krallten sich in Abundes Saum.
„Wirklich alles?“ Das Lächeln Abundes wurde breiter.
„Ja, ja, alles, was Ihr von mir verlangt.“
Abunde beugte sich langsam zu der
Weitere Kostenlose Bücher