Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
gegeben hat. Die Zimmer sind ordentlich, es riecht noch schwach nach dem Schinken, den sie nach der Beerdigung hier warm gemacht haben. Baedecker marschiert in das kleine Arbeitszimmer im hinteren Teil des Hauses, schnappt sich den Manuskriptstapel und die Notizen, packt alles in einen Karton, in dem einmal Briefumschläge waren, und trägt das Paket hinaus zum Auto.
    Baedecker geht die hundert Meter zum Schulhaus zu Fuß. Weder sein Klopfen noch Rufe in das Sprechröhrensystem werden beantwortet. Er weicht zurück und schaut zum Dachstuhl hinauf, aber die Fenster sind graue Tafeln, in denen sich die tiefhängenden Wolken spiegeln. Im Garten stehen vertrocknete, abgebrochene Maisstauden und eine verfallende Vogelscheuche im Frack.
    Bis zu Kink Weltners Ranch ist es nicht weit. Er hat den Toyota geparkt und will gerade aussteigen, als er den Huey festgezurrt auf der Wiese hinter der Scheune stehen sieht. Die Anwesenheit des Helikopters erschüttert ihn auf unbestimmte Weise; er hatte vergessen, dass Dave ihn hierhergeflogen hatte. Baedecker tritt zu ihm hinüber, streicht mit den Händen über die Halteseile und späht ins Cockpit. Die Windschutzscheibe ist vereist, aber er kann den Helm der Air National Guard auf dem Rücksitz erkennen.
    »Hallo, Dick.«
    Baedecker dreht sich um; Kink Weltner kommt auf ihn zu. Trotz der Kälte trägt Kink nur einen dunklen Anzug; der linke Ärmel ist ordentlich festgesteckt.
    »Hallo, Kink. Wo wollen Sie denn hin, so fein angezogen?«
    »Ein paar Tage nach Vegas, bevor mir hier die Decke auf den Kopf fällt«, sagt Kink. »Das Scheißwetter geht einem auf die Nerven.«
    »Tut mir leid, dass wir nach der Beerdigung nicht miteinander reden konnten«, sagt Baedecker. »Ich wollte Sie einiges fragen.«
    Kink schnäuzt sich in ein rotes Taschentuch und steckt es wieder in die Brusttasche des Anzugs. »Ja, ich hatte jede Menge Arbeit nachzuholen. Gottverdammt, ich wünschte, das mit Dave wäre nicht passiert.«
    »Ich auch«, sagt Baedecker. Er klopft auf die Seite des Rumpfs. »Ich bin überrascht, dass der noch hier ist.«
    Kink nickt. »Ja. Ich hab sie schon zweimal angerufen. Habe beide Male mit Chico reden müssen, weil niemand die Verantwortung für eine Maschine übernehmen will, die eigentlich gar nicht existiert. Sie warten auf besseres Wetter, denke ich. Ich weiß nicht, ob alle Angst haben, so weit zu fahren, oder ob sie nicht über die Berge fliegen wollen. Er ist vollgetankt und jederzeit bereit. Ich würde ihn selbst zurückfliegen, aber es ist schwer, einen Huey mit einem Arm zu steuern.«
    »Ich hab es mit zwei Armen nie geschafft«, sagt Baedecker. »Kink, Sie haben mit Dave gesprochen, als er hier war, richtig?«
    »Hab nur hallo gesagt. Ich war überrascht, ihn gleich nach Weihnachten wiederzusehen. Ich wusste, dass er und Diane nach der Geburt des Babys wiederkommen wollten, aber vorher hatte ich ihn nicht erwartet.«
    »Haben Sie ihn nochmal gesehen, bevor er gegangen ist?«
    »Nein, das Wetter war schon schlechter geworden, als er landete, und er sagte, er hätte den Cherokee beim Haus geparkt. Er meinte, er würde den Huey in ein paar Wochen rausfliegen, wenn ihn bis dahin nicht ein anderer abgeholt hätte.«
    »Hat er Ihnen gesagt, was er hier will?« Kink schüttelt den Kopf, aber dann hält er inne, als wäre ihm etwas eingefallen.
    »Ich habe ihn gefragt, wie sein Weihnachtsfest war, und er sagte prima, aber er hätte eines d er Geschenke hier draußen vergessen. Das ergab keinen Sinn, da sie, soweit ich weiß, gar nicht hier gewesen sind, seit er mit Ihnen vor Halloween hier war.«
    »Danke, Kink«, sagt Baedecker, als sie zum Haus zurückgehen. »Dürfte ich bei Ihnen mal telefonieren?«
    »Klar, machen Sie einfach die Tür hinter sich zu, wenn Sie fertig sind. Abschließen müssen Sie nicht«, sagt Kink, als er in seinen Pritschenwagen steigt. »Wir sehn uns, Dick.«
    »Bis bald, Kink.« Drinnen versucht Baedecker Diane zu erreichen. Niemand nimmt ab. Das Nachmittagslicht lässt eher an späten Abend denken, als hätte das Universum keine Energie mehr.
    Baedecker fährt durch Lonerock zurück, rollt an dem abgeschlossenen Haus vorbei und biegt nach rechts zur Schule ab. Dort sind die Vorhänge immer noch geschlossen, also wendet er um hundertachtzig Grad im Schnee und ist schon wieder in Richtung Hauptstraße unterwegs, als er die schlanke Gestalt mit dem weißen Haarschopf von der Wiese dahinter um das Haus herumkommen sieht. Er bremst, steigt aus und läuft

Weitere Kostenlose Bücher