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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Katie und ihrer Schwester oben«, sagt Tucker. »Komm auf einen Drink mit in Daves Salon.«
    Baedecker folgt ihm. Das Zimmer mit seinen Bücherregalen, Ledersesseln und dem alten Sekretär ist mehr Arbeitszimmer als Salon. Baedecker sinkt in einen Sessel und schaut sich um, während Tucker den Scotch einschenkt. Auf den Regalen findet sich eine kunterbunte Mischung von wertvollen Erstausgaben, Hardcover-Bestsellern, Taschenbüchern und Stapeln von Zeitschriften und Papieren. An einem freien Abschnitt der Wand beim Fenster hängen ein rundes Dutzend Fotografien: Baedecker erkennt sich selbst auf einer, wie er lächelnd neben Tom Gavin steht, während Richard Nixon einem grinsenden Dave steif die Hand entgegenstreckt.
    »Wasser oder Eis?«, fragt Tucker.
    »Nichts«, sagt Baedecker. »Pur, bitte.«
    Tucker gibt Baedecker das Glas und setzt sich auf den antiken Drehstuhl beim Schreibtisch. Er scheint sich dort nicht recht wohlzu fü hlen, nimmt ein maschinengeschriebenes Blatt vom Schreibtisch, legt es wieder hin, trinkt einen großen Schluck.
    »Probleme mit dem Flug heute Morgen?«, fragt Baedecker. Tucker war bei der Formation »Mann vermisst« mitgeflogen.
    »Nein, nein«, sagt Tucker. »Aber es hätte welche geben können, wenn die Wolken noch tiefer gewesen wären. Wir haben auch so schon die Hühner auf den Höfen geröstet.«
    Baedecker nickt und kostet den Scotch. »Stehst du auch in der Schlange für einen Flug, sobald das Shuttle-Programm wiederaufgenommen wird?«, fragt er Tucker.
    »Allerdings. Nächsten November, wenn alles gut läuft. Wir sollen militärische Nutzlast transportieren, daher werden wir auf den ganzen Pressemist von wegen heldenhafte Eroberer vor dem Flug verzichten.«
    Baedecker nickt. Der Scotch ist ein Glenlivet, unverschnit ten, Daves Lieblingsmarke. »Was meinst du, Tucker«, fragt er, »ist das Ding sicher zu fliegen?«
    Der kleinere Pilot zuckt die Achseln. »Zweieinhalb Jahre«, sagt er. »Mehr Zeit, alles in Ordnung zu bringen, als nach dem Tod von Gus, Chaffee und White bei Apollo 1. Natürlich haben sie die Verbesserung der SRBs an Morton Thiokol übergeben, also an diejenigen, die behauptet haben, dass die O-Ringe sicher sind.«
    Baedecker lächelt nicht. Er hat den seltsamen, inzestuösen Tanz zwischen Vertragsfirmen und Regierungsagenturen selbst miterlebt und war, wie die meisten Piloten, ganz und gar nicht davon angetan. »Soweit ich gehört habe, wollen sie für den ersten Flug das neue Notausstiegssystem bereit haben.«
    Jetzt lacht Tucker. »Ja, aber hast du es gesehen, Dick? Sie haben eine lange Stange in der unteren Ladebucht, und während der kommandierende Pilot das Flugzeug gerade und im Unterschallbereich hält, rutscht die Besatzung daran hinaus wie Forellen an einer Schnur.«
    »Das hätte der Challenger nichts genützt«, sagt Baedecker.
    »Erinnert mich an den AIDS-W itz von dem Heroinjun kie, der keine Angst hat, dass er sich etwas holt, wenn er schmutzige Nadeln benutzt, weil er nämlich ein Kondom trägt«, sagt Tucker. Er trinkt den Rest Scotch und schenkt sich neuen ein. »Verdammt«, sagt er, »im Shuttle befinden sich über siebenhundert Teile der Gefahrenstufe Eins, und ich glaube, die gottverdammten O-Ringe sind das Einzige, um das wir uns keine Gedanken machen müssen.«
    Baedecker weiß, dass ein Teil der Gefahrenstufe Eins ein System oder eine Komponente ist, für das es keine zuverlässige Ersatzfunktionen gibt; wenn dieses Teil ausfällt, scheitert die ganze Mission. »Landet ihr nicht mehr am Cape?«, sagt Baedecker.
    Tucker schüttelt den Kopf. Beim ersten Shuttleflug hatte Wilson die Columbia auf der langen Landebahn auf Cape Canaveral gelandet, wobei ein Reifen platzte und zwei Bremsen restlos verschlissen wurden. »Ihnen ist klar, dass das viel zu riskant ist«, sagt er. »In absehbarer Zukunft werden wir von Edwards oder White Sands aus starten.« Er trinkt einen kräftigen Schluck. »Aber was soll ’ s«, sagt er und grinst, »kein Mumm, kein Ruhm.«
    »Wie fliegt sich das Ding denn?«, fragt Baedecker. Zum ersten Mal seit Tagen kann er an etwas anderes als an Dave denken.
    Tucker beugt sich aufgeregt nach vorn und gestikuliert mit Händen und gespreizten Fingern. »Fast unglaublich, Dick«, sagt er. »Wenn man runterkommt, fühlt es sich an, als würde man in einer DC-9 bei Mach 5 die Triebwerke abwürgen. Man muss sich mit den verdammten Computern anlegen, damit sie einen überhaupt fliegen lassen, aber bei Gott, wenn man fliegt, dann

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