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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Richtung, tiefer in den Berg hinein. Ihre Nasen und Ohren führten sie durch das Labyrinth der Gänge, an unzähligen Sackgassen und zugemauerten Ausgängen vorbei, bis sie schließlich vor einer letzten Wand standen. Der Luftzug, den sie spürten, kam durch diese Mauer, die schlechter gemörtelt war als die anderen. Sie schnüffelten am Stein und dann gruben sie, immer schneller wühlten ihre Pfoten im losen Gestein. Schließlich begann die Wand zu wanken, und als die schrundigen Tuffsteine herunterbrachen, sprangen die Wölfe zurück und hechelten aufgeregt. Was auf der anderen Seite lag, konnten sie im Dunkel nicht sehen, doch frische Luft kitzelte ihre Nasen. Sie hechteten durch die Öffnung.
    Ein Höhlengang lag dahinter, und er führte weiter abwärts. Die Wände wurden feuchter und feuchter, und sie hörten bald das Schwappen der Wellen. Dort unten am Fuß der Felsen wartete das brackige Wasser der Donau auf sie, das nach köstlicher Freiheit schmeckte.

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    18 . Kapitel
    In der Puszta, März 1457
    I n den nächsten Tagen versteckte sich die Sonne so hartnäckig hinter einer Wolkendecke, als wolle sie leugnen, jemals da gewesen zu sein. Nebel lag über der Ebene, in den sich der weiße Atem von Pferden und Menschen mischte.
    Veronika fühlte die neugierigen Blicke der beiden fremden Zigeuner wie ein Brennen auf der Haut. Paulo hatte sie ihnen als einen Schützling seiner Sippe vorgestellt, ohne weitere Informationen über ihre Herkunft zu geben. Ein buntes Tuch verbarg nun ihr helles Haar und Teile ihres Gesichts, und für die flüchtigen Blicke anderer Reisender mochte sie damit wohl als Romafrau durchgehen.
    Ihre beiden neuen Begleiter hatten noch vier Pferde dabei, die sie an langen Leinen hinter sich herführten. Es waren schwarze Stuten mit weißen Blessen, jung und kaum zugeritten. In Buda gedachten sie sie zu verkaufen, erzählte einer der beiden Männer Veronika, doch sein Ungarisch war so bruchstückhaft, dass sie ihn kaum verstand. Sein Begleiter sprach gar keine der ihr geläufigen Sprachen, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als die meiste Zeit schweigend neben ihnen zu reiten.
    Als Szegedin drei Tage hinter ihnen lag, wurde die Luft wärmer, doch am Abend ballten sich über ihnen Wolken zusammen wie ein Trupp finsterer Krieger. In der Ferne grollte Donner. Ein scharfer Wind kam auf. Er heulte in den Baumkronen, wirbelte durch das Laub des vorigen Herbstes und ließ es auf die Reiter herabfallen. Dann verstummte er jäh, und die Stille legte sich drückend auf Menschen und Pferde. Die Männer zügelten ihre Tiere, schauten in den Himmel und debattierten in der Romasprache. Veronika band das Tuch um ihren Kopf fester. Keiner beachtete sie, und so fragte sie schließlich bei Paulo nach, was sie zu tun gedachten.
    »Unterstand suchen«, sagte er und deutete den Weg entlang. »Ein Sturm kommt.«
    Kaum hatte er zu Ende gesprochen, ritten die anderen beiden schon los, und Veronikas Pferd folgte, ohne dass es eines Schenkeldrucks bedurfte. Die Tiere spürten das nahe Gewitter. Auch Veronikas Wölfin regte sich unruhig. Wie auf ein geheimes Signal setzte der Wind wieder ein und trieb sie vor sich her.
    »Können wir uns nicht unter einen der Bäume stellen?«, rief sie Paulo zu. Das Heidegras auf der Ebene wogte in der Dämmerung wie ein graues Meer. Es schien Veronika, als wären sie die einzigen Lebewesen, die noch in offener Landschaft unterwegs waren.
    »Blitze. Zu gefährlich.« Sie hörte seine Stimme nur abgehackt, verstand die Worte kaum. Besorgt trieb sie ihr Pferd weiter an, bis es schließlich galoppierte. Auch Paulo gab seinem Tier die Sporen, und sie überholten die beiden Zigeuner, die wegen der Stuten, die sie hinter sich herziehen mussten, langsamer waren.
    Der Weg schien kein Ende zu nehmen, schnurgerade führte er auf einen Hain aus dichtem Buschwerk zu. Sie umrundeten das Gehölz, dessen Zweige wie bösartige Geister nach ihnen peitschten, und fanden sich erneut vor offenem Land wieder. In der Ferne sah Veronika endlich eine Hütte am Wegesrand, zwei Pfeilschussweiten entfernt. Dunkle Gestalten waren dort zu erkennen, Menschen und Pferde, die sich gegen den grauen Horizont abhoben. Es blitzte plötzlich, als wäre das Gewitter schon über ihnen. Harnische und Schwerter leuchteten für einen kurzen Moment in metallischem Schein auf. Mit einem Aufschrei zügelte Veronika ihr Pferd, und Paulo tat es ihr nach.
    »Was siehst du?«, rief er über das Tosen des Windes und kniff selbst

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