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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Zutritt zur Tafel des Grafen verwehrt. Stattdessen würde er sich um ihre Pferde kümmern, die nach dem harten Ritt vor Schweiß dampften. Gábor war jedoch direkt in die Festung geeilt. Er hatte sich nicht einmal umgekleidet, denn für solch höfische Spielerei nahm er sich selten die Zeit. Vor seinen Schritten stoben zwei Wolfshunde unterwürfig davon. Hunyadi hielt stets ein Dutzend dieser Tiere, seit er die Werwölfe in seinen Diensten hatte. Die Hunde waren nicht nur Hunyadis treue Jagdbegleiter. Sie hatten ihm auch das ein oder andere Mal bereits als geschickte Ausrede gedient, wenn doch einmal über Wölfe in seiner Umgebung gemunkelt wurde.
    Es war nur ein kleiner Kreis, ein gutes Dutzend Menschen, die sich zum gemeinsamen Mahl versammelt hatten. Gábor erblickte Johann Hunyadi und seinen Sohn Laszlo an der Spitze der Tafel. Neben Laszlo saß Michael, und an dessen Seite – Veronika. Nur einen Wimpernschlag lang sah er sie an, doch das Bild brannte sich in sein Gedächtnis ein. Der Kerzenschein ließ ihre Wangen rosig leuchten und spielte mit den Perlen, die ihr Haar verzierten. Sie sah in dem warmen Licht jung aus und unwahrscheinlich zerbrechlich.
    Unwillkürlich hatte er den Atem angehalten. Er räusperte sich.
    »Graf Gábor von Livedil ist eingetroffen«, kündigte ein Bediensteter ihn an. Das Klappern des Geschirrs verstummte, und die Gespräche im Raum brachen ab. Ohne sich weiter umzusehen, schritt Gábor direkt auf seinen Dienstherrn zu. Hunyadi legte sein Messer nieder und erhob sich.
    »Gábor, welche Neuigkeiten bringt Ihr?« Es war nicht seine Art, in Konversationen lange Umwege zu nehmen.
    »Schlechte, Euer Durchlaucht.« Gábor stockte, doch er hielt Graf Hunyadis scharfem Blick stand. Sein Auftrag war von entscheidender Bedeutung gewesen, und er fühlte sich miserabel bei dem Eingeständnis, nicht erfolgreich gewesen zu sein. Er spürte, wie die Leute im Saal den Atem anhielten. »Der deutsche Kaiser Friedrich hat sich nicht überwinden können, uns handfeste Hilfe anzubieten«, sprach er weiter. »Doch lest selbst.«
    Er war bei dem Grafen angekommen und reichte ihm einen Brief aus feinem Pergamentpapier. Stirnrunzelnd brach Hunyadi das kaiserliche Siegel.
    »Setzt Euch, Gábor.« Er winkte einem Bediensteten zu, ohne den Kopf vom Brief zu heben. Während der Diener für Gábor einen Stuhl an die Seite von Hunyadis Platz rückte, folgten zahlreiche Blicke dem Grafen, der langsam durch die Halle schritt und die Worte des kaiserlichen Schreibers entzifferte.
    Als er das Papier sinken ließ, brannten seine Augen vor Zorn. »Friedrich bittet um Verständnis, dass er im Moment seine Truppen im eigenen Land braucht. Er schickt uns seine Gebete.«
    »Als ob wir damit die Türken beeindrucken könnten!«, rief Michael. »Er will doch nur, dass Ungarn im Krieg aufgerieben wird, damit er es sich wieder einverleiben kann!«
    Hunyadi schüttelte den Kopf. »Wenn die Türken Belgrad erobert haben, steht ihnen der Weg nach Norden offen. Dann sind auch Buda und Wien nicht mehr sicher. Begreift Friedrich das nicht?« Er warf wütend den Brief zu Boden. »Diese arrogante österreichische Reichserzschlafmütze von einem Habsburger! Was helfen uns seine guten Wünsche? Was wir brauchen, sind mehr Männer!«
    Murmelnd stimmten ihm die Ritter am Tisch zu. Hunyadi funkelte sie zur Antwort nur böse an, als trügen sie alle die Schuld an der misslichen Situation. Er marschierte auf und ab, während keiner mehr wagte, das Wort zu erheben. Schließlich blieb er stehen und verschränkte die Arme. »Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, um eine Armee aufzustellen. Ich reise nächste Woche nach Buda an den ungarischen Königshof.«
    Kurz senkte sich Stille über den Tisch.
    »König Ladislaus ist noch ein halbes Kind. Er hört nur auf das, was ihm sein Regent Ulrich Cilli ins Ohr flüstert. Er hat im Sommer schon die Idee eines Kreuzzugs abgeschmettert. Ihr werdet bei ihm wenig erreichen.« Einer der Männer am Tisch, ein Werwolf aus Michaels persönlichem Gefolge, war mutig genug, dies zu bedenken zu geben.
    »Er hat recht, Schwager. Cilli hasst Euch«, stimmte Michael zu. »Denkt daran, wie arrogant er Euren Sohn Mathias behandelt, der immer noch als Bürge bei ihm weilt. Wahrscheinlich nimmt er lieber die Türken in Belgrad in Kauf, als Euch einen Sieg zu gönnen.«
    Johann Hunyadi verzog unwillig das Gesicht. »Sollen wir etwa aufgeben, bevor wir es überhaupt versucht haben? Ich bleibe bei meinem Entschluss. Graf

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