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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Hunyadi. »Wir können gerne sofort über meine Reise reden, Euer Durchlaucht«, sagte er. »Wenn Ihr einen guten Becher Wein für mich habt.« Im Moment stand ihm allerdings eher der Sinn nach einem ganzen Krug voll.
    »Natürlich«, erwiderte Hunyadi. Er kniff die Augen zusammen. »Seid Ihr sicher, dass Ihr nicht zu erschöpft seid?«
    Gábor fuhr sich über die Stirn. Er musste wirklich reichlich derangiert aussehen. Mürrisch winkte er ab. »Alles in Ordnung. Lasst uns ins hintere Zimmer gehen.«
    Johann Hunyadi signalisierte Laszlo, Michael und zwei weiteren Männern, mit ihnen zu kommen, dann erhob er sich. Als sie zur Tür gingen, schritt Michael an Gábors Seite.
    »Möchtest du heute Nacht Veronika und mich bei einem Ausflug in die Wälder begleiten?«, wisperte er so leise, dass keiner der Menschen die Worte vernahm.
    Gábor stockte. Unentschlossen rumorte es in seiner Brust. Der Wolf wollte, der Mensch nicht.
    »Wenn du zu müde bist, habe ich dafür natürlich Verständnis.« Michael lächelte.
    »Nein«, erwiderte Gábor schnell. »Ich begleite euch.«

[home]
    6 . Kapitel
    Belgrad, November 1455
    D ie dichte Schneedecke dämpfte alle Geräusche zu einem unwirklichen Flüstern. Keiner hörte die leisen Schritte der drei Werwölfe. Sie trafen sich am Eingang des Wachturms, der sich an der südlichen Spitze der Festung trutzig gegen den Wald erhob. Gábor und Michael kamen gemeinsam. Bis jetzt hatten sie mit den Hunyadis über Belgrads Verteidigungsplänen gebrütet. Veronika wartete schon auf sie, ihr bleiches Gesicht ein weißer Fleck in der Dunkelheit. Sie hatte ihr samtenes Kleid gegen ein einfaches Gewand aus Barchent und einen groben Wollmantel getauscht.
    Die Tür knarrte in ihren Angeln, als sie den Turm betraten. Gábor verengte die Augen. Fast undurchdringlich war das Dunkel hier. Drei Wachsoldaten hörte er im Obergeschoss lautstark reden, keiner von ihnen schien die Besucher zu bemerken. Michael zündete eine Fackel an und ging als Erster in den Gang, der von hier aus durch die gemauerte Festungswand führte. Die Mauern mochten so massiv wirken wie ein Berg, doch darin verbargen sich viele solcher Verbindungsgänge.
    Die drei Werwölfe stiegen bald durch eine Luke in die Kellergewölbe hinab. Tief hinunter ging es in den Fels, vorbei an verschlossenen Türen, deren Eisenbeschläge noch das serbische Wappen trugen. Gábor wusste, was sich dahinter verbarg: Waffenkammern, die gefüllt waren mit Lanzen und Schwertern, Säcken mit Schwarzpulver, Bögen für Brandpfeile, Handfeuerwaffen und gusseisernen Kanonenkugeln. Nur Michael als Burghauptmann, Gábor und Graf Hunyadi verfügten über die Schlüssel, und das Betreten dieser Kellergänge ohne ausdrückliche Anweisung war für jeden Kriegsknecht verboten.
    Gábor ging hinter Veronika. Er blickte auf ihren schmalen Nacken, den Kragen ihres Wollmantels, auf dem sich ihr blondes Haar kringelte. Mit sicheren Schritten eilte sie vor ihm die Stufen hinab. Sie musste den Weg in seiner Abwesenheit oft gegangen sein. Er selbst hatte Michael gebeten, sie in das Geheimnis des Tunnels einzuweihen. Ob sie sich inzwischen wohl auf die nächtlichen Ausflüge freute? Oder graute ihr immer noch vor ihrer wölfischen Seite? Er hatte ihr beigebracht, wie sie ihre Gestalt wechselte, hatte ihre ersten Schritte überwacht. Sie hatte alles schnell begriffen, doch wie es dabei in ihrem Inneren aussah, hatte sie stets vor ihm zu verbergen gewusst.
    Er atmete tief durch. Sein Herz hatte sich wieder beruhigt. Seine Disziplin war seine Stärke, und ihr musste sich auch das Verlangen seines Wolfs nach dem Mädchen unterordnen, daran glaubte er fest. Im Auftrag des Bundes hatte er doch schon wesentlich schwierigere Situationen gemeistert.
    An einer der letzten Holztüren, tief in den steinernen Eingeweiden unterhalb der Festungsmauer, hielten sie an. Michael schloss auf und ließ ihnen den Vortritt. Sie betraten einen kleinen Raum, der grob aus dem Fels geschlagen war. Außer den Werwölfen und ihren Vertrauten wusste niemand, dass er den Eingang einer weiteren, dieses Mal jedoch von der Natur selbst geschaffenen, tief verzweigten Höhle verbarg, die unter der Belgrader Oberstadt schlummerte. Viele Höhlen waren zugeschüttet worden, doch einen Gang gab es noch, der unter dem Burggraben hindurchführte. Keiner der drei schenkte den zahlreichen Waffen Beachtung, die auch in diesem Raum lagerten. Michael und Gábor wuchteten eine Truhe zur Seite. Darunter befand sich eine

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