Mondherz
hörten, doch auch türkische Flüche mischten sich darunter. Die Kämpfer an den Mauern trieben die Janitscharen direkt in ihre Arme, denn die meisten Straßen des Handwerkerviertels waren mit Karren und Steinhaufen verbarrikadiert worden. Nur wenige Durchgänge gab es, die sie entweder in die Waffen von Graf Hunyadis Männern auf der anderen Seite des Viertels führten, oder hierher, wo die Werwölfe auf sie warteten.
»Kommt nur, kommt nur«, raunte Pavel, als könne er sie damit anlocken. Sein Grinsen schimmerte weiß durch die rote Nacht. Und da kamen schon die Ersten, rennende Schemen, die mit dem Feuerqualm durch die Gasse quollen.
Mit einem Wutschrei stürzten sich die Werwölfe und ihre Söldner auf sie. Gábors Atem stockte kaum, als seine Klinge den ersten durchbohrte. Der Mann sank mit einem Ächzen zu Boden, und schon stand hinter ihm ein weiterer Feind, der den Säbel mit beiden Händen schwang. Keiner von ihnen hatte die dunkle Hautfarbe der Sarazenen, bemerkte Gábor. Wie viele von ihnen waren wohl als Kind von den Türken entführt worden? Er verbannte jeden Gedanken daran. Blut rann über sein Handgelenk, als er den Schlag des Janitscharen abwehrte, Blut, das von dessen Säbel triefte. Der Mann kam zu keinem weiteren Angriff, denn im nächsten Moment hatte er Gábors Schwert an seinem Hals. Ohne zu zögern schnitt Gábor ihm die Kehle durch. Mit dunkelrot schimmernder Waffe stürmte er auf den nächsten Gegner zu. Streitkolben wirbelten neben ihm, Lanzen durchbohrten Kaftane und nacktes Fleisch. Todesschreie, das panische Wiehern von Pferden und scharfe Befehle von Pavel, der seine Söldner wie Schachfiguren dirigierte, zerrissen die Nacht. Inmitten all dieses Getümmels wurden die Namen Jesu Christi und Allahs gerufen, und Gábor verstand beide Sprachen. Jetzt ließ er den Wolf in sich die Waffe führen, dessen wilde Wut ihn nahezu unbesiegbar machte. Schlag um Schlag verrann wie die Körner einer Sanduhr, und er war nicht einmal müde, als eine kurze Pause eintrat. Um ihn herum lag ein Dutzend toter und verletzter Leiber. Miklos stand neben ihm, die vernarbte Stirn in Furchen gelegt. In seinen Augen sah er den gleichen wölfischen Blutdurst, und beide atmeten sie tief ein, um ihre Gedanken wieder zu klären.
Bevor die nächste Welle an Angreifern durch die Gassen auf sie zubrandete, überquerte ein Reiter den Kampfplatz. Ohne Rücksicht trieb er das Pferd über die Gefallenen hinweg.
»Graf Hunyadi schickt nach Verstärkung, Herr Gábor«, brüllte er ihm zu. »Sein Trupp ist in größerer Bedrängnis als der Eure!«
Gábor winkte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, und rief Miklos, ihm zu folgen. Pavel nickte ihnen grimmig zu, den Helm mit Blutspritzern verziert. So ungestüm wie er kämpfte kein anderer, und sein Schwert hatte unter den Janitscharen wie ein Todesengel gewütet – und würde weiterwüten, denn die nächsten Gegner rannten bereits auf ihn zu.
Gábor und Miklos eilten durch die dunklen Gassen, trafen dabei immer wieder auf versprengte Türken, mit denen sie jedoch rasch fertig wurden. Weitere Kriegsknechte stießen zu ihnen, und Gábor wies sie an, ihm zu folgen. Viele von ihnen waren den Janitscharen nicht gewachsen, und manche blieben zurück und verstrickten sich in Scharmützel, die sie das Leben kosteten. Doch anderen gelang es, dicht hinter Gábor zu bleiben, während sie sich ihren Weg durch die Straßen und schließlich durch die Kämpfenden bahnten, je näher sie dem Grafen kamen. Ein warmer Wind trieb den Brandgeruch an ihnen vorbei. Endlich hatten sie Hunyadis Trupp erreicht. Die meisten waren Ritter, die zu Pferde kämpften. Gábor sah Laszlo Hunyadi, dessen federbewehrter Helm im Fackellicht leuchtete. Die Janitscharen waren hier zahlreicher, und mit ihren Säbeln hackten sie auf die Pferde ein, um die Reiter zu Fall zu bringen. Einem Ritter, der in seiner schweren Rüstung auf dem Rücken landete, wurde von einem Türken das Visier aufgerissen, ein anderer stach hinein.
»Zurück«, schrie ein Mann, »Reiter, weicht zurück!« Es war Johann Hunyadi. Der Graf war zu Fuß unterwegs und mit einem Langschwert bewaffnet. Eine Übermacht von drei Gegnern drang auf ihn ein. Gábor sprang ihm zur Seite und gemeinsam erledigten sie die blutige Arbeit.
»Ihr kamt im letzten Augenblick«, rief Hunyadi. Gábor fiel auf, dass sein Gesicht bleich und schweißüberströmt war. Der Graf stolperte und stützte sich schwer auf sein Schwert.
»Seid Ihr verletzt?«, fragte
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