Mondherz
Gábor besorgt.
Der Graf winkte ab. »Bleibt an meiner Seite«, befahl er. »Wir müssen sie in die Gasse zurücktreiben, dann können wir sie einzeln stellen.«
Mit einem lauten »Keine Gefangenen!« warf er sich an den Reitern vorbei den Janitscharen entgegen, und Gábor tat es ihm nach. Er blieb stets in der Nähe des Grafen. Sein Zustand beunruhigte ihn.
Mit der Verstärkung, die Miklos und er mitgebracht hatten, drängten sie die Türken in die Gasse zurück. Von der anderen Seite kamen nun die Männer heran, die an der Mauerbresche gekämpft hatten. Sie nahmen die verbliebenen Feinde zwischen sich in die Zange. Jetzt gab es kein Entrinnen für die Türken mehr, und selbst ihr verzweifelter Wagemut konnte sie nicht vor dem Tod bewahren. Mit Streitäxten und Schwertern wurden sie niedergemacht.
Und während sich die Opfer dieses Gemetzels in blutigen Haufen türmten, erhoben die Ritter die Waffen zum Himmel, Johann Hunyadi an ihrer Spitze, und priesen Gott. Belgrad würde nicht fallen, nicht heute Nacht.
Nach zwei Stunden Schlaf erhob sich Gábor bereits wieder und machte sich auf den Weg zu seinem Dienstherrn. Miklos ließ er zurück. Der Junge wurde erst mittags bei den Bogenschützen gebraucht, und der Sonnenaufgang war nicht mehr fern gewesen, als sie sich hingelegt hatten.
Gábor ritt auf der Suche nach Graf Hunyadi durch die Gassen der Unterstadt. Beunruhigt begutachtete er die Schäden. Sie hatten heute Nacht das Glück und das Feuer auf ihrer Seite gehabt, doch für ihre Verteidigung hatten sie einen hohen Preis bezahlt. Die schwelenden Steinhaufen konnte nur noch ein Blinder als Mauer bezeichnen. Einem weiteren Angriff würden sie nicht standhalten.
Er trieb sein Pferd an, ungeduldig, Hunyadi zu finden, hatte jedoch Mühe, zwischen all dem Schutt voranzukommen. Um ihn herum wimmelte es von Belgrader Bürgern, die in den Trümmern wühlten, die Barrikaden abbauten und Steine an die Mauern schafften. Die toten Türken warfen sie in die Mauergräben, nur die eigenen Toten wurden von Mönchen zu den Kirchhöfen gebracht. Männer der Bürgermiliz flickten mehr schlecht als recht die Breschen und löschten die letzten Brände. Zwischen den Ruinen saßen und standen die Kreuzfahrer müßig herum, kochten sich an Feuern ein Frühstück oder schärften ihre Waffen. Nur wenige machten Anstalten, den Belgradern zu helfen.
Graf Hunyadi hatte noch gestern Nacht die abgekämpften und verwundeten Kriegsknechte mit den Schiffen zurück ins Heerlager geschickt und durch frische Männer ersetzt. Dieses Mal waren nicht nur erprobte Söldner und Ritter darunter, sondern auch tausende Bauern und Handwerkersöhne, die sich aus religiöser Begeisterung dem Feldzug angeschlossen hatten. An ihren grimmigen Gesichtern sah Gábor, dass sie nach Blut dürsteten, jetzt, da sie endlich in der Stadt angekommen waren, die es gegen den Islam zu verteidigen galt.
Er wandte den Männern den Rücken zu, deren naive Kampfgier ihn verdrießlich stimmte. Auf einer der östlichen Bastionen, direkt über der Bresche, fand er Johann Hunyadi mit einigen Kommandeuren und zwei Kirchenmännern, die den Kreuzzug nach Belgrad begleitet hatten. Auch Michael stand dort in einem prachtvollen Harnisch, und Pavel, wie immer schmucklos in seinem abgerissenen Kettenhemd.
Hunyadi diskutierte mit den beiden Mönchen. Gábor sah mit Schrecken, dass der Graf bei Tageslicht noch schlechter aussah als in der Nacht. Augenringe zeichneten sein Gesicht, und er verströmte eine schweißige Hitze, die auf Fieber hindeutete. Michael und Pavel, denen die kurze Nacht nicht anzumerken war, wirkten neben ihm wie das blühende Leben.
Gábor lauschte einige Zeit den Gesprächen, doch die eifernden Reden der Kirchenmänner langweilten ihn. Er ließ die anderen allein und durchquerte die Bastion mit nachdenklichen Schritten. Am Rande der Mauer waren Bogenschützen positioniert, die mit angespannter Miene auf die Ebene hinunterblickten. Er gesellte sich zu ihnen. Ein Tross türkischer Kämpfer hatte sich dort unten an das traurige Werk gemacht, die Leichen ihrer toten Kameraden zu bergen, und Graf Hunyadi hatte den Befehl erteilt, sie unbehelligt zu lassen. Nicht nur auf der Bastion, wo Gábor stand, sondern an der ganzen Mauer entlang tummelten sich jedoch Bogenschützen und Kämpfer, ohne etwas zu tun zu haben. Schmährufe ertönten, als sich einige Türken zu nah an die Bresche heranwagten.
»Euch werden wir den Teufel schon noch austreiben, ihr verdammten
Weitere Kostenlose Bücher