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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Heiden«, schrie ein Ungar so laut, dass seine Stimme schrill und misstönend klang.
    Michael trat plötzlich neben Gábor und kniff die Augen zusammen. »Fanatische Bauerntölpel«, murmelte er. »Sie sind nur neidisch, weil sie heute Nacht nicht dabei sein konnten.« Er grinste. »Das gilt übrigens auch für mich.«
    Michaels Aufgabe war letzte Nacht gewesen, die Festung zu verteidigen, doch bis dorthin hatte es kein Türke geschafft. Gábor erwiderte nichts. Michaels Humor erschien ihm lästerlich. Gestern Nacht waren viele gute Männer gestorben.
    Er beachtete Michael nicht weiter und sah sich erneut um. Sein Wolf spannte die Muskeln. Dort auf den Mauern braute sich etwas zusammen, eine explosive Mischung aus Hass und Gewalt, die ihn beunruhigte.
    »Edle Herren«, rief da einer der Bediensteten des Grafs zu ihnen hinüber, und sie eilten zurück an Hunyadis Seite.
    »Die Späher haben gemeldet, dass sich im Zelt des Sultans die Wesire versammeln«, sagte der Graf gerade. Er wandte sich an Gábor. »Was meint Ihr, beraten sie bereits über einen neuen Angriff?«
    Gábor runzelte die Stirn. »Sultan Mehmet gilt als mutig, aber klug. Er wird die Kanonen neu in Stellung bringen und versuchen, uns weiter durch Beschuss zu zermürben. Allerdings braucht es nicht mehr viel, bis die Mauer nicht einmal mehr eine Ratte davon abhalten kann, einfach in die Stadt zu spazieren.«
    Ein paar Kommandeure murmelten zustimmend, doch einer der Kirchenmänner wisperte so leise, dass es sicherlich nicht für Gábors Ohren bestimmt war: »So spricht ein Türke.«
    Gábor ließ sich seine Erbitterung über die Worte nicht anmerken. Pavel hatte jedoch den Kopf gehoben und beobachtete ihn. Wie eine Spinne kroch sein Blick über Gábors Haut. Er tat so, als bemerke er es nicht.
    »Euer Durchlaucht«, sagte einer der Kommandeure zu Graf Hunyadi, »lasst uns heute noch den Gegenangriff starten. Unsere Männer haben die erste Schlacht gewonnen, und jetzt brennen sie noch stärker als vorher auf den Kampf gegen die Heiden.«
    »Das ist zu riskant«, widersprach ein anderer. »Auf offenem Gelände kommen nach wie vor drei Türken auf einen unserer Männer.«
    Hunyadi hörte sich geduldig den Disput seiner Kommandeure an, und Gábor sah, wie es hinter seiner schweißbedeckten Stirn arbeitete. Er mochte körperlich geschwächt sein, doch sein Verstand war nach wie vor so scharf wie seine Schwertklinge.
    »Dort an der Bresche, die Männer widersetzen sich ihren Befehlen!«, rief plötzlich einer der Bogenschützen, der an der Bastion postiert war. »Sie strömen hinaus aufs Feld!«
    Alle eilten an seine Seite und blickten hinunter auf die Ebene. Gábors scharfe Augen sahen sofort, was er meinte. Das Schmähgeschrei unter den Christen hatte sich inzwischen ausgebreitet wie ein Schwelbrand, zu Hunderten drängten sie sich auf den Mauern und warfen mit Steinen und Fäkalien nach den Türken. Und unten an der Bresche, die immer noch nicht vollends geflickt war, rannte das erste Dutzend von ihnen hinaus aufs offene Feld. Bauern waren es, deren einziger Schutz verbeulte Helme und geflickte Lederwämser waren. Sie schwangen Prügel und Äxte und waren getrieben von einer leichtsinnigen Wut und ihrem Glauben, den sie mit lauten Schreien kundgaben.
    »Für Herrn Jesus Christus«, brüllten sie, als die ersten von ihnen die Türken erreichten, die immer noch die Leichen ihrer Kameraden bargen. Völlig überrumpelt leisteten sie kaum Gegenwehr, und das spornte die Christen noch mehr an. Immer mehr von ihnen strömten durch die Bresche hinaus.
    Gábor sah zum Grafen, dessen Finger sich in die Mauer krallten. Sein Gesicht war weiß vor Wut.
    »Diese Dummköpfe!«, zischte er. »Sie rennen wie dumme Kaninchen in den Fuchsbau. Holt sie zurück, bevor die Türken im Lager sie bemerken!«
    Doch dazu war es schon zu spät. Die ersten berittenen Janitscharen sahen, wie ihre Kameraden angegriffen wurden. Sie bliesen in ihre Hörner. Einige gaben bereits ihren Pferden die Sporen und ritten auf den Kampfplatz zu.
    »Bogenschützen, bringt euch in Position«, befahl der Graf, der dies ebenfalls bemerkte. »Haltet die Türken auf Abstand!«
    »Schießt aber nicht auf die tapferen Kreuzfahrer, die allein Gottes Werk verrichten«, gab einer der Mönche zu bedenken.
    Gottes Werk, dass er nicht lachte. Gábor ignorierte den Mönch und kniff die Augen zusammen. Jetzt hatten die ersten Janitscharenreiter die Bauerntruppen erreicht. Er ballte die Fäuste. Egal wie verrückt

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