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Mondkuss

Mondkuss

Titel: Mondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Martini
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verarbeiten. Und deshalb beschließe ich nun, diesen Brief ganz unten in die Schublade meines Ladentisches zu verbannen, und ihn erst dann wieder hervorzuholen – wenn überhaupt – wenn die Feier hinter mir liegt, und ich wieder zu mir gefunden habe.“ „Bewundernswerte Gedankengänge. Ich hoffe, du weißt, dass Sabina und ich immer für dich da sind!“ „Oh, ja, das weiß ich. Und es tut verdammt gut.“ Sie wischte die letzten Reste ihrer Tränen fort. „Es wird nicht einfach sein, aber notwenig! Dieser Kerl hat mir meine Würde genommen. Langsam. Schleichend. Unbemerkt. Plötzlich stand ich am Abgrund. Und genau in diesem Augenblick hat er mir den finalen Schubs gegeben. Das kann und will ich nicht ohne Weiteres vergessen.“ Sie lächelte – zwar kläglich, aber das Lächeln erreichte dennoch ihre Augen. „Und nun lass mich dein Meisterwerk sehen … den dritten Teil deines Zyklus. Ich bin schon sehr gespannt.“

Kapitel Sechzehn
    Rafael bahnte sich einen Weg durch die zahlreichen Gäste, peilte die Bar an und bestellte sich ein Glas Champagner. Leichtbekleidete Frauen und Männer, wohl proportionierte Tänzerinnen, flirtende Pärchen, sehnsuchtsvolle Blicke, die ihm folgten – all das nahm er nur am Rande wahr. Wie so oft in der letzten Zeit galt der Fokus seiner Gedanken nur einer einzigen Person.
    Eine Person, die er vermisste, sobald sie nicht in seiner Nähe war, deren Duft er auch nach Stunden noch auf seiner Haut wahrnehmen konnte. Ein Funkeln trat in seine Augen, als er sich ihre Gestalt vor sein inneres Auge rief. Sein Kennerblick hatte auf den ersten Blick gespürt, dass Marleen eine Frau war, in der ein Feuer brodelte. Ein Feuer, das sie ganz tief unter der Maske der kühlen Geschäftsfrau vergraben hatte, und dem sie bisher nicht gestattete, an die Oberfläche zu treten. Er hatte sich vom ersten Augenblick an vorgenommen, dieses Feuer zu entfachen. Hatte alles daran gesetzt, ihre Schale zu knacken und wurde nun dafür belohnt, dass der Vulkan in ihrem Innern kurz vor dem Ausbruch stand. Dass sie ihre dunkle Seite zum Vorschein kommen ließ: Ihre Lust an der Unterwerfung … die schüchtern in den Raum geworfene devote Ader … noch unsicher … aber stetig wachsend und gierig nach Futter züngelnd. Sie begann zu fliegen. Sich ihm mit dem Vertrauen hinzugeben, dass er ihr nicht die Flügel stutzen würde, sondern sie den freien Flug lehrte. Und genau das machte Rafael so glücklich. Eingehüllt in eine warme Decke aus Zuneigung und ganz viel Leidenschaft standen sich ihre beiden Seelen und Herzen sehr nah. Tickten im Gleichtakt, trotz der rein äußerlichen Unterschiede ihr Leben und das Alter betreffend. Er wollte sein Leben mit dieser Frau teilen, sie jede freie Minute um sich wissen. Mit ihr lachen, weinen. Sie lieben und beschützen. Marleen war die Frau, mit der er abends einschlafen und morgens aufwachen wollte. Ein zärtliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, verwandelte sich schließlich in ein ungläubiges Lachen. Welche Wandlung innerhalb von ein paar Tagen! Dabei liebte er es doch, allein zu sein. Die Seele baumeln zu lassen. Sich in seiner Freizeit ohne Kompromisse zurückzulehnen, stundenlang aus dem Fenster zu starren, ohne etwas hören oder sehen zu müssen. Dabei sein Herz in Sicherheit wissend, gute Freunde an der Seite und mit einem festen Ziel vor Augen … einer eigenen Bar. Ein vorhersehbares, sicheres Leben, das er seit seiner Bruchlandung mit Marcel gehütet hatte wie einen Schatz. Und dann war er Marleen begegnet. Einer Frau, der er sich auf Anhieb nah fühlte. Da war diese Faszination …Magie … das gewisse Etwas. Eine Verbundenheit wie ein unsichtbares Band, dessen ganz spezielle Energie die Luft elektrisieren und funkeln ließ. Sie war wie das fehlende Puzzleteilchen, nach dem er so lange vergebens gesucht, die Hoffnung darauf dann allerdings aufgegeben hatte. Er wollte mit ihr den Alltag leben, die Nachtluft fühlen, Mondstrahlen hinterherjagen, Sterne polieren, die Luft streicheln, sich bei Vollmond nackt mit ihr ins Gras legen und sich vom Mondlicht küssen lassen. Ihm war allerdings bewusst, dass er bei all den süßen Träumen die Realität nicht vergessen durfte. Die vielen Steinchen, die irgendwo in der Ecke lauerten und nur darauf warteten, sich einem vor die Füße zu rollen. Die Fäden des Lebens, die sich einem so vor die Füße legten, dass man unwillkürlich darüber stolpern musste. Das Leben, was immer dann nicht so läuft, wie man es gerne

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