Mondkuss
Verfügung!“ „Mal sehen, was die Zeit bringt.“ Rafael blickte sie nachdenklich an. Er spürte, dass ihre gute Laune aufgesetzt war und fragte sich, ob er einen Fehler gemacht hatte …
Kapitel Neunzehn
Marleen stand mit gerunzelter Stirn vor ihrem Kleiderschrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Sie schob sich eine vorwitzige Strähne, die sich in der kunstvoll gesteckten Hochfrisur einfach nicht bändigen ließ, hinter ihr Ohr. Ihre Augen musterten suchend den gut gefüllten Schrank auf der Suche nach dem passenden Kleid für einen bestimmten Anlass. Nach einigen Fehlgriffen entschloss sie sich schließlich für ein figurbetontes, taubenblaues Cocktailkleid mit Spaghettiträgern, das in der Länge kurz über ihren fein gezeichneten Knöcheln endete.
Perfekt, dachte sie, nahm das Kleid vom Bügel und schlüpfte hinein. Mit einem Lied auf den Lippen tänzelte sie in betonter Eleganz durch den Raum und kramte nach passenden Strümpfen und Schuhen. Dann widmete sie sich ihrem Make-up, bis sie mit ihrem Spiegelbild zufrieden war. Noch ein paar zum Kleid passende Sandaletten, eine transparente Stola, und sie war fertig. Fix und fertig, denn wachsende Unsicherheit und Nervosität machten sich in ihr breit. Sie würde erstmals Rafaels Freunden begegnen und der Malerin, deren Werke sie so sehr bewunderte. Pünktlich um zwanzig Uhr erklang die Türglocke, und ihr Herz machte einen Satz. Mit einer Mischung aus Vorfreude und Nervosität öffnete sie die Tür.
Rafael sah wie immer blendend aus. Er trug eine schwarze Wildlederhose und ein lockeres Seidenhemd mit Leoparden-Muster. Lässig stand er im Türrahmen, und sie spürte, wie ihr die Knie weich wurden.
Marleen, dieser Mann hat dein Herz und deine Sinne erobert. Halt ihn fest und lass ihn nie wieder los oder lauf weg. Jetzt sofort. Sie seufzte und beschloss, wie schon so oft zuvor, nicht davonzulaufen. „Guten Abend, Prinzessin.“ Mit einer galanten Bewegung reichte er ihr seinen Arm und führte sie zu seinem Sportwagen. Als er ihr beim Einsteigen half, kitzelte sie sein warmer Atem angenehm im Nacken und sandte wohlige Schauer durch ihren Körper. Unruhig sank sie in das weiche Lederpolster. Allein durch seine Anwesenheit füllte Rafael das gesamte Wageninnere auf erotische Weise aus. Unwillkürlich rückte sie näher an die Tür, ganz so, als hätte sie Angst, seine Nähe könnte sie verbrennen. Ihre zitternden Hände schob sie unter ihre Beine, denn schließlich musste er nicht unbedingt mitbekommen, wie nervös sie war. Nervös wegen seiner umwerfenden Präsenz, aber auch aufgrund des Abends, von dem sie nicht wusste, was auf sie zukam.
~~~ Blumenbouquets in lackierten Schalen säumten den Eingang zu Kathrins Sexshop. Sie erfüllten die Luft mit ihrem zarten Duft und passten farblich wunderbar zu der ausgefahrenen Markise und den Tischdecken, die die kleinen Bistrotische vor dem Shop zierten.
Marleen fühlte sich nicht unwohl. Sie war derartige Gesellschaften beruflich gewöhnt. Dennoch spürte sie leichtes Unbehagen, denn schließlich würde sie auf Rafaels Freunde treffen. Was, wenn diese ihm zuflüsterten, das sie, Marleen, doch viel zu alt für ihn sei? Wenn sie sie auf Anhieb nicht mochten? Sie schob ihre Hand in die seine und war froh um den beruhigenden Druck, der von ihr ausging.
Eine dezente Beleuchtung sorgte für eine stimmungsvolle Atmosphäre, und die Kellner des Partyservices standen dezent im Hintergrund, bereit, auf den kleinsten Fingerzeig hin zur Stelle zu sein.
Sie blickte sich um. Unzählige Grüppchen hatten sich zu einem Begrüßungssekt zusammengefunden und lachten fröhlich. Ein paar Gäste hatten es sich auf der roten Couch gemütlich gemacht, plauderten angeregt. Die meisten jedoch stöberten in dem reichhaltigen Fundus, den Kathrin zu bieten hatte.
Kathrin ging mit höflicher Miene von Gruppe zu Gruppe, unterhielt sich eine Weile hier, dann dort, und schlenderte weiter. Als sie Rafael erblickte, winkte sie ihm freudig zu, hob ihr Glas und eilte einen Moment später zu ihnen.
„Rafael, wie schön dich zu sehen.“ „Hi, Kathrin.“ Er umarmte sie kurz, wandte sich dann an Marleen. „Darf ich vorstellen? Das ist Kathrin. Ihr haben wir diese Einladung zu verdanken.“
Freundlich lächelte Kathrin ihr entgegen und reichte ihr mit einer nicht zu überbietenden Eleganz die Hand. „Wie nett, dich endlich kennenzulernen, Marleen! Ich hoffe, es ist okay, dass ich wie selbstverständlich zum ‚Du’ übergegangen
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