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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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sei nichts geschehen, und schickte alle Anwesenden aus dem Raum, was den Befehlshaber von Baza erleichterte. Ihm war es vorgekommen, als blicke ihn jeder Einzelne voll Verachtung an. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, sagte er sich immer wieder. Ich habe Baza verteidigt, solange ich konnte, und danach hatte ich einfach keine Wahl mehr.
    »Nun?«, fragte al Zaghal brüsk, als sie allein waren. »Was lassen deine christlichen Herren mir ausrichten?«

    Seltsamerweise fühlte sich Yahia Alnayar bei al Zaghals verletzender Art wohler als mit der ungewohnten Nachsicht, die ihn dazu gebracht hatte, alle Zuhörer zu entfernen. Dies war wieder der al Zaghal, den er kannte.
    »Wenn du ihnen Almeria und Guadix friedlich auslieferst, werden die Bürger dieser Städte nur den Herrscher wechseln und sonst alle ihre Freiheiten behalten. Entscheidest du dich für den Kampf, Vetter, dann erleiden Almeria und Guadix das Schicksal von Malaga.«
    Al Zaghal hatte sich verändert; im letzten Jahr hätte er auf ein solches Angebot hin sofort erklärt, er gebe nichts und niemanden kampflos auf. Stattdessen schwieg er und strich sich über den Bart. Ermutigt fuhr Yahia Alnayar fort: »Vetter, glaub mir, es ist das Beste. Ich weiß es. Du kannst die Städte vielleicht ein paar Monate lang halten, aber wofür?«
    »Um ein paar Christen mehr zu Iblis zu schicken, wo sie hingehören«, erwiderte al Zaghal kalt. Dem Mann, der inzwischen Don Pedro de Granada hieß, wurde die Kehle eng. Trotzdem wich er al Zaghals Blick nicht aus.
    »Sind ein paar tote Christen mehr oder weniger das wert?«, fragte er leise. »Warum hast du uns dann gestattet, uns zu ergeben?«
    Abrupt erhob sich al Zaghal, schwankte einige Augenblicke, ehe er mit der Krücke festen Halt fand. Yahia Alnayar wollte ihm helfen, überlegte es sich jedoch anders, als er die Miene seines Vetters sah.
    »Wir sprechen morgen darüber«, sagte al Zaghal. Yahia Alnayar hütete sich, eine Reaktion zu zeigen, doch insgeheim spürte er dumpfe Erleichterung. Es ging al Zaghal jetzt offenbar nur noch darum, einen Rest von Würde zu bewahren; denn hätte er sich nicht schon zur Übergabe entschlossen, hätte er Alnayar - oder dessen Kopf - bereits den Christen zurückgeschickt. Es war ein Triumph, der in Alnayars Mund wie Asche schmeckte, wie die Asche der Gärten, die vor Baza verbrannt waren.

    Nachdem er Yahia Alnayar verlassen hatte, veränderte sich al Zaghals Gangart merklich. Die abgesunkenen Schultern strafften sich, und aus dem qualvollen Humpeln wurde ein eiliges Hinken. Er ging zu den Ställen, wo einer seiner wenigen Vertrauten, Ridwan, auf ihn wartete.
    »Es ist so weit«, sagte al Zaghal kurz; Ridwan nickte, verbeugte sich und verschwand. Al Zaghal schaute ihm zufrieden nach.
    Binnen kurzem würde eine Brieftaube Guadix verlassen; die Botschaft, die sie trug, war so abgefasst, dass kein Außenstehender etwas damit anfangen konnte. Es handelte sich um einen Vers aus der siebenundneunzigsten Sure: »Die Nacht Al-Kadr ist besser als tausend Monde.«
    Yahia Alnayar würde mit der Nachricht von al Zaghals Kapitulation zu den christlichen Königen zurückkehren; al Zaghal wusste sehr genau, dass er mit seiner jetzigen Armee weder Guadix noch Almeria gegen das christliche Heer, das selbst Baza besiegt hatte, halten konnte. Und während Yahia Alnayars Geschichte, wie er, al Zaghal, sich nach Tagen voller Grübeleien schließlich dazu durchrang zu kapitulieren, die Wachsamkeit der christlichen Könige einschläfern würde, sie vielleicht sogar dazu brachte, ihr Heer für dieses Jahr aufzulösen, würde Musa ben Abi Ghassan in der Hauptstadt Granada »Al-Kadr« in Gang setzen, den Plan, auf den sie sich für den äußersten Notfall geeinigt hatten - ein erneutes heimliches Bündnis mit Muhammad.
    Und nicht nur mit Muhammad. Der Herrscher von Fez hatte endlich Hilfe in Form von Truppen versprochen - jedoch nur für den Fall einer Einigung zwischen al Zaghal und Muhammad.
    Muhammad war der unsichere Faktor in dieser Rechnung. Nach allem, was geschehen war, sprach eigentlich nichts dafür, dass er sich gegen seine christlichen Landesherren wenden würde.

    Doch al Zaghal setzte darauf, dass Muhammad inzwischen endlich die Augen über die Natur christlicher Versprechungen aufgegangen waren, dass sein Neffe erkannt hatte, dass auch noch so viel Nachgiebigkeit seinerseits die Christen nicht davon abhalten würde, Granada wie eine eroberte Provinz zu behandeln und nicht etwa wie ein Lehen. Mit etwas

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