Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
dann laufen zu lassen. Mich wundert ohnehin, dass Ihr mir diesen Zweikampf anbietet.«
    »Ich habe das Kommando«, entgegnete der Marquis kalt, »und ich wollte es so. Genügt das?«
    »Der Rest meines Trosses bleibt frei?«
    »Ihr habt mein Wort«, sagte Don Rodrigo förmlich. Al Zaghal hätte jetzt einiges über Erfahrungen mit christlichen Schwüren sagen können, doch er tat es nicht. Vielleicht erinnerte er sich, dass er selbst ebenfalls Lügen als Mittel der Kriegsführung benutzt hatte. Vielleicht erkannte er in dem Mann vor ihm etwas Verwandtes und wusste, dass der Marquis in dieser Angelegenheit sein Wort halten würde.
    Wie auch immer, er ließ Ridwan von seinem Hengst steigen und bot diesen seinem Gegner an. Die christlichen Ritter waren schwerer gerüstet als moslemische Reiter, doch es handelte sich um ein starkes Tier, und der Marquis schwang sich in den Sattel, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Al Zaghals Gefolgsleute brüllten seinen Namen, der ihr Schlachtruf war. Don Rodrigo reagierte mit dem uralten Schlachtruf der kastilischen Ritter, der von seinen Männern tausendfach aufgenommen wurde.
    »Santiago!«
    »U la ghalib ila Allah!«
    Es war ein Zusammenprall zweier Legenden. Beide waren nicht mehr die Jüngsten, aber ihr verbissener Eifer machte das mehr als wett. Doch inmitten der ehrfurchtsvollen Zuschauermenge erfasste Layla auf einmal ein ketzerischer Gedanke: Sie taten alle so, als handele es sich um ein Turnier, hatten vergessen, in welcher Gefahr sie sich noch immer alle befanden, und das nur, weil der Marquis von Cadiz auf den Gedanken gekommen war, seiner Falle das Mäntelchen des ritterlichen Zweikampfes umzuhängen.
    »Männer und ihr Gerede von Ehre und Ritterlichkeit«, murmelte sie halblaut. Sie hatte vergessen, dass Jusuf neben ihr stand.
    Er lachte, was ihm erboste Blicke und Rippenstöße aus ihrer näheren Umgebung einbrachte.
    »Das ist nicht komisch, Ifrit«, sagte Layla gepresst und weigerte sich noch immer, ihn anzusehen.
    »O nein, es ist das, was die Griechen tragisch nannten«, antwortete er sehr ernst und deutete auf die Kämpfenden. »Da! Al Zaghals Nemesis hat ihn eingeholt!«
    Dem Marquis war es gelungen, al Zaghals Deckung zu durchbrechen. Sein nächster Schlag traf die rechte Schulter und damit al Zaghals Schwertarm. Al Zaghal zuckte zurück, und einen Augenblick lang schienen sie beide unschlüssig, was sie als Nächstes tun sollten.
    An und für sich bemühte man sich bei Kämpfen zu Pferde immer, den Gegner aus dem Sattel zu drängen, doch das hatten beide bis jetzt vermieden, aus offensichtlichen Gründen.
    Al Zaghal zögerte. Er blickte schnell auf seine Schulter. Dann biss er die Zähne zusammen und hob mit aller Kraft, die ihm zur Verfügung stand, noch einmal das Schwert. Im selben Moment stieß der Marquis, statt den kommenden Schlag abzuwehren, zu. Al Zaghals Säbel traf ihn mit voller Wucht unterhalb der Rippen, doch die Rüstung des Christen fing den Schlag zum größten Teil ab, während al Zaghal mit einer tödlichen Wunde in der Brust zusammensackte. Ein Ächzen ging durch die Reihen der Soldaten und Bürger aus Guadix gleichermaßen, als ihr Anführer vom Pferd stürzte. Layla kämpfte sich durch die Menschenmenge, bis sie auf dem kleinen Platz angekommen war und neben al Zaghal niederkniete. Er atmete schwer, war jedoch noch bei vollem Bewusstsein und erkannte sie sofort.
    »Immer… wo du nicht gebraucht wirst…«, sagte er keuchend.
    Sie erwiderte nichts, sondern versuchte fieberhaft, das Blut aus seiner Wunde mit ihrem Schleier zu stillen. Ein Schatten fiel auf sie.
    »Das ist umsonst«, sagte der Marquis von Cadiz kopfschüttelnd.
    Al Zaghal versuchte, sich aufzurichten. »Wer hat… mich verraten?«
    Don Rodrigo biss sich auf die Unterlippe. »Niemand«, antwortete er ausdruckslos. »Als die Nachricht kam, dass Ihr nach Granada wolltet, befahl mir der König, dafür zu sorgen, dass Ihr es nie lebend erreicht. Mit allen Mitteln.«
    Etwas wie ein Lächeln glitt über al Zaghals Gesicht. »Ich danke Euch… für… dieses Mittel.« Er griff mühsam nach Laylas Hand und legte sie auf seine Augen. »So störrisch«, sagte er beinahe unhörbar. »Layla…«
    Als er ihren Namen aussprach, wusste sie, dass Jusuf auf seine Weise Recht gehabt hatte, doch es war nicht mehr wichtig. Unter ihrer Hand spürte sie den Tod kommen, den sie so gut kannte. Erst als sie ihn auf den Mund küsste und sich der Geschmack nach Blut und Tod mit dem Salz ihrer Tränen

Weitere Kostenlose Bücher