Mondlaub
gekommen, dass es für dich ganz nützlich sein könnte, mit dem Messer umzugehen.«
»Mit dem Messer?«, wiederholte sie verblüfft.
»Stell dich nicht dümmer an, als du bist«, knurrte al Zaghal.
»Mir ist zu Ohren gekommen, dass die Christen nicht gerade freundlich mit Leuten umgehen, die ihren Glauben gewechselt haben.«
Er hatte sie nie danach gefragt; er hatte auch noch nie durchblicken lassen, dass er sich Sorgen um sie machte. Doch was Layla am meisten bestürzte, war dies: Al Zaghal war noch nie so nahe daran gewesen zuzugeben, dass seine letzte Niederlage unmittelbar bevorstand.
Er brachte ihr also bei, mit dem Dolch umzugehen, ihn zu schleudern und in der notwendigen Schnelligkeit zuzustoßen.
Der Unterricht machte ihr Spaß, beunruhigte sie aber auch, denn ihr Vergnügen erinnerte sie an das eine Mal, als sie ohne Schwierigkeiten alle Waffen beherrscht hatte. Ali al Atar hatte den Tod tausendfach verdient, sagte sie sich immer wieder. Seine Leiche war nie gefunden worden. Mochte sie im Fluss vermodern und seine Seele alle Qualen Dschehannams erdulden.
Al Zaghal und Layla ruhten sich nach einer solchen Übung gerade aus und tranken Kaffee, eine der Wohltaten, die Allah den Gläubigen geschenkt hatte, als ein Bote aus Baza gemeldet wurde. Ein moslemischer Bote. Al Zaghal ließ ihn unverzüglich eintreten. Hastig befestigte Layla ihren Schleier, doch al Zaghal hatte ihr nicht befohlen zu gehen, also blieb sie.
»Muhammad ben Hassan«, sagte al Zaghal zu dem Boten, der, dünn und ausgezehrt, wie ein Gespenst wirkte, »Allahs Gnade sei mit dir. Wie ist es dir gelungen, die christliche Armee zu umgehen?«
Der Bote wich seinem Blick aus. »Es ist mir nicht gelungen«, erklärte er tonlos. »Die christlichen Könige haben mir sicheres Geleit ermöglicht.«
Al Zaghal war nicht einmal überrascht. »Ich verstehe«, sagte er.
Der Ton des Boten wurde eindringlich. »Sejid, verzeiht, aber ich glaube, das tut Ihr nicht. Baza hält immer noch der Belagerung stand, nach sechs Monaten; wir haben unser Möglichstes getan, und noch mehr. Aber wir sind am Ende. Wir sterben entweder bei einem der nächsten Angriffe der Christen oder an Hunger. Deswegen bittet Euch Euer Vetter, Sejid Yahia Alnayar, uns die Kapitulation zu gestatten.«
»Warum habt ihr die Stadt nicht einfach übergeben? Warum die Mühe, mich vorher zu fragen? «, erkundigte sich al Zaghal sarkastisch. Muhammad ben Hassan richtete sich stolz auf. »Wir sind nicht die Kaufleute von Malaga. Ihr habt uns den Befehl gegeben, Baza zu halten, und wir haben Euch gehorcht. Sejid Yahia lässt Euch sagen, er wird Eurem Befehl auch weiterhin gehorchen, falls das Euer Wunsch ist. In diesem Fall haben wir allerdings vor, unsere Frauen und Kinder umzubringen und dann uns selbst. Der christliche König und seine Königin haben sehr deutlich gemacht, was Baza erwartet, wenn wir auf ihr jetziges Angebot nicht eingehen.«
Schweigen sammelte sich zwischen den beiden wie aufgetürmte dunkle Wolken. Layla bewegte lautlos die Lippen, doch sie brachte keinen Ton hervor. Sein ganzes Leben lang hatte sich al Zaghal als ein unversöhnlicher Anhänger des Glaubens, Tod sei besser als die Niederlage, gezeigt; würde er jetzt eine ganze Stadt dieser Überzeugung opfern?
»Allah akbar«, sagte al Zaghal endlich und seufzte, »Allah ist groß und seine Wege unerforschlich. Wahrlich habt ihr alles getan, was ihr konntet; ich habe nicht das Recht, mehr zu verlangen. Geh zu meinem Vetter zurück, Muhammad ben Hassan, und richte ihm aus, er möge tun, was er für das Beste hält.«
Selten, dachte der Marquis von Cadiz, war eine Siegesfeier so angemessen gewesen und mit so viel Ausgelassenheit begangen worden. Er selbst neigte nicht dazu, sich zu betrinken, und hielt auch nichts davon, wenn es seine Söhne taten, doch diesmal sah er großzügig darüber hinweg. Die Jungen hatten es verdient.
Diego war damit beschäftigt, Eindruck auf eine der königlichen Hofdamen zu machen - er war zwar verheiratet, doch seine Gemahlin befand sich im heimatlichen Cadiz, und der Marquis wäre der Letzte gewesen, der in dieser Lage eheliche Treue predigte. Allerdings wäre es besser gewesen, Diego hätte sich keine Dame von Stand ausgesucht. Juan hatte zumindest Verstand genug gehabt, sich mit einer der neuen maurischen Sklavinnen zu trösten.
Einer der wenigen, die sich nicht vom Überschwang des Festes mittragen ließen, war der Kardinal von Spanien. Don Pedro Gonzales de Mendoza hatte vor
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