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Mondlicht steht dir gut

Mondlicht steht dir gut

Titel: Mondlicht steht dir gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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eindringlich an. Sie standen am Ende des Korridors direkt vor einer schweren Tür. »O Maggie, das ist eines meiner besten Ausstellungsstücke!«
Earl drehte den Griff und warf mit einer dramatischen Geste die Tür weit auf. »Ich habe zwei Zimmer kombiniert, um die Wirkung zu erzielen, die ich hier haben wollte. Das hier stellt die Bestattung eines Adeligen im klassischen Rom dar.« Er zog sie hinein. »Lassen Sie mich’s erklären. Zuerst haben sie eine Totenbahre angefertigt, dann ein Sofa darauf gesetzt. Obenauf wurden zwei Matratzen plaziert. Vielleicht würde das ja ein gutes Auftaktbild für die Serie abgeben. Natürlich haben die Fackeln jetzt im Moment bloß rote Glühbirnen, aber wir könnten sie richtig brennen lassen. Der alte Mann, der diese Bahre für mich angefertigt hat, war ein echter Künstler. Er hat sie ganz genau nach dem Bild gebaut, das ich ihm gegeben habe. Schau’n Sie mal die Früchte und Blumen an, die er ins Holz geschnitzt hat. Fühlen Sie mal.«
Er packte ihre Hand und führte sie an der Bahre entlang.
»Und diese Modellpuppe hier ist ein wahrer Fund. Die Figur ist ganz genauso angezogen, wie ein toter Patrizier angezogen wäre. Ich hab das phantastische Gewand in einem Kostümladen entdeckt. Was für eine Darbietung diese Leichenbegängnisse doch gewesen sein müssen! Stellen Sie sich’s mal vor. Herolde, Musikanten, lodernde Fackeln …«
Unvermittelt schwieg er und machte ein betroffenes Gesicht. »Ich lasse mich wirklich mitreißen von diesem Thema, Maggie. Verzeihen Sie mir.«
»Nein, ich bin ganz fasziniert«, erwiderte sie mit möglichst gefaßter Stimme und hoffte, daß er nicht merkte, wie feucht die Hand war, die er nun endlich wieder freigab.
»Na prima. Also, jetzt ist nur noch ein Raum übrig. Gleich hier. Mein Sargzimmer.« Er öffnete die letzte Tür.
»Auch eine ganz schöne Ansammlung hier, finden Sie nicht?«
Maggie wich zurück. Sie wollte nicht in dieses Zimmer gehen. Erst vor zehn Tagen hatte sie einen Sarg für Nuala aussuchen müssen. »Eigentlich sollte ich mich jetzt wieder auf den Heimweg machen, Earl«, sagte sie.
»Ach so. Ich hätte Ihnen das hier gern erläutert. Vielleicht kommen Sie ja noch mal her. Am Ende der Woche habe ich den neuesten da. Er ist wie ein Laib Brot geformt. Er wurde für die Leiche eines Bäckers entworfen. In einigen afrikanischen Kulturen ist es üblich, den Verstorbenen in einem Sarg zu beerdigen, der die Art und Weise symbolisiert, wie die betreffende Person ihr Leben verbracht hat. Diese Geschichte habe ich übrigens in einem der Vorträge angeführt, den ich hier in Newport bei einem Frauenklub gehalten habe.«
Maggie erkannte, daß er ihr damit möglicherweise den Anknüpfungspunkt bot, den sie gesucht hatte. »Halten Sie häufig Vorträge hier in Newport?«
»Neuerdings nicht mehr.« Earl schloß langsam die Tür des Sargzimmers, als trenne er sich nur widerwillig von ihm.
»Sie haben doch sicher schon die Redensart gehört, daß ein Prophet in seinem eigenen Land nichts gilt? Erst erwarten sie, daß man kein Honorar verlangt, und dann wird man auch noch beleidigt.«
Sprach er etwa von der Reaktion auf seinen Vortrag im Latham Manor? fragte sich Maggie. Die geschlossenen Türen der verschiedenen Räume sperrten fast das ganze Licht aus, und der Flur war von Schatten erfüllt, doch sie konnte trotzdem sehen, daß sein Gesicht rot wurde. »Aber es hat Sie doch wohl niemand beleidigt?« fragte sie mit verhaltener, teilnahmsvoller Stimme.
»Doch, einmal«, erwiderte er finster. »Ich hab mich schrecklich aufgeregt.«
Sie wagte nicht, ihm zu sagen, daß es Liam gewesen war, der ihr von dem Vorfall mit den Glocken erzählt hatte.
»Ach, warten Sie mal«, sagte sie langsam. »Als ich Mrs. Shipley im Latham Manor besucht habe, hab ich da nicht was davon gehört, daß Ihnen irgend etwas Unangenehmes zugestoßen war, als Sie so liebenswürdig waren, dort einen Vortrag zu halten? Irgend etwas, was mit Mrs. Bainbridges Tochter zu tun hatte?«
»Das ist genau das, was ich meine«, entgegnete Earl scharf. »Ich habe mich so über sie geärgert, daß ich einen meiner wirkungsvollsten Vorträge abgebrochen habe.«
Als sie die Treppe hinunter ins Erdgeschoß zurückkehrten, vorbei an der Figur des Lakaien in Livree und auf die Veranda hinaus, wo Maggie feststellte, daß sich das Tageslicht nach dem schummerigen Inneren des Museums als unerwartet kräftig erwies, da erzählte Bateman von jenem Abend im Latham Manor und beschrieb, wie er die

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