Mondlicht steht dir gut
bei Prestige anrufen und denen erklären, sie sollten sie rausschmeißen.
Als er schließlich vor dem Ritz vorfuhr, war Lane äußerst gereizt. Und seine Stimmung wurde keinen Deut besser, als er sah, daß Odile gerade erst mit ihrem Make up anfing. Sie kann doch nicht die ganze Zeit Besorgungen gemacht haben, dachte er mit wachsendem Ärger.
»Hallo, Liebling«, sagte sie mit einem Lächeln und schaute dabei mädchenhaft zu ihm hoch, als er die Tür schloß und durch den Raum auf sie zuging. »Wie gefallen dir meine Haare? Ich hab Magda mal ein bißchen was anderes ausprobieren lassen. Nicht zu viele Locken, die rausstehen, hoffe ich?« Sie schüttelte spielerisch ihre Mähne.
Zugegeben, Odile hatte wunderschöne gesträhnte blonde Haare, aber Lane war es leid, ständig den Bewunderer spielen zu müssen. »Sieht ganz ordentlich aus«, sagte er, und seine Verärgerung war nicht zu überhören.
»Bloß ganz ordentlich?« fragte sie und riß die Augen auf, daß die Wimpern flatterten.
»Hör mal, Odile, ich habe Kopfschmerzen. Ich muß dich ja wohl nicht erst daran erinnern, daß ich ein paar harte Wochen hinter mir habe.«
»Das weiß ich doch, Liebling. Hör mal, warum legst du dich nicht für ein Weilchen hin, während ich die Lilie fertig male?«
Das war ein weiterer affektierter Trick von Odile, der ihn schier zum Wahnsinn trieb, daß sie »die Lilie malen« sagte, während man statt dessen meistens »die Lilie vergolden« hörte. Sie liebte es geradezu, wenn jemand versuchte, sie zu verbessern. Kam es einmal dazu, dann wies sie nur zu gern darauf hin, daß diese Zeile häufig falsch zitiert werde, daß Shakespeare tatsächlich geschrieben habe: »Vergülden feines Gold, die Lilie malen«.
Die Möchtegern-Intellektuelle, dachte Lane und knirschte mit den Zähnen. Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Hör zu, Odile, dieser Empfang fängt in zehn Minuten an. Findest du nicht, du solltest dich langsam beeilen?«
»O William, niemand geht auf die Minute pünktlich zu einer Cocktailparty«, sagte sie und verfiel wieder in ihre Kleinmädchenstimme. »Warum bist du bloß so grantig zu mir? Ich weiß, daß du dir wegen irgendwas schreckliche Sorgen machst, aber laß mich doch bitte dran teilhaben. Ich will dir doch helfen. Ich hab dir auch früher geholfen, oder etwa nicht?«
Sie wirkte so, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
»Natürlich hast du das getan«, sagte Dr. Lane, der sich nun erweichen ließ, mit sanfterer Stimme. Dann machte er ihr das Kompliment, von dem er wußte, daß es sie beruhigen würde. »Du bist eine wunderschöne Frau, Odile.« Er bemühte sich, einen liebevollen Tonfall anzuschlagen.
»Selbst bevor du die Lilie malst, bist du schön. Du könntest jetzt sofort auf diesem Empfang auftauchen und jede Frau dort ausstechen.«
Dann, als sie zu lächeln begann, fügte er hinzu: »Aber du hast recht. Ich mache mir Sorgen. Mrs. Bainbridge ging es heute nachmittag nicht gut, und ich würde mich erheblich wohler fühlen, wenn ich in der Nähe wäre, falls es zu einem Notfall kommen sollte. Und deshalb …«
»Ach so.« Sie seufzte, da sie wußte, was nun folgen würde. »Was für eine Enttäuschung! Ich hatte mich so darauf gefreut, all die Leute heute abend zu treffen und mit ihnen zu plaudern. Ich liebe ja unsre Gäste, aber wir scheinen ihnen tatsächlich unser ganzes Leben zu widmen.«
Es war die Reaktion, die er sich gewünscht hatte. »Ich lasse nicht zu, daß du so enttäuscht wirst«, erklärte er mit Entschiedenheit. »Du bleibst hier und machst dir einen netten Abend. Behalte doch einfach das Zimmer über Nacht, und komm morgen zurück. Ich möchte nicht, daß du nachts heimfährst, wenn ich nicht hinter dir herfahre.«
»Bist du dir auch ganz sicher?«
»Ich bin mir sicher. Ich laß mich jetzt einfach kurz auf dem Empfang blicken und fahre dann zurück. Du kannst ja die Leute, die nach mir fragen, von mir grüßen.« Das Warnsignal in seinem Kopf war zu einer heulenden Sirene geworden. Er wollte nichts wie weg, nahm sich jedoch noch die Zeit, ihr einen Abschiedskuß zu geben.
Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. »O mein Liebling, hoffentlich stößt Mrs. Bainbridge nichts zu, wenigstens noch lange nicht. Sie ist natürlich schon sehr alt, und es ist nicht anzunehmen, daß sie ewig lebt, aber sie ist so ein Schatz. Falls du den Verdacht hast, daß etwas ernsthaft nicht stimmt, dann laß bitte sofort ihren eigenen Arzt kommen. Ich möchte nicht, daß du so kurz nach dem letzten
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