Mondlicht steht dir gut
noch sechs.
Ich mache Fotos von den Glocken und dem Packzettel, und dann kann ich hier raus, dachte Maggie. Plötzlich sehnte sie sich fast verzweifelt danach, wieder in Sicherheit zu sein, wieder draußen mit ihrem Beweis, daß Earl Bateman definitiv ein Lügner war, womöglich sogar ein Mörder.
Sie wußte nicht genau, was sie zuerst darauf aufmerksam machte, daß sie nicht mehr allein war.
Hatte sie tatsächlich das kaum merkliche Geräusch gehört, wie die Tür aufging, oder war es der schmale Lichtstrahl einer fremden Taschenlampe, was sie aufmerksam gemacht hatte?
Sie fuhr herum, als er die Taschenlampe hob, und hörte ihn sprechen, als sie auf ihren Kopf niederkrachte.
Und dann gab es nichts mehr als den Eindruck von Stimmen und Bewegung und schließlich den Fall in traumloses Vergessen, bis sie in der entsetzlich stillen Dunkelheit des Grabes erwachte.
72
Neil traf einige Zeit nach neun Uhr bei Maggies Haus ein, viel später, als er es sich gewünscht hatte. Aufs äußerste enttäuscht, stellte er fest, daß ihr Kombiwagen nicht in der Einfahrt stand, schöpfte aber kurz wieder Hoffnung, als er bemerkte, das eines der hellen Atelierlichter brannte.
Vielleicht hatte sie ja ihr Auto zur Inspektion gegeben, sagte er sich. Doch als sich auf sein hartnäckiges Klingeln an der Haustür hin nichts regte, ging er zu seinem Wagen zurück, um zu warten. Um Mitternacht gab er endlich auf und fuhr zum Haus seiner Eltern in Portsmouth.
Neil fand seine Mutter in der Küche vor, wie sie gerade dabei war, heißen Kakao zu machen. »Aus irgendeinem Grund konnte ich nicht schlafen«, sagte sie.
Neil wußte, daß sie schon Stunden früher mit seinem Erscheinen gerechnet hatte, und gab sich die Schuld dafür, daß sie sich Sorgen gemacht hatte. »Ich hätte anrufen sollen«, sagte er. »Aber warum hast du denn nicht versucht, mich übers Autotelefon zu erreichen?«
Dolores Stephens lächelte. »Weil es kein Mann von siebenunddreißig Jahren schätzt, wenn seine Mutter hinter ihm hertelefoniert, bloß weil er spät dran ist. Ich hab mir gedacht, daß du wahrscheinlich bei Maggie vorbeigeschaut hast, also war ich gar nicht so sehr beunruhigt.«
Neil schüttelte bedrückt den Kopf. »Ich hab wirklich noch bei Maggie vorbeigeschaut. Sie war nicht zu Hause.
Ich hab bis jetzt dort im Auto gesessen und gewartet.« Dolores Stephens schaute ihren Sohn prüfend an. »Hast
du überhaupt was zu Abend gegessen?« fragte sie sanft. »Nein, aber laß mal.«
Ohne seinen Einwand zu beachten, erhob sie sich und
machte den Kühlschrank auf. »Sie könnte sich doch
verabredet haben«, sagte sie nachdenklich.
»Sie war mit ihrem Auto weg. Es ist Montag abend«, sagte Neil und schwieg. »Mom, ich mach mir Sorgen um sie. Ich werde jetzt alle halbe Stunde anrufen, bis ich weiß, daß sie wieder zu Hause ist.«
Trotz seiner Proteste, daß er eigentlich gar nicht hungrig sei, aß er das dicke Klubsandwich auf, das seine Mutter ihm gemacht hatte. Um ein Uhr versuchte er Maggie zu erreichen.
Seine Mutter leistete ihm Gesellschaft, während er es erneut um halb zwei versuchte, dann um zwei, um halb drei und nochmals um drei.
Um halb vier gesellte sich sein Vater zu ihnen. »Was ist denn los?« fragte er mit verquollenen Augen. Nachdem sie es ihm gesagt hatten, brauste er auf: »Um Himmels willen, ruf bei der Polizei an, und erkundige dich, ob irgendwelche Unfälle gemeldet worden sind.«
Der Beamte, der sich meldete, versicherte Neil, bisher sei es eine ruhige Nacht gewesen. »Keine Verkehrsunfälle, Sir.«
»Gib ihm Maggies Beschreibung. Sag ihm, was für einen Wagen sie fährt. Hinterlaß deinen Namen und die Telefonnummer hier«, sagte Robert Stephens. »Dolores, du bist jetzt schon die ganze Zeit auf. Du schläfst jetzt erst mal, ich bleibe bei Neil.«
»Also –«, begann sie.
»Es gibt vielleicht eine ganz einfache Erklärung dafür«, sagte ihr Mann freundlich. Als seine Frau außer Hörweite war, erklärte er: »Deine Mutter hat Maggie wirklich ins Herz geschlossen.« Er schaute seinen Sohn an. »Ich weiß, daß du dich noch gar nicht so besonders lange mit Maggie triffst, aber warum wirkt sie eigentlich so desinteressiert dir gegenüber, manchmal sogar ausgesprochen kühl? Woher kommt das?«
»Ich weiß nicht«, bekannte Neil. »Sie war schon immer zurückhaltend, und ich war’s wahrscheinlich auch, aber ich bin mir sicher, daß da was Besonderes zwischen uns läuft.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hab mir wieder und wieder den
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