Mondlicht steht dir gut
ziehen? Hier muß noch etwas anderes mit im Spiel sein.
Bitte sei zu Hause, wenn ich dort ankomme, Maggie, beschwor Neil sie im stillen. Du bringst zu viele Dinge ins Rollen, und ich lasse dich das nicht länger alleine machen.
71
Um halb neun fuhr Maggie zu Earl Batemans Bestattungsmuseum. Vor ihrem Aufbruch hatte sie die Glocke, die sie in Nualas Kleiderschrank gefunden hatte, geholt und mit der anderen, die sie von Nualas Grab mitgenommen hatte, verglichen. Beide waren jetzt auf dem langen Arbeitstisch im Atelier plaziert, angestrahlt von einer Deckenleuchte.
Im letzten Moment hatte sie noch daran gedacht, die Polaroid-Kamera hervorzuholen, die sie immer benutzte, wenn sie ein Fotoprojekt vorbereitete, und die beiden Glocken geknipst, wie sie einträchtig nebeneinanderlagen. Sie hatte jedoch das fertig entwickelte Bild nicht mehr abgewartet, sondern die Aufnahme aus der Kamera gezogen und auf den Tisch geworfen, um sie sich später nach ihrer Rückkehr genauer anzusehen.
Dann hatte sie sich ihre mit zwei Kameras und all den Filmen und Objektiven schwer bepackte Ausrüstungstasche geschnappt und war losgezogen. Die Vorstellung, wieder in dieses Museum zu gehen, war ihr absolut zuwider, aber es schien keine andere Möglichkeit zu geben, die Antworten zu erhalten, die sie brauchte.
Bring’s einfach hinter dich, sagte sie sich, als sie die Haustür doppelt abschloß und in ihren Kombiwagen stieg.
Fünfzehn Minuten später fuhr sie am Bateman Funeral Home vorbei. Offensichtlich hatte das Bestattungsunternehmen einen langen Arbeitstag gehabt. Eine Autokolonne fuhr soeben aus der Einfahrt heraus.
Schon wieder eine Beerdigung morgen … Nun, wenigstens ist es niemand, der was mit dem Latham Manor zu tun hat, dachte Maggie mit Ingrimm. Nach dem Stand des Vortags zumindest waren alle Gäste der Wohnanlage anwesend, ihr Verbleib gesichert.
Sie bog nach rechts in die ruhige Straße ab, wo das Bestattungsmuseum lag. Sie fuhr auf den Parkplatz, sah mit Erleichterung, daß der Leichenwagen verschwunden war, und erinnerte sich daran, daß Earl gesagt hatte, er werde ihn in die Garage stellen.
Als sie sich dem alten Haus näherte, stellte sie voller Verblüffung fest, daß durch den Vorhang eines Fensters im Erdgeschoß ein schwacher Lichtschein nach draußen drang. Wahrscheinlich wird das Licht automatisch angestellt und geht dann später wieder aus, dachte sie, aber wenigstens wird es mir helfen, mich zurechtzufinden. Sie hatte sich jedenfalls eine Taschenlampe mitgenommen, um sie im Inneren des Gebäudes zu benutzen; auch wenn Earl Bateman vorgeschlagen hatte, sie solle später allein wiederkommen, wollte sie ihre Anwesenheit nicht dadurch zu erkennen geben, daß sie noch mehr Lichter anmachte.
Der Schlüssel lag unter dem Blumenkasten, wo Earl ihn hingelegt hatte. Wie zuvor gab er ein lautes Knirschen von sich, als sie ihn in dem altmodischen Schloß herumdrehte.
Und wie bei dem vorherigen Besuch war das erste, worauf ihre Augen fielen, die lebensgroße Puppe des livrierten Lakaien, nur schien sein Blick jetzt weniger wachsam als vielmehr feindselig zu sein.
Ich will wirklich nicht hier sein, dachte Maggie, während sie rasch auf die Treppe zuging, wild entschlossen, jeden auch noch so flüchtigen Blick in das Zimmer zu vermeiden, in dem die Figur einer jungen Frau auf dem Sofa lag.
Und ebenso bemühte sie sich, an die Exponate im ersten Stock nicht einmal zu denken, während sie am oberen Absatz der ersten Treppe die Taschenlampe anknipste. Mit dem Lichtstrahl nach unten gerichtet, kletterte sie die nächste Treppenflucht empor. Die Erinnerung an das, was sie Stunden zuvor gesehen hatte, verfolgte sie noch immer – jene beiden großen Räume am Ende des Gangs, der eine die Darbietung einer Aristokratenbestattung aus dem alten Rom, der andere das Sargzimmer. Beide waren grauenhaft, am schauerlichsten aber fand sie den Anblick all dieser Särge in einem einzigen Raum.
Sie hatte gehofft, der zweite Stock hier werde genauso wie Nualas oberstes Geschoß sein – eine Art Studio, mit großen Materialschränken und Regalen rings an den Wänden. Was sie jedoch leider statt dessen vorfand, war eindeutig eine weitere Etage voller Einzelzimmer. Mit Entsetzen fiel Maggie wieder ein, wie Earl erklärt hatte, das Haus sei ursprünglich das Wohnquartier seiner Ururgroßeltern gewesen.
Mit aller Macht bemüht, nicht die Nerven zu verlieren, öffnete Maggie die erste Tür. In dem vorsichtig nach unten gerichteten Strahl der
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