Mondlicht steht dir gut
werde.
Und doch ließ ihn ein unangenehmer Gedanke nicht los: Gab es noch irgendeinen anderen Grund, wieso Nuala sich aus der Abmachung zurückgezogen hatte? Und falls ja, hatte sie ihn ihrer Stieftochter anvertraut? Was konnte das sein? Vielleicht war es letzten Endes doch von Vorteil, daß sie kam, um mit ihm zu reden.
Er blickte von seiner Arbeit hoch, als die Tür zu seinem Büro aufging. Odile spazierte wie üblich ohne anzuklopfen herein, eine Angewohnheit, die ihn schier wahnsinnig machte. Obendrein eine, die sie leider mit Schwester Zelda Markey gemeinsam hatte. Dagegen mußte er in der Tat einschreiten. Mrs. Shipley hatte sich über Schwester Markeys Angewohnheit beschwert, Türen zu öffnen, ohne abzuwarten, ob sie willkommen war.
Erwartungsgemäß ignorierte Odile seine verärgerte Miene und fing an zu reden. »William, ich finde nicht, daß Mrs. Shipley besonders gut beieinander ist. Wie du ja mitgekriegt hast, hatte sie gestern schon nach dem Gottesdienst eine kleine Unpäßlichkeit und dann gestern abend einen Schwindelanfall. Ich frage mich, ob sie nicht für ein paar Tage zur Überwachung in die Pflegeabteilung kommen sollte?«
»Ich habe die Absicht, Mrs. Shipley genau im Auge zu behalten«, erwiderte Dr. Lane schroff. »Vergiß bitte nicht, meine Liebe, daß ich derjenige mit einem medizinischen Abschluß in unsrer Familie bin. Du hast die Schwesternschule nie fertig gemacht.«
Er wußte, wie töricht es war, das zu sagen, und bedauerte es sofort, weil er wußte, was nun folgen würde.
»O William, du bist so unfair«, begehrte sie auf. »Krankenpflege ist eine Berufung, und ich hab erkannt, daß es nicht das Richtige für mich ist. Vielleicht wär es auch für dich – und andre Leute – besser gewesen, wenn du dieselbe Wahl getroffen hättest.« Ihre Lippen zitterten. »Und ich finde, du solltest nicht vergessen, daß Prestige Residences dich überhaupt nur meinetwegen für diese Stelle in Erwägung gezogen hat.«
Wortlos starrten sich beide eine Weile lang an; dann wurde Odile wie üblich kleinlaut. »O William, das war nicht nett von mir. Ich weiß, wie sehr du dich um all unsre Gäste bemühst. Ich will dir doch bloß helfen, und ich habe wirklich Angst, daß ein weiterer Zwischenfall dich ruinieren könnte.«
Sie kam zu seinem Schreibtisch herüber und beugte sich über ihn. Sie griff nach seiner Hand, legte sie sich ans Gesicht und bewegte sie so, daß sie ihr über Wange und Kinn strich.
Lane seufzte. Sie war nicht besonders klug – ›eine dumme Gans‹ hätte seine Großmutter sie genannt –, aber sie war wirklich hübsch. Vor achtzehn Jahren hatte er sich glücklich geschätzt, eine attraktive – jüngere – Frau dazu gebracht zu haben, ihn zu heiraten. Außerdem machte sie sich wirklich etwas aus ihm, und er wußte, daß ihre häufigen, honigsüßen Besuche bei den Gästen die meisten von ihnen entzückten. Sie schien manchmal zuviel des Guten zu tun, doch war sie aufrichtig, und das war eine Menge wert. Ein paar der Bewohner wie zum Beispiel Greta Shipley fanden sie nichtssagend und irritierend, was in Lanes Augen nur für Mrs. Shipleys Intelligenz sprach, aber es gab gar keine Frage, daß Odile hier im Latham Manor ein Aktivposten für ihn war.
Lane wußte, was von ihm erwartet wurde. Praktisch ohne sich etwas von der Resignation, die er empfand, anmerken zu lassen, stand er auf, legte die Arme um seine Frau und murmelte: »Was würde ich nur ohne dich tun?«
Es war eine Erleichterung, als seine Sekretärin ihn über die Sprechanlage anklingelte. »Miss Holloway ist da«, meldete sie.
»Du gehst jetzt lieber, Odile«, flüsterte Lane, um ihrem unvermeidlichen Vorschlag zuvorzukommen, daß sie gerne bleiben und an dem Gespräch teilnehmen würde.
Ausnahmsweise hatte sie diesmal nichts einzuwenden, sondern entfernte sich durch die unmarkierte Nebentür seines Apartments, die zum Hauptkorridor führte.
17
Am Abend zuvor war Maggie noch um Mitternacht hellwach gewesen, ein Umstand, für den sie ihren dreistündigen Nachmittagsschlaf verantwortlich machte. Als sie schließlich die Hoffnung aufgegeben hatte, in absehbarer Zeit einschlafen zu können, war sie wieder nach unten gegangen und hatte dort in dem kleinen Arbeitszimmer eine ganze Reihe teilweise illustrierter Bücher über die »Cottages« in Newport entdeckt.
Sie hatte sie hinauf ins Bett getragen, sich den Rücken mit Kissen abgestützt und noch beinahe zwei Stunden lang gelesen. Daher war sie nun, als ihr ein
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