Mondlicht steht dir gut
Hausmädchen in Uniform die Tür zum Latham Manor öffnete und anschließend Dr. Lane von ihrer Ankunft informierte, in der Lage, ihre Umgebung mit einem gewissen Maß an Vorkenntnissen zu würdigen.
Das Herrenhaus war im Jahr 1900 von Ernest Latham erbaut worden, und zwar als bewußte Zurückweisung dessen, was er als die ordinäre Prachtentfaltung des Vanderbiltschen Herrensitzes The Breakers ansah. Der Grundriß für die beiden Häuser war nahezu identisch, aber das der Lathams hatte wohngerechte Proportionen. Die Empfangshalle war zwar noch immer überwältigend groß, nahm jedoch tatsächlich nur ein Drittel des Raums ein, den das »Große Foyer« des Breakers umspannte. Die Wände waren mit Seidenholz – anstatt mit Kalkstein aus Caën – verkleidet, und die mit einem scharlachroten Teppich belegte Treppe aus reich geschnitztem Mahagoni stand an der Stelle der Marmortreppe, mit der das Breakers prunkte.
Die Türen zur Linken waren geschlossen, doch Maggie wußte, daß dahinter der Speisesaal lag.
Zur Rechten sah das, was ursprünglich das Musikzimmer gewesen sein mußte, höchst einladend aus, mit bequemen Sesseln und dazu passenden Fußstützen, allesamt mit üppigen, in Moosgrün und Blumenmustern bezogenen Polstern versehen. Das prachtvolle Louisquinze-Gesims war in Wirklichkeit sogar noch atemberaubender, als es auf den Bildern erschienen war, die sie gesehen hatte. Der dekorative Fries über dem offenen Kamin erstreckte sich bis zur Decke und war bis auf das glatte Mittelstück, wo man das Ölgemälde eines Malers aus der Rembrandt-Nachfolge angebracht hatte, von Figuren im klassisch-griechischen Stil, von winzigen Engeln, von Ananasfrüchten und Trauben angefüllt.
Das hier ist wirklich schön, dachte sie und verglich es in Gedanken mit den unbeschreiblich niederdrückenden Zuständen in einem Pflegeheim, das sie mit versteckter Kamera für die Zeitschrift Newsmaker aufgenommen hatte.
Ihr wurde plötzlich bewußt, daß die Hausangestellte sie angesprochen hatte. »Oh, entschuldigen Sie bitte«, sagte sie, »ich war ganz in den Anblick versunken.«
Das Hausmädchen war eine attraktive junge Frau mit dunklen Augen und olivfarbenem Teint. »Ist hübsch, nicht?« sagte sie. »Sogar hier zu arbeiten macht einem Freude. Ich bringe sie jetzt zu Dr. Lane.«
Sein Arbeitszimmer war das größte innerhalb einer Reihe an der Rückseite des Gebäudes gelegener Büroräume. Eine Mahagonitür trennte den Bereich vom übrigen Erdgeschoß ab. Während Maggie der Angestellten über den Teppichboden des Korridors folgte, warf sie einen Blick in eine offene Tür und entdeckte ein Gesicht, das sie kannte – Janice Norton, die Frau von Nualas Rechtsanwalt, saß dort hinter einem Schreibtisch.
Ich wußte gar nicht, daß sie hier arbeitet, dachte Maggie. Aber schließlich weiß ich ja über all diese Leute so gut wie gar nichts, oder?
Ihre Blicke begegneten einander, und unwillkürlich beschlich Maggie ein unbehagliches Gefühl. Ihr war der Ausdruck herber Enttäuschung auf Mr. Nortons Miene nicht entgangen, als Mrs. Woods bekanntgab, daß Nuala die Absicht revidiert hatte, ihr Haus zu verkaufen. Doch bei dem Leichenschmaus und der Beerdigung am Tag zuvor war er freundlich gewesen und hatte angedeutet, er würde gern über ihre Pläne hinsichtlich des Hauses ein paar Worte mit ihr reden.
Sie blieb gerade lange genug stehen, um Mrs. Norton zu begrüßen, bevor sie im Schlepptau des Hausmädchens weiter den Flur entlang zu dem Büro an der Ecke ging.
Das Mädchen klopfte an, wartete, öffnete nach einer entsprechenden Aufforderung die Tür für Maggie und trat zurück, um sie wieder zu schließen, sobald Maggie das Zimmer betreten hatte.
Dr. Lane erhob sich und kam ihr entgegen, um sie zu begrüßen. Sein Lächeln war zuvorkommend, doch kam es Maggie so vor, als habe sein Blick etwas Professionelles an sich. Seine ersten Worte bestätigten diesen Eindruck.
»Mrs. Holloway, oder Maggie, falls Ihnen das recht ist, ich bin froh, daß Sie inzwischen ein wenig besser ausgeruht aussehen. Gestern war ein ausgesprochen schwerer Tag für Sie, das weiß ich.«
»Ich bin sicher, daß er für alle schwer war, die Nuala ins Herz geschlossen hatten«, sagte Maggie leise. »Aber ich mache mir wirklich Sorgen um Mrs. Shipley. Wie geht es ihr heute morgen?«
»Sie hatte gestern abend wieder einen Schwächeanfall, aber ich habe gerade erst nach ihr geschaut, und sie scheint relativ fit zu sein. Sie freut sich schon auf Ihren Besuch.«
»Als
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