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Mondlicht steht dir gut

Mondlicht steht dir gut

Titel: Mondlicht steht dir gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Chardonnay nippte. Hansen hatte eine ganze Flasche bestellen wollen, aber sie hatte ihn unnachgiebig informiert, ein Glas zum Lunch sei das höchste der Gefühle für sie.
    Douglas legte sein Messer auf den Teller und plazierte die Gabel nach europäischer Manier mit den Zinken nach unten sorgfältig daneben.
    Cora Gebhart seufzte. »Genauso hat mein Mann immer das Besteck auf dem Teller abgelegt. Haben Sie auch Ihre Ausbildung in Europa erhalten?«
    »Ich habe mein drittes Studienjahr an der Sorbonne verbracht«, erwiderte Hansen mit einstudierter Lässigkeit.
»Wie entzückend!« rief Mrs. Gebhart aus und ging ohne Unterbrechung zu makellosem Französisch über, dem Douglas verzweifelt zu folgen versuchte.
Nach ein paar Minuten hob er lächelnd die Hand. »Ich kann Französisch fließend lesen und schreiben, aber es ist jetzt elf Jahre her, daß ich dort war, und ich fürchte, mein Französisch ist ein wenig eingerostet. En anglais, s’il vous plaît.«
Sie lachten gemeinsam, aber Hansen witterte jetzt Gefahr. Hatte Mrs. Gebhart ihn etwa auf die Probe gestellt? fragte er sich. Sie hatte eine Bemerkung über sein hübsches Tweedjackett und seine vornehme Erscheinung mit den Worten verbunden, das sei ungewöhnlich zu einer Zeit, in der viele junge Männer, ihr Enkel eingeschlossen, so aussähen, als wären sie gerade von einer Campingtour zurückgekehrt. Sagte sie ihm damit auf subtile Weise, daß sie ihn durchschaut hatte? Daß sie spüren konnte, daß er in Wirklichkeit weder die Williams noch die angesehene Wharton School of Business abgeschlossen hatte, wie er behauptete?
Er wußte, daß seine schlanke, aristokratische Erscheinung eindrucksvoll war. Sie hatte ihm sowohl bei Merrill Lynch wie bei den Salomon Brothers einen Einstiegsjob verschafft, aber bei beiden Firmen hatte er sich nicht mal ein halbes Jahr halten können.
Mrs. Gebharts folgende Worte beruhigten ihn jedoch.
»Ich glaube, ich bin immer zu konservativ gewesen«, klagte sie. »Ich habe zuviel von meinem Geld in Treuhandkonten festgelegt, damit sich meine Enkel noch mehr ausgebleichte Jeans kaufen können. Deswegen habe ich jetzt nicht mehr viel für mich selbst übrig. Ich habe daran gedacht, in eines dieser Wohnheime für Ruheständler zu ziehen – neulich habe ich sogar aus diesem Grund einen Rundgang durch das Latham Manor gemacht –, aber ich müßte in eins der kleineren Apartments ziehen, und ich bin einfach an mehr Platz gewöhnt.« Sie sah Hansen direkt ins Gesicht. »Ich habe vor, dreihunderttausend Dollar in den Aktien anzulegen, die Sie mir empfohlen haben.«
Er bemühte sich, seine Gefühle nicht auf seinem Gesicht erkennen zu lassen, doch es kostete ihn Überwindung. Die Summe, die sie erwähnt hatte, war bedeutend höher als das, worauf er gehofft hatte.
»Mein Steuerberater ist natürlich dagegen, aber ich habe allmählich den Eindruck, daß er ein wenig altmodisch und konservativ ist. Kennen Sie ihn? Er heißt Robert Stephens. Er lebt in Portsmouth.«
Der Name war Hansen durchaus ein Begriff. Robert Stephens kümmerte sich um die Steuern von Mrs. Arlington, und sie hatte eine beträchtliche Summe mit der Anlage in ein High-Tech-Unternehmen verloren, das er ihr empfohlen hatte.
»Aber ich bezahle ihn dafür, meine Steuererklärung zu machen, nicht damit er über mein Leben bestimmt«, fuhr Mrs. Gebhart fort, »also werde ich ohne weitere Diskussionen mit ihm meine festverzinslichen Wertpapiere einlösen und Sie beauftragen, auch für mich einen Coup zu landen. Jetzt, wo die Entscheidung gefällt ist, werde ich vielleicht doch dieses zweite Glas Wein trinken.«
Während die Nachmittagssonne das Restaurant in goldenem Glanz erwärmte, prosteten sie einander zu.

28
    Maggie verbrachte nahezu zwei Stunden auf den beiden Friedhöfen St. Mary’s und Trinity. In manchen Bereichen, die sie fotografieren wollte, fanden gerade Beerdigungen statt, weshalb sie im jeweiligen Fall abwartete, bis die Trauernden wieder gegangen waren, bevor sie ihre Kamera hervorholte.
    Der schöne warme Tag schien ihrem unheimlichen Anliegen zu widersprechen, aber sie blieb beharrlich und suchte all die Gräber wieder auf, bei denen sie mit Greta Shipley gewesen war, und machte Aufnahmen aus allen möglichen Blickwinkeln.
    Ihre ursprüngliche Eingebung war gewesen, daß sie etwas Sonderbares auf Mrs. Rhinelanders Grab bemerkt hatte, dem letzten, vor dem sie gemeinsam gestanden hatten. Aus diesem Grund kehrte sie nun die Reihenfolge um, die sie am Tag zuvor mit

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