Mondlicht steht dir gut
professionellen Lächeln zu ihnen beiden hoch. Lane konnte es kaum erwarten, ihr eine Standpauke zu halten. Am Morgen hatte Mrs. Shipley ihm erzählt, sie beabsichtige, einen Riegel an ihre Tür anbringen zu lassen, um ihre Privatsphäre zu gewährleisten. »Diese Person sieht eine geschlossene Tür als Herausforderung an«, hatte sie kurz angebunden festgestellt.
Sie kamen an Mrs. Shipleys Ein-Zimmer-Apartment vorbei. Ein Zimmermädchen hatte gerade fertig saubergemacht, und die große Tür stand offen. Mrs. Chandler warf einen Blick hinein und blieb stehen. »Oh, das ist ja reizend«, sagte sie aufrichtig, während sie die großzügige Sitzecke in der Nische mit dem offenen Kamin im Renaissancestil musterte.
»Treten Sie doch ein«, ermunterte Dr. Lane sie. »Ich weiß, daß es Mrs. Shipley nichts ausmacht. Sie ist beim Friseur.«
»Nur bis hierher. Ich komme mir wie ein Eindringling vor.« Mrs. Chandler nahm den Anblick des Schlafzimmerbereichs und den mitreißenden Blick aufs Meer von drei der Zimmerseiten aus in sich auf. »Ich finde, das hier übertrifft die größte Wohnung«, bedeutete sie ihm. »Wieviel kostet eine Wohnung wie die hier?«
»Dreihundertfünfzigtausend Dollar.«
»Also das würde ich zahlen. Ist noch so eine wie die hier zu haben? Zu demselben Preis natürlich?«
»Zur Zeit nicht«, erwiderte er, fügte dann aber hinzu:
»Doch warum füllen Sie nicht ein Antragsformular aus?« Er lächelte sie an. »Wir würden Sie eines Tages ausgesprochen gern als Gast begrüßen.«
27
Douglas Hansen lächelte über den Tisch hinweg Cora Gebhart gewinnend an, eine spritzige Dame in den Siebzigern, die sich ganz offensichtlich die Muscheln auf gedünsteten Endivien munden ließ, die sie zum Lunch bestellt hatte.
Sie war eine Frau, die gern redete, dachte er, nicht so wie einige der anderen, die er mit Aufmerksamkeit überschütten mußte, bevor er ihnen irgendwelche Informationen entlocken konnte. Mrs. Gebhart wandte sich ihm offen zu wie eine Sonnenblume der Sonne, und er wußte, bis die Zeit für den Espresso gekommen war, hatte er eine gute Chance, ihr Vertrauen zu gewinnen.
»Jedermanns Lieblingsneffe«, hatte ihn eine dieser Frauen genannt, und genau auf diese Weise wollte er auch angesehen werden: als der von Herzen hilfsbereite Dreißigjährige, der ihnen allen die kleinen Zeichen des Entgegenkommens gewährte, die sie so viele Jahre schon entbehrt hatten.
Intime, von angenehmem Plaudern erfüllte Lunchs in einem Restaurant, das entweder ein Treffpunkt für Gourmets wie dieses hier war, Bouchard’s, oder ein Lokal wie das Chart House, wo man bei vorzüglichem Hummer einen herrlichen Ausblick genießen konnte. Auf die Lunchtreffen ließ er dann für die Frauen, die sich süßen Nachtisch bestellt hatten, eine Schachtel Pralinen folgen oder Blumen für diejenigen, die Geschichten von längst verflossenen Verehrern offenbart hatten, und sogar einen Spaziergang den Ocean Drive entlang Arm in Arm mit einer frischgebackenen Witwe, die ihm wehmütig anvertraut hatte, wie sie mit ihrem verstorbenen Mann jeden Tag lange Wanderungen unternommen hatte. Er wußte einfach, wie man’s machte.
Hansen war sich der Tatsache bewußt, daß all diese Frauen intelligent waren und einige von ihnen sogar gerissen. Die Geldanlagen, die er ihnen nahelegte, waren von der Art, bei der selbst ein zurückhaltender Spekulant zugeben mußte, daß sie vielversprechend waren. In der Tat hatte einer seiner Tips sogar Früchte getragen, was in gewisser Hinsicht katastrophal für ihn gewesen war, sich am Ende jedoch als Vorteil herausgestellt hatte. Jetzt konnte er einer potentiellen Kundin zur Krönung seines Fischzugs vorschlagen, Mrs. Alberta Downing in Providence anzurufen, die Hansens Kompetenz bestätigen könne.
»Mrs. Downing hat einhunderttausend Dollar investiert und innerhalb einer Woche einen Profit von dreihunderttausend Dollar eingestrichen«, konnte er möglichen Klienten erklären. Das war nicht gelogen. Daß die Aktien in letzter Minute zu einem künstlich aufgeblähten Kurs notiert wurden und Mrs. Downing ihn angewiesen hatte zu verkaufen, gegen seinen ausdrücklichen Rat, war ihm damals wie eine Katastrophe vorgekommen. Sie hatten das Kapital auftreiben müssen, um ihr ihren Gewinn auszuzahlen, aber nun hatten sie wenigstens eine authentische Empfehlung erster Güte.
Cora Gebhart nahm mit einer zierlichen Bewegung ihren letzten Bissen zu sich. »Köstlich«, verkündete sie, während sie an ihrem
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