Mondlicht steht dir gut
Unternehmen gegründet habe. »Es ist ganz schön schmeichelhaft, daß ein paar erstklassige Kunden mit mir gekommen sind«, sagte er. »Der Weg in die Selbständigkeit macht einem immer angst, aber der Vertrauensbeweis dieser Leute hat mich in dem Glauben bestärkt, daß ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Und so war es auch.«
Als schließlich die crème brulée gereicht wurde, fühlte sich Maggie vollkommen entspannt. »Heute abend hab ich mehr über dich erfahren als all die anderen Male, wenn wir essen gegangen sind«, sagte sie.
»Vielleicht bin ich hier auf heimischem Boden ein bißchen anders als sonst«, erwiderte er. »Und vielleicht will ich einfach, daß du merkst, was für ein toller Typ ich bin.«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Ich versuch dir außerdem auch beizubringen, was für ein gutbetuchter Typ ich bin. Nur damit du weißt, daß ich jedenfalls hierzulande als ziemlich gute Partie gelte.«
»Hör auf der Stelle mit diesem Gerede auf«, entgegnete Maggie so resolut wie nur möglich, doch sie konnte ein leises Lächeln nicht unterdrücken.
»Na gut. Du bist dran. Jetzt erzähl du mir, wie deine Woche gelaufen ist.«
Maggie hatte keine Lust, ernsthaft ins Detail zu gehen. Sie wollte nicht die nahezu festliche Stimmung des Abends zerstören. Es war unmöglich, über die vergangene Woche zu sprechen und dabei Greta Shipley nicht zu erwähnen, doch sie strich nun heraus, wie sehr sie die Zeit genossen hatte, die sie mit ihr verbracht hatte, und dann erzählte sie ihm von ihrer aufkeimenden Freundschaft mit Letitia Bainbridge.
»Ich hab Mrs. Shipley gekannt, und sie war eine ganz besondere Lady«, sagte Liam. »Und was Mrs. Bainbridge angeht, also, die ist großartig«, sagte er überschwenglich.
»Eine echte Legende hier in der Gegend. Hat sie dich schon darüber aufgeklärt, was hier alles zu Newports Glanzzeit los war?«
»Ein bißchen.«
»Sprich sie irgendwann mal auf die Geschichten ihrer Mutter über Mamie Fish an. Die hatte wirklich den Bogen raus, die alte Truppe in Schwung zu bringen. Da gibt es eine herrliche Geschichte über ein Galadiner, das sie veranstaltet hat, und einer ihrer Gäste hatte gebeten, Prinz del Drago von Korsika mitbringen zu dürfen. Natürlich gab Mamie begeistert ihre Erlaubnis, und so kannst du dir ihr Entsetzen vorstellen, als ›der Prinz‹ sich dann als ein in kompletter Abendgarderobe ausstaffierter Affe entpuppte.«
Sie lachten beide. »Mrs. Bainbridge ist wahrscheinlich eine der ganz wenigen, die noch leben und deren Eltern bei den berühmten Partys der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mitgemacht haben«, sagte Liam.
»Es ist schön, daß Mrs. Bainbridge so viele Familienmitglieder in der Nähe hat, die sich um sie kümmern«, stellte Maggie fest. »Gestern erst kam ihre Tochter vorbei, nachdem sie erfahren hatte, daß Mrs. Shipley gestorben ist, und nahm sie für eine Untersuchung zum Arzt mit, weil sie wußte, daß ihre Mutter sich bestimmt aufgeregt hat.«
»Diese Tochter dürfte wohl Sarah sein«, sagte Liam. Dann lächelte er. »Hat Mrs. Bainbridge dir zufällig was von dieser Heldentat erzählt, die sich mein idiotischer Cousin Earl geleistet hat und deretwegen Sarah total aus der Haut gefahren ist?«
»Nein.«
»Es ist unbezahlbar. Earl hält doch Vorträge über Bestattungsbräuche. Das weißt du sicher schon, oder? Ich wette, der Kerl hat nicht alle Tassen im Schrank. Wenn alle andern zum Golfspielen oder Segeln gehen, verbringt er seine Zeit damit, sich stundenlang auf Friedhöfen rumzutreiben und Abdrucke von Grabsteinen zu nehmen.«
»Auf Friedhöfen!« rief Maggie aus.
»Ja, aber das ist ja erst ein kleiner Teil der Geschichte. Worauf ich hinauswill, ist die Zeit, als er ausgerechnet im Latham Manor einer Gruppe von Leuten einen Vortrag über Bestattungsbräuche gehalten hat. Mrs. Bainbridge war nicht ganz wohlauf, aber Sarah war gerade zu Besuch da und ist zu dem Vortrag hin.«
»Earl«, fuhr Liam fort, »hat in seiner kleinen Rede auch die Geschichte über die Glockenläuter im Viktorianischen Zeitalter angeführt. Anscheinend hatten reiche Leute in dieser Zeit solche Angst davor, lebendig begraben zu werden, daß sie in dem Deckel ihres Sargs ein Loch für ein Lüftungsrohr anbringen ließen, das bis zur Erdoberfläche reichte. An einem Finger des Verstorbenen hat man dann eine Schnur befestigt, die man durch das Rohr geführt und an einer Glocke oben auf dem Grab befestigt hat. Dann wurde jemand dafür bezahlt, eine Woche lang
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