Mondlicht steht dir gut
wie sie es einfach als ein weiteres Anzeichen seiner Gleichgültigkeit ihr gegenüber verbucht hatte.
»Irgendwas Wichtiges?« fragte Liam beiläufig.
»Nein. Ein Freund, der übers Wochenende in der Gegend ist, will, daß ich ihn anrufe. Vielleicht melde ich mich morgen bei ihm.« Und vielleicht auch nicht, dachte sie. Ich frage mich, wie er mich gefunden hat.
Sie ging wieder nach oben, um ihre Handtasche zu holen, und als sie sie hochhob, spürte sie das Extragewicht der Glocke. Ob sie Liam die Glocke zeigen sollte? überlegte sie.
Nein, nicht heute abend, entschied sie. Ich will nicht über Tod und Gräber reden, jedenfalls nicht jetzt. Sie nahm die Glocke aus ihrer Tasche heraus. Obwohl sie schon seit Stunden dort dringesteckt hatte, fühlte sie sich kalt und unangenehm feucht an, so daß Maggie ein Frösteln durchlief.
Ich will nicht, daß ich als erstes ausgerechnet dieses Ding hier sehe, wenn ich später wieder heimkomme, dachte sie, während sie nun die Schranktür öffnete und die Glocke oben in das Fach stellte und so weit nach hinten schob, daß sie völlig außer Sichtweite war.
Liam hatte einen Tisch im Commodore’s Room reserviert, dem »Kapitänszimmer« der Black Pearl, eines schicken Restaurants mit einem herrlichen Blick auf die Narragansett Bay. »Mein Apartment liegt nicht weit von hier weg«, erklärte er, »aber mir fehlt das große Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Irgendwann einmal überwinde ich mich wohl dazu und kaufe einen der alten Kästen und renoviere ihn.« Seine Stimme wurde ernst. »Bis dahin bin ich dann seßhaft geworden und hab mit ein bißchen Glück eine wunderschöne Ehefrau, die eine preisgekrönte Fotografin ist.«
»Hör bloß auf, Liam«, protestierte Maggie. »Nuala hätte gesagt, du klingst halbwegs vertrottelt.«
»Bin ich aber nicht«, erwiderte er ruhig. »Maggie, bitte schau mich mal mit anderen Augen an, ja? Seit letzter Woche bist du mir keine einzige Minute aus dem Sinn gegangen. Das einzige, woran ich ständig denken konnte, war die Vorstellung, daß dir dasselbe hätte passieren können, wenn du auf diesen Fixer gestoßen wärst, der Nuala überfallen hat. Ich bin ein großer, starker Kerl, und ich will mich um dich kümmern. Ich weiß, daß so eine Einstellung altmodisch ist, aber ich kann nicht anders. So bin ich nun mal, und so empfinde ich eben.« Er verstummte kurz. »Und jetzt ist definitiv Schluß damit. Ist der Wein gut so?«
Maggie starrte ihn an und lächelte, erleichtert darüber, daß er keine weitere Antwort von ihr verlangt hatte. »Sehr gut, aber, Liam, ich muß dich was fragen. Glaubst du wirklich, daß irgendein Drogensüchtiger Nuala überfallen hat?«
Liam schien sich über ihre Frage zu wundern. »Wer denn sonst?« fragte er.
»Aber wer immer das getan hat, muß doch gesehen haben, daß Gäste erwartet wurden, und trotzdem hat er sich die Zeit genommen, das ganze Haus auf den Kopf zu stellen.«
»Maggie, wer immer das getan hat, war wahrscheinlich verzweifelt auf Entzug und hat alles nach Geld oder Schmuck durchsucht. In dem Zeitungsbericht hat gestanden, daß Nualas Ehering von ihrem Finger verschwunden war, also muß Diebstahl das Motiv gewesen sein.«
»Ja, der Ring ist gestohlen worden«, räumte Maggie ein.
»Ich weiß zufällig, daß sie nur sehr wenig Schmuck besaß«, erklärte Liam. »Sie hat Onkel Tim einfach nicht erlaubt, ihr einen Verlobungsring zu schenken. Sie fand, zwei davon in einem Leben seien genug, und außerdem waren beide gestohlen worden, als sie noch in New York lebte. Ich weiß noch, wie sie damals, nachdem das passiert war, meiner Mutter erzählt hat, sie wollte nie mehr was anderes außer Modeschmuck besitzen.«
»Da weißt du mehr als ich«, sagte Maggie.
»Also von Bargeld abgesehen, das vielleicht rumlag, hat ihr Mörder nicht gerade viel in die Finger bekommen, oder? Wenigstens gibt mir das eine gewisse Genugtuung«, sagte Liam mit bitterer Stimme. Er lächelte, um die finstere Stimmung zu durchbrechen, die sich ihrer beider bemächtigt hatte. »So, und jetzt erzähl mir was von deiner Woche. Ich hoffe doch, daß dir Newport allmählich ans Herz wächst, ja? Oder besser noch, laß mich dir meine Lebensgeschichte weitererzählen.«
Er berichtete ihr, wie er als Kind im Internat immer die Wochen gezählt habe, bis es soweit war, für den Sommer nach Newport zu fahren, dann von seinem Entschluß, wie sein Vater Börsenmakler zu werden, davon, wie er bei Randolph und Marshall gekündigt und sein eigenes
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