Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
Vom Netzwerk:
Julia … nun, es ist nicht abzusehen, was er dann tun würde.«
    Livia wandte sich um und sah mich an, dabei war ihr Gesicht so unbewegt wie das einer Königin. Ich hielt ihrem Blick stand. Sie ließ den ihren zu Marcellus schweifen, doch der schaute zur Seite. Mich durchzuckte eine Welle von Ärger über sein Verhalten. Lass dich doch nicht von ihr einschüchtern. Kämpfe!
    »Caesar selbst hatte aufgrund einiger Unterhaltungen mit seinem ›erwählten Erben‹ schon den Verdacht, dass da auch etwas zwischen euch beiden sein könnte«, fügte Livia hinzu. Ich hörte, wie Octavia zischend Luft holte. »Doch er redet sich ein, dass dieser ernsthafte Mangel an Vernunft von deiner Seite, Marcellus, nur eine Verirrung war. In seinem geschwächten Zustand muss er darauf vertrauen, dass er die richtige Wahl getroffen hat.«
    Marcellus nickte. Er wagte es noch immer nicht, mir in die Augen zu sehen.
    »Und was wird nun aus uns?«, fragte Alexandros.
    »Ihr werdet umgehend nach Afrika abreisen.« Livia hielt inne. »Selene. Du wirst den König von Mauretanien heiraten.«
    »Was?«, ächzte ich. Ich wusste nur wenig über Mauretanien – nur dass es westlich von Numidien lag und von Nomadenhäuptlingen regiert wurde. »Du musst dich irren. Mauretanien ist doch noch nicht einmal eine römische Provinz! Numidien … Numidien ist römisch. Ich soll doch sicher den König von Numidien heiraten, oder nicht?« Bei den Göttern, er hatte doch sicher vorgehabt, mich mit Juba zu vereinen!
    Livia schüttelte den Kopf. »Nein, es tut mir leid. Agrippa ist mit ganz klaren Anweisungen zurückgekehrt. Du sollst schon morgen mit dem Schiff aufbrechen.«
    Ich blickte hilfesuchend zu Octavia. Sie konnte dieser Sache Einhalt gebieten! Aber sie sprach flüsternd mit Marcellus, der zu ihr gegangen war. Ihr Sohn ließ den Kopf hängen, während sie rasch auf ihn einredete. Als sie meinen Blick bemerkte, runzelte sie die Stirn und wandte sich wieder Marcellus zu, um weiter mit drohendem Unterton auf ihn einzuflüstern. Sie konnte oder wollte mir nicht helfen.
    »Die Sklaven packen bereits eure Sachen«, fuhr Livia fort. »Du und Alexandros, ihr werdet euch noch heute Nachmittag auf den Weg nach Ostia machen.«
    Meine Kehle war wie zugeschnürt. Einmal, als ich noch sehr klein war, hatte ich im Sand in der Nähe der Großen Pyramide von Khufu gespielt. Ich hatte immer wieder ganze Handvoll des glitzernden Sandes gegriffen, doch der rann mir jedes Mal durch die Finger. Ich hatte vor Wut geweint: Ich wollte ganz Ägypten in meinen pummeligen Kleinkinderhänden halten. Aber ich hatte es nicht vermocht, damals. Und nun würde ich es nie mehr können.
    »Du darfst Alexandros nicht fortschicken!«, rief Julia. »Das darfst du nicht!«
    »Julia«, sagte Livia. »Du wirst mit der Zeit schon einsehen, wie unmöglich diese Situation ist. Es ist wirklich das Beste für alle …«
    »Nein!«, schluchzte Julia und rannte dann aus dem Zimmer. »Ich hasse dich! Ich hasse euch alle!« Ihr Schluchzen hallte durch den ganzen Säulengang.
    »Ihr könnte jetzt gehen, Selene und Alexandros«, sagte Livia schließlich mit einem tiefen Seufzer. »Marcellus, du bleibst noch hier.«
    Aber ich konnte mich nicht bewegen. Ich spürte, wie jemand an meinem Arm zog. »Komm jetzt, Schwester«, raunte Alexandros mir zu. »Wir sind hier fertig.«
    Wir fanden Zosima aufgeregt und verwirrt vor. Sie stand im Hof zwischen unseren beiden Wohntrakten. »Fremde Diener packen all unsere Sachen zusammen. Was geht hier vor?«, rief sie.
    »Wir werden fortgeschickt«, sagte Alexandros.
    Zosima packte mich am Oberarm und schüttelte mich. »Ich habe dir ja gleich gesagt, dass es böse enden wird! Was bist du nur für ein dummes Mädchen …«
    »Zosima!«, wies Alexandros sie scharf zurecht. »Es gibt nichts, was irgendeiner von uns dagegen tun kann. Aber immerhin verlassen wir Rom lebend. Immerhin verlassen wir Rom.« Zosima ließ mich los. »Ich muss mit Julia sprechen«, sagte Alexandros. Er schaute unsere Amme an. »Geh und überwache das Packen unserer Sachen.«
    Zosima stapfte grummelnd davon. »Die Katzen! Wir müssen die Katzen suchen. Haben wir noch ihre Tragekörbe …?«
    Ich ließ mich schwer auf eine Marmorbank im Schatten fallen und starrte das Wasserbecken des Peristylum an. Mich fröstelte trotz der Wärme. Ich hatte nach der einzigen Möglichkeit gegriffen, die mir, wie ich dachte, offenstand, um uns in unsere Heimat zurückzubringen – und ich war gescheitert. Ich würde

Weitere Kostenlose Bücher