Mondmädchen
wunderbar – sie meint, es erhöht unsere Chancen zusammen zu sein.«
»Und was denkst du?«, fragte ich.
»Mir ist es egal. Die Götter machen doch sowieso mit uns, was sie wollen. Für mich spielt es alles keine Rolle mehr.«
»Bruder, ich hasse es, wenn du so redest! Außerdem glaube ich, dass sie dich wirklich liebt«, fügte ich mit gedämpfter Stimme hinzu. »Das könnte nützlich sein. Liebst du sie?«
Er sah mich zweifelnd an. »Liebe? Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich nie eine andere als Iotape lieben werde.«
»Aber ihr wart doch noch Kinder, als man euch verlobt hat!«, stieß ich hervor. War er verrückt geworden? Wie hatte er ernsthaft glauben können, dass er sie jemals wiedersehen würde?
Und dann kam mir der Gedanke, dass ihn vielleicht genau diese Vorstellung davor bewahrt hatte, verrückt zu werden.
Mit gerunzelter Stirn und wütendem Blick wandte Alexandros sich zu mir um. »Ich hätte Ägypten aufgegeben – ich hätte alles aufgegeben, nur für sie. Aber die Götter haben mir Iotape und Ägypten weggenommen. Ich habe ihnen zahllose Opfer gebracht und sie angefleht, sie mir zurückzugeben, sie angefleht …« Er hielt inne, seine Stimme war heiser. »Aber die Götter haben mich verlassen«, sagte er leise.
Es gab nichts, was ich hätte sagen können.
Als wir Livias Tablinum betraten, war ich überrascht Marcellus und Julia dort vorzufinden. Julia saß mit hocherhobenem Kinn da, als hätten sie und Livia bereits Worte gewechselt. Livia hatte eine undurchdringliche Miene aufgesetzt. Ich sah zu Marcellus hinüber, doch der würdigte mich keines Blickes. Angespanntes Schweigen hing im Raum, was mich sogleich wachsam machte. Doch als ich Octavia in der Ecke bemerkte, atmete ich auf. Sie war der letzte verbleibende Puffer zwischen Alexandros und mir und ihrem Bruder und seiner Frau.
»Ah, gut«, sagte Livia. »Wir haben schon auf euch gewartet. Ihr wisst vielleicht, dass Caesar in Hispania sehr krank war …«
Alexandros und ich grinsten uns an. Ich hatte es nicht gewusst, aber ich fand es seltsam, dass es Octavian stets gelang, krank zu werden, wenn eine Schlacht bevorstand, sodass er seine Männer alleine kämpfen ließ, nur um später den Ruhm für ihre Siege für sich zu beanspruchen. Mein Tata hatte immer zusammen mit seinen Männern gekämpft wie ein wahrer Held.
»Die jüngste Krankheit meines Mannes hat ihn von der Notwendigkeit überzeugt, seine Dinge hier zu regeln«, fuhr Livia fort. »Er hat Agrippa geschickt mit besonderen Anweisungen. Um die Erbfolge zu sichern, hat mein Ehemann bestimmt, dass noch heute eine Hochzeit stattfinden soll.«
Marcellus Kopf schoss überrascht in die Höhe, dann blickte er mich hoffnungsvoll an. Hatte Octavian verstanden, was Marcellus ihm zu erklären versucht hatte? Konnte es sein, dass all meine Träume und Pläne für Ägypten nun endlich wahr wurden?
»Marcellus, noch vor Ende des heutigen Tages wirst du Julia heiraten.«
Julia?
»Was? Nein!«, rief Julia aus. »Ich will Marcellus nicht heiraten! Soll das ein Scherz sein?«
»Nein, das ist kein Scherz, Julia«, sagte Livia ruhig. »In Abwesenheit deines Vaters wird Agrippa der Zeremonie vorstehen.«
Marcellus erbleichte. Mir wurde schwarz vor Augen. Octavia schien zufrieden. Julia brach in Schluchzen aus. »Aber ich liebe Alexandros! Warum kann ich nicht Alexandros heiraten?«, jammerte sie.
Mein Zwillingsbruder blickte zu Boden. War ihm nicht klar gewesen, wie sehr sie ihn liebte?
Livia lächelte traurig. »Es tut mir leid, Stieftochter. Liebe hat nur wenig damit zu tun. Du wirst gehorchen; die Zeremonie wird noch vor Sonnenuntergang vollzogen sein.«
Marcellus starrte Livia ungläubig an. »Aber … aber Caesar wird uns doch wenigstens Zeit geben, uns an den Gedanken zu gewöhnen …«
»Nein. Diese Zeremonie muss sofort stattfinden, es geht um die Sicherheit von Rom. Die Erbfolge muss geklärt sein.«
»Ich werde das nicht tun«, schrie Julia. »Wir sind Cousine und Cousin ersten Grades! Das verbietet doch die römische Pietas , oder nicht? Und ich bin noch nicht einmal fünfzehn! Ich dachte, es wäre nicht erlaubt – dass Tata die Gesetze geändert hat! Wie kann er also diesen Befehl gegeben haben?«
»Ich fürchte, du wirst in dieser Sache nicht gefragt«, fuhr Livia fort. »Oder Caesar wird dich enterben.« Sie blickte Marcellus an. »Euch beide enterben. Wir müssen in dieser Sache sofort handeln, denn wenn Caesar von deiner Beziehung mit Antonius’ Sohn erführe,
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