Mondmädchen
er.
»Wie meinst du das?«
»Ich konnte kaum deinen Namen sagen, ohne dass er gleich ärgerlich wurde. Oder vielmehr wütend. Dann, nach einer Weile, meinte er, er hätte einen besonderen Plan für dich.«
Ich stöhnte.
»Du darfst nicht verzweifeln. Wir müssen ihm einfach noch etwas mehr Zeit geben. Du wirst schon sehen.« Er strich mir die Haare aus der Stirn. »Hast du mich vermisst?«
Ich antwortete nicht sofort.
»Kleopatra Selene, du hast mir nicht geantwortet.«
»Natürlich habe ich dich vermisst«, sagte ich rasch. »Du warst alles, woran ich denken konnte.« Ich versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, weil es sich so falsch anhörte, und hoffte, dass er nichts merkte.
»Komm her«, flüsterte er. Wir küssten uns und nach einer Weile streckte er sich auf dem zerknüllten Leintuch meiner Liege aus und zog mich neben sich. Er roch nach Sonne und Leder und ich bemerkte sogar einen metallischen Hauch von Blut an ihm, als hätte sein Aufenthalt in den Bädern den Geruch des Soldatenlebens nicht gänzlich von seiner Haut abwaschen können.
»Marcellus, ich glaube nicht, dass es so eine gute Idee ist …«
»Ich bin ganz vorsichtig, das verspreche ich dir«, flüsterte er. Als ich noch immer nicht reagierte, flüsterte er wieder: »Stell dir vor, Selene, wenn wir ein Kind hätten. Ein Sohn von meinem Blut, gemischt mit dem Blut einer Nachfahrin von Alexander dem Großen!«
Er wollte einen Sohn von mir. Und ich wollte im Gegenzug Ägypten. Eine Geschäftsbeziehung. Ich fragte mich, welche Bündnisse Juba wohl in seinem Heimatland eingehen würde. Welche schöne Numiderin er heiraten würde, um seinen Thron zu sichern und einen Erben zu haben? Ich seufzte. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um an Juba zu denken.
Marcellus deutete mein Seufzen falsch. Er küsste mich noch drängender, griff unter meine Tunika und ließ seine Hände meinen Körper hinauf und an meinen Hüften hinabgleiten. Obwohl ich in Gedanken ganz woanders war, fühlten sich seine Hände gut an, und ich bewegte mich wie Tanafriti es tat, wenn ich sie streichelte und sie schnurrte.
Marcellus setzte sich auf und zog sich die Tunika über den Kopf, dann legte er sich wieder neben mich. Ich ließ meine Hände über seine warme Haut gleiten. Durch den schweren Vorhang fiel kaum Licht, sodass ich ihn nicht gut erkennen konnte, aber ich spürte die Umrisse der Muskeln an seinen Armen und auf seiner Brust, als er mich an sich zog.
Sebi hüpfte beleidigt davon. Marcellus erstarrte. »Was war das?«
»Eine der Katzen«, sagte ich.
»Eine? Wie viele sind denn hier drin?«
»Nun, Tanafr…«
Aber in diesem Augenblick fuhr Marcellus hoch und hätte beinahe laut geflucht, während er seine Schulter umklammert hielt. Wutschnaubend rappelte er sich von der Liege auf. »Deine Katze … deine Katze hat mich angegriffen!«
»Marcellus, bitte! Du weckst hier noch alle auf!«
»Sieh dir das an!«, rief er. »Da ist Blut auf meiner Schulter! Wo steckt diese Katze? Ich werde sie töten!«
»Marcellus, du darfst ein heiliges Tier der Göttin Bastet nicht bedrohen!«
»Aber sie hat mich angegriffen!«
Das ließ mich innehalten. Was hatte das zu bedeuten? Warum hatte sie das getan?
Jemand mit einer kleinen Lampe in der Hand zog den Vorhang beiseite. »Was, beim Hades, geht hier vor … Oh, habt Mitleid, ihr Götter!« Es war Zosima, ihr Gesicht war wie eine Theatermaske des Schreckens.
»Bring die Lampe hier herüber!«, befahl Marcellus, der den blutigen Biss näher untersuchen wollte. Doch meine Amme konnte ihn nur anstarren, wie er nackt und schön wie ein junger Gott im flackernden Schein der Lampe dastand.
»Bring sie hierher, und zwar sofort!«, befahl er noch einmal in heiserem Flüsterton. Zosima ging zu ihm, wobei sie mich die ganze Zeit mit großen, ungläubigen Augen ansah. Ich zog meine Tunika wieder über meine Hüften und blickte zu Tanafriti hinüber. Sie trug das Kinn hoch erhoben, ihr Schwanz zuckte wie immer nach einer erfolgreichen Jagd.
Marcellus hob seine abgelegte Tunika auf und tupfte an der Bisswunde herum. »Ist ein Katzenbiss giftig wie der einer Schlange?«, fragte er.
»Nein«, versicherte ich ihm und erhob mich. »Sie muss gedacht haben, dass du mir wehtun willst, denn ich habe es noch nie erlebt, dass sie jemanden angreift.«
Zosimas Mund klappte noch weiter auf. Auf Ägyptisch nuschelte sie: »Bist du … bist du verrückt? Mit ihm ? Du bringst uns noch allen den Tod!«
»Was ist denn hier los?«, fragte
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