Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mondmilchgubel Kriminalroman

Titel: Mondmilchgubel Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Bodenmann
Vom Netzwerk:
Honegger hatte einen Unfall. Die Ambulanz hat ihn ins Spital Wetzikon gebracht.«
    »Um Himmels willen, was ist passiert?«
    »Ich weiß noch nichts Genaues.«
    »Werden Sie mich anrufen, sobald Sie Näheres wissen?«
    Möller öffnet die Haustüre.
    Sphinx springt herein. Mit erhobenem Schwanz stolziert er zum Kühlschrank. Die Maus hat seinen Appetit angeregt.
    »Danke fürs Essen. Sie werden von mir hören.«

     
    Während Viktoria das Geschirr in die Spülmaschine räumt, klingelt das Telefon. Die Pflegeheimleitung teilt ihr mit, ihr Vater habe eine Lungenentzündung, deshalb sei ihm vom Arzt ein Antibiotikum verordnet worden. Trotz anhaltendem Regen rast sie im Auto nach Zürich. In ihr tobt die Angst um ihren Vater, gleichzeitig macht sie sich Sorgen um Kari.
    Die Heimleitung erklärt ihr, es sei besser, ihren Vater in ein Spital zu verlegen, falls sich sein Zustand nicht verbessere. Sie weiß, dass er nicht einwilligen wird. Als ihre Mutter kurz nach einer Bypass-Operation an einer Infektion verstorben war, schwor sich ihr Vater, kein Spital mehr zu betreten.
    Da er sich auf ihr Klopfen nicht meldet, öffnet sie leise die Tür. Sie kniet vor ihm hin und streichelt seine knochige Hand, die sich trotz Fieber kühl anfühlt. Bei jedem Atemzug rasselt und pfeift es in seiner Brust. »Ich liebe dich, Vater«, haucht sie. Bitte bleibe noch ein bisschen bei mir. Dann hievt sie sich schwerfällig hoch und setzt sich in seinen ausgebeulten Ledersessel. Sie greift nach dem aufgeschlagenen Buch, das er auf der Armlehne hat liegen lassen. Sie selbst hat ihm den Gattopardo geschenkt. Sie sieht die Seite, wo Don Fabrizio mit dem Kinn auf seiner Brust zusammengesunken auf seinem Sessel sitzt und spürt, wie das Leben aus ihm herausrinnt. Wie er schmerzlich erkennt, dass er von seinen 73 Jahren höchstens drei Jahre wirklich gelebt hat. Die Zeilen stimmen Viktoria nachdenklich. Was, wenn am Schluss des Lebens nur noch jene Momente zählen, in denen man vollkommen präsent und glücklich gewesen ist? Wie viele kostbare Jahre hat sie damit verschwendet, ihren persönlichen Zielen nachzujagen. Ernüchtert stellt sie fest, dass ihre beruflichen Erfolge kaum nachhaltige Eindrücke hinterlassen haben. Sie legt den Roman zur Seite und schwört sich, ihre noch verbleibende Lebenszeit besser zu nutzen. Gedankenverloren blickt sie durchs Fenster und betrachtet die Stadt. Es wäre ein Fehler gewesen, ihren Vater nach Wald umzusiedeln. Hier hat er seinen Park mit den alten Bäumen, die Enten, die Schwäne und ein Zimmer, das seinen Preis wert ist. In dieser Stadt ist er geboren und aufgewachsen. Hier hat er geliebt, geheiratet und ein Kind gezeugt. Hier soll er auch sterben dürfen. Jäh überkommt sie heftiges Heimweh nach Zürich.
    »Nimm dir nicht zu viel vor, Vicki. Vor allem solltest du deine Zeit nicht mit mir verschwenden.«
    Sie dreht sich abrupt um. »Vater, wie lange bist du schon wach?«
    Er lächelt verschmitzt, doch kurz darauf schüttelt ihn ein heftiger Husten. »Ich habe mich ein bisschen ausgeruht.«
    »Und warum hast du so getan, als würdest du schlafen?« Sie baut sich entrüstet vor ihm auf.
    »Jetzt siehst du ebenso Furcht einflößend aus wie deine Mutter selig.«
    »Ich habe dich etwas gefragt, Vater.«
    »Ich hoffte, dass du wieder gehen würdest. Aber da du nun schon einmal hier bist, kannst du mir das letzte Kapitel aus dem Buch vorlesen. Doch zuerst möchte ich eine warme Tasse Milch mit viel Honig.«
    Während sie ihm das Gewünschte holt, klingelt ihr Handy. Es ist Möller.
    »Wo sind Sie?«
    »Bei meinem Vater in Zürich. Es geht ihm nicht besonders gut.«
    »Hoffentlich nichts Schlimmes?«
    »Eine Lungenentzündung.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ich werde noch eine Weile hier bleiben. Wie geht es dem Eierkari?«
    »Ich bin auf dem Weg zu seinem Vater. Danach könnte ich bei Ihnen vorbeischauen.«
    »Gut, dann bis später.«
    Ihr Vater trinkt die Milch in kleinen Schlucken.
    »Die Pflegerin hat mir gesagt, dass du heute noch nichts gegessen hast. Du kannst froh sein, dass sie dich nicht zwangsernähren.«
    »So weit kommt es noch«, keucht er. »Ich esse, wann und was ich will.« Er fuchtelt mit seinen Händen herum. »Du kannst dich dort drüben hinsetzen, aber sprich bitte laut und deutlich.«

     

Kapitel 18
    »Man könnte meinen, wir seien ein Liebespaar, so oft wie Sie mich besuchen.«
    Möller fühlt sich in die Enge getrieben.
    »Ich hoffe, dass meine Bemerkung Sie nicht aus dem Gleichgewicht

Weitere Kostenlose Bücher