Mondmilchgubel Kriminalroman
wirkt.«
Kapitel 21
Ein pensionierter Landschaftsgärtner namens Joe Trinkler macht am Tag nach Iris’ Beisetzung folgende Aussage:
Obwohl am 21. Juni schlimme Gewitter angesagt waren, bin ich mit dem Zug von Winterthur nach Wald gefahren. Man kann sich ja meistens nicht auf die Wettervorhersage verlassen. Dann bin ich durchs Tobel Richtung Wolfsgrueb gewandert. Wissen Sie, Wandern ist mein Hobby. Mein Ziel war die Höchhand, weil man von dort den Tweralpspitz und Atzmännig sehen kann, bei gutem Wetter sogar den Säntis und die Churfirsten. Von der Wolfsgrueb bin ich weiter Richtung Tössscheidi marschiert. Es war eine Affenhitze, das können Sie mir glauben, und es hatte verdammt viele Mücken. Unten an der Vorderen Töss habe ich Wasser lösen müssen. Da habe ich dann plötzlich einen Schrei gehört. Von einem Vogel, habe ich mir gedacht und mir nicht weiter darüber Gedanken gemacht. Wissen Sie, mit meinem Gehör steht es nicht mehr zum Besten. Nein, an die genaue Zeit kann ich mich nicht erinnern, man schaut ja nicht ständig auf die Uhr. Aber es muss wohl so zwischen elf und zwölf gewesen sein. Als ich weitergewandert bin, ist mir ein Mann entgegengekommen. Er hat mich nicht gegrüßt, als wir uns kreuzten. Wie er aussah? Er war mittelgroß, aber sehr mager mit einem langen, schmalen Gesicht. Wissen Sie, mit dem Alter ist es so eine Sache, aber 30 ist er sicher gewesen. Zuerst dachte ich, dass er einen Pyjama trägt. Weite Pumphosen, wissen Sie, und ein loses Hemd darüber.
Auf Möllers Frage, warum er sich erst jetzt zu dieser Aussage habe bequemen können, behauptet der Mann, dass er erst beim Bündeln der Zeitungen von dieser tragischen Sache erfahren habe. Zufälligerweise sei ihm dabei der Zürcher Oberländer in die Hände geraten, den er zwar abonniert, jedoch nicht gelesen habe. Er sei halt ein vielbeschäftigter Mann. Er habe sich dann aber sofort an die Wanderung erinnert, nicht zuletzt auch deshalb, weil er damals von einem schlimmen Gewitter überrascht wurde, welches er in dieser Form nie mehr erleben wolle. Natürlich sei er, aber dies nur in zweiter Linie, auch an der Belohnung interessiert, weil er mit seiner kleinen Rente weiß Gott einen zusätzlichen Batzen gebrauchen könne. Als Möller ihm die Fotos von Brunner, Edelmann, Honegger und auch jenes von Vinzens unter die Nase hält, zeigt der Rentner auf Edelmann.
Kurz darauf wird Edelmann von Möllers Leuten erneut festgenommen und sofort zur Kripoleitstelle gebracht. Allerdings verläuft die Festnahme nicht ohne Turbulenzen. Edelmann versucht, sich über seinen Balkon zu retten, was ihm jedoch misslingt. Zuerst streitet er die Tat heftig ab. Doch nach vier Stunden Verhör, abwechslungsweise durch Möller und Eisenmann geführt, haben sie ihn so weit, dass er gesteht.
Kapitel 22
Viktoria mischt die Zutaten für einen Schokoladenkuchen, doch es fällt ihr schwer, sich auf das Backen zu konzentrieren.
Immer wieder muss sie an das letzte Gespräch mit Möller zurückdenken. Er sagte etwas vom 23. Stock. Es gibt in Zürich nur wenige Hochhäuser. Gut möglich, dass er in einem der Hardau-Wohntürme wohnt.
Leider blockte er konsequent ab, als sie mehr über sein Privatleben erfahren wollte. Zumindest gab er zu, dass ihm die Geschichte mit seiner Exfrau immer noch zu schaffen macht. Nach dem dritten Glas Wein hatte er es aber plötzlich eilig. All ihre Verführungskünste schlugen fehl.
Sobald der Kuchen fertig ist, fährt sie nach Wetzikon ins Spital. Kari lächelt vergnügt, als sie ihn begrüßt. Sie bemerkt die pingelige Ordnung auf der Ablage neben seinem Bett.
»Schon wieder eine Kundin«, verkündet er seinen Zimmergenossen stolz.
Viktoria streckt ihm den Kuchen entgegen, worauf sich ein freudiges Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitet.
»Danke Vicki.«
»Ich bin froh, dass du dich wieder an mich erinnerst.«
»Ich bin doch nicht blöd.« Er tippt sich an die Stirn und schüttelt energisch den Kopf.
»Ich hole dir einen Cappuccino. Danach werde ich den Kuchen für dich aufschneiden. In Ordnung?«
Kari strahlt. An seine Zimmergenossen gewandt: »Ihr könnt auch ein Stück haben.«
Als sie mit dem Kaffee zurückkehrt, hat Kari den Kuchen mit seinem Sackmesser bereits aufgeschnitten und an seine Bettnachbarn verteilt. »Iris macht den besten Schokoladenkuchen.«
»Ich weiß, aber Iris lebt nicht mehr.«
Kari ignoriert ihre Bemerkung. »Ich habe schon den ganzen Morgen Besuch. Alle wollen mich
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