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Mondscheintarif

Mondscheintarif

Titel: Mondscheintarif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Hübsch hat gerade ihren ersten Schritt zur Selbstverwirklichung getan!
    Ich verabredete mich für den Abend mit Jo, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Ab jetzt musste jede Maßnahme sorgfältig geplant werden.

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    Befinde mich in einer Phase akuter und schmerzhafter Verliebtheit. Darf mich auf keinen Fall gehenlassen.
    Verliebtsein ist Marketing. Wenn du irgendwann geliebt wirst, dann kannst du so sein, wie du bist. Aber bis dahin musst du bestimmte Spielregeln einhalten, um dich für die zweite Runde zu qualifizieren.
    Und eine dieser Spielregeln lautet ganz klar: Nach dem ersten Sex rufst du ihn nicht an. Nie. Unter keinen Umständen. Und zu dieser Regel gibt es keine Ausnahme.
    Männer sind binär strukturierte Wesen. Das macht es einfach, mit ihnen umzugehen. Vorausgesetzt, man behält einen klaren Kopf.
    Wichtig ist, Folgendes zu bedenken:
    a) Für den Mann ist der erste Sex mit einer Frau wie ein Geschenk. Ein Geschenk von ihr. Deswegen bedanken sich etliche Männer nach dem Sex.
    b) Aus a) folgt zwingend, dass der Mann findet, er sei jetzt an der Reihe. Er gibt zurück, indem er anruft, Rosen schickt, unangemeldet vor der Tür steht. (Gute Güte! Hoffentlich kommt Daniel nicht auf die Idee, mich spontan heimzusuchen. Muss für diesen Fall Vorbereitungen treffen! Muss sofort Badewasser einlassen und mein Epiliergerät aufladen!)
    Ein Mann fühlt sich seiner Männlichkeit beraubt, wenn eine Frau ihm zuvorkommt. Die Stunden oder Tage, die zwischen dem ersten Sex und seinem nächsten Anruf liegen, sind die einzige Zeit, in der das Männchen Herr der Lage ist.
    c) Erschwerend kommt hinzu: Nach dem ersten Sex wissen Frauen meist genau, was sie wollen. Alles oder nichts. Um ehrlich zu sein, wissen sie es bereits nach dem ersten Kuss. Aber manchmal kommt man aus der Nummer einfach nicht mehr raus. Männer empfinden Freiheit als einen Wert an sich, den einsamen Wolf als Ideal vom Mannsein. Deswegen brauchen sie mehr Zeit, sich zu entscheiden.

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    Huh! Gleich halb sieben! Verdammt nochmal, wie viel ist mehr Zeit? Werde Big Jim anrufen. Er heißt natürlich nicht wirklich Jim. Er heißt Burkhardt Matz. Jo und ich nennen ihn so, seit er uns anvertraute – er hatte Liebeskummer und ungefähr eine halbe Flasche Pernod getrunken   –, dass er als Kind im Werkunterricht für seine ‹Big Jim›-Puppe eine Badehose gehäkelt hat.
    Big Jim ist in vielerlei Hinsicht ein untypischer Mann. Er schreibt zum Beispiel gerne Briefe. Seine Briefe sind die einzigen, die ich aufbewahre. Sie sind wunderschön. Es ist zwar so, dass in seinem Leben nicht sehr viel passiert – er ist seit drei Jahren Single und schreibt, glaube ich, in etwa ebenso lange an seiner Magisterarbeit   –, aber das, was nicht passiert, kleidet Big Jim in sehr ergreifende Worte. Er verliebt sich häufig und erzählt mir dann am Telefon so rührende Dinge wie: «Ach Cora, du solltest sehen, mit welch einer Anmut sie ihr Haar in den Nacken schiebt.»
    Oder: «Wenn sie liest, bildet sich auf ihrer Stirn, zwischen den Augen, eine kleine Falte. Dann sieht sie so ernst aus, dass ich sie leicht rütteln möchte, um sie ans Lächeln zu erinnern.»
    Manchmal frage ich mich, ob es wohl jemanden gibt, der mich genauso aufmerksam und liebevoll betrachtet. Ohne, dass ich davon weiß? Ist irgendjemand da draußen verzaubert von der Art, wie ich mir manchmal mit den Fingerknöcheln über den Hals streiche? Das tue ich nämlich. Zu Anfang habe ich esbewusst getan, weil ich mal gelesen habe, dass man damit einem Doppelkinn vorbeugen kann. Jetzt tue ich es, ohne darüber nachzudenken.
    Gibt es jemanden, der heimlich vergeht, wenn er sieht, wie ich mittags in der Kantine Spätzle mit Soße esse? Ich glaube, dass ich dabei nämlich sehr zufrieden aussehe.
    Gibt es einen, der sich aus der Ferne in mich verliebt, wenn er mich lachen hört? Ich lache ziemlich laut. Und weil ich sowieso einen breiten Mund habe, wird der dann noch breiter und spaltet mein Gesicht in zwei Hälften.
    Big Jim und ich haben eine eigenartige Beziehung. Wir sind nicht verliebt ineinander, aber wir sehen es auch nicht wirklich gerne, wenn der andere sich verliebt. Wir haben dann Angst, alleine zu bleiben. Weil, Single zu sein ist gar nicht so übel, wenn man andere Singles zu Freunden hat, mit denen man darüber fachsimpeln, jammern oder jubeln kann. Jeder, der diesen trauten Kreis von Alleinstehenden verlässt, macht die Übriggebliebenen nervös. Denn irgendwann ist man

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