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Mondscheintarif

Mondscheintarif

Titel: Mondscheintarif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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verheerend aus!›
    Und wenn ich nach zwei Stunden rauskomme, sehe ich meistens genauso aus wie vorher, und es fällt niemandem auf, dass ich dafür 120   Mark ausgegeben habe.»
    «Das stimmt doch gar nicht. Weißt du noch, als du bei Maurice warst?»
    «Du meinst die Nummer mit den Lichtreflexen? Die haben 220   Mark gekostet. Und mein Chef hat mich am nächsten Tag in der Graphikkonferenz minutenlang angestarrt und schließlich gesagt: ‹Den können Sie verklagen.›»
    Jo lachte sich schon wieder kaputt. Und warf ihre lange blonde Mähne nach hinten. Wenn sie nicht meine beste Freundin wäre, würde ich sie hassen.
    «Weißt du, Jo, was ich mir am allermeisten wünsche?»
    «Was’n?»
    «Ich wünsche mir, dass jemand ‹meine Liebste› zu mir sagt.» Ich nahm noch einen Schluck. War plötzlich sentimental. «Hat zu dir schon mal jemand ‹meine Liebste› gesagt?»
    «Nein. Ich weiß, was du meinst. So was sagen sie nicht. Sie sagen Schatz oder Maus oder Schatzi oder Mausi. Irgendwie kapieren Männer nicht den Unterschied zwischen der Art von Schlichtheit, in der die wahre Größe liegt, und der Art von Schlichtheit, in der die wahre Größe nicht liegt.»
    «Mmmmh.»
    Wir schwiegen versonnen. Ob Daniel jemals meine Liebste zu mir sagen würde? Nun, in seinem Fall wäre ich ja sogar mit Mausi zufrieden. Außerdem wäre es ein schöner Anfang, wenn er mich mal anrufen würde.
    «Vergiss es, Cora, er wird es nicht sagen. Das ist zu viel verlangt. Sei froh, wenn er dich überhaupt anruft.»
    Jo und ich beschlossen, auf der Stelle etwas für unsere Gesundheit zu tun, und legten ein Problemzonen-Gymnastik-Video mit Franzi van Almsick ein. Die Kassette hatte mir Big Jim zu meinem Dreißigsten geschenkt, und ich hatte so getan, als würde ich mich freuen. Dafür hatte ich ihm zu seinem letzten Geburtstag drei sündhaft teure Viagras überreicht. Und er hat auch so getan, als würde er sich freuen.
    Aber das Turnen mit Franzi hat nicht viel Spaß gemacht. Was unter anderem daran lag, dass Franzi so aussah, als würde es ihr nicht viel Spaß machen. Die sieht sowieso so aus, als würde ihr überhaupt nichts viel Spaß machen. Das kommt davon, wenn man in jungen Jahren schon so viel Erfolg hat. Bin sehr froh, dass mir dieses Schicksal erspart geblieben ist.
    Jo legte eine CD ein, und wir tanzten Salsa zu ‹Best of Salsa› und grölten mit, obschon wir kein Wort Spanisch können.
    «Equando semare passa, e la begra pur massa! Essa negra sankta camera equo como loko!!!»
    «Wir müssen uns damit abfinden!», schrie ich.
    «Womit’n?»
    «Dass der Himmel meistens voller Arschgeigen hängt!»
    Jo brach prustend auf dem Sofa zusammen. Dennoch gelang es ihr, gleichzeitig ihr Glas zu einem Toast zu erheben.
    «Auf Dr.   Daniel Hofmann! Die Aaaschgeige! Er ahnt ja gar nicht, was ihm durch die Lappen geht! Dieser Depp! Wenn er dich nicht will, ist er nicht gut genug für dich!»
    «Aaschgeige!»
    «Sackgesiicht!»
    «Aaschgeige!»
    «Sackgesiiicht!»
    «Aaaaaschgeige!»
    «Sackgesiiiicht!»
    «Jo?»
    «Was’n?»
    «Ich bin verliebt.»
    «Ich weiß.»

22   :   20
    Ich kann nicht glauben, dass er nicht angerufen hat. Bin in tiefste Selbstzweifel verstrickt. Was habe ich bloß falsch gemacht? Ich war lässig, ich war verführerisch. Eine aparte Mischung aus Zurückhaltung und Lüsternheit. Habe mich vorbildhaft verhalten, könnte in jedem Ratgeberbuch ‹So verhalten Sie sich korrekt, wenn Sie Ihrem Traummann begegnen› die Erfolgsstory der Cora H. erzählen. Mit dem kleinen Makel, dass der Erfolg ausgeblieben ist. Irgendwie hatte ich den Eindruck, ich hätte ihm gefallen.

22   :   25
    Meiner Meinung nach teilen sich Menschen in zwei Gruppen auf: in solche, die einem sagen, wenn man was zwischen den Zähnen hat, und solche, die es einem nicht sagen.
    Keine Ahnung, wie ich jetzt darauf komme. Ist ja auch egal.

22   :   26
    Ich geh ins Bett. Kann die Anwesenheit dieser lauen Sommernacht nicht länger ertragen. ‹Schlaf mal drüber›, würde meine Mutter jetzt sagen. ‹Nachts sind alle Katzen grau. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.› Habe allerdings die Befürchtung, dass die Welt morgen nicht ganz anders aussehen wird. Gute Nacht.

22   :   30
    Hab’s mir anders überlegt. Bin gar nicht müde. Stehe im Nachthemd auf dem Balkon und schaue betrübt auf meinen Weihnachtsbaum. Ich kann dieses Mahnmal meiner letzten gescheiterten Beziehung nicht länger um mich haben. Werde ihn jetzt sofort

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