MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
genug für alle da.«
Es war schön, dass wir alle zusammen waren. Ich war sicher, dass jeder am Tisch wie ich empfand. Doch es war kein ausgelassenes Essen. Amias Verlust war zu präsent.
Lila wanderte von einem Arm zu anderen und eroberte mit ihrem Lächeln jedes Herz. Wir hatten einen kleinen Menschen gewonnen, den wir lieben konnten. Aber wir hatten jemanden verloren, der durch nichts ersetzt werden konnte.
21. Kapitel
Feline hatte, trotz der Kürze der Zeit, ein Kleid für mich genäht. Amelie hatte darauf bestanden. Ich hatte schließlich nachgegeben, aber nur unter einer Bedingung. Und nun stand ich hier umringt von zahllosen Elfen, Feen, Faunen, Shellycoats, Vampiren und Werwölfen in einem Kleid, das im Licht der untergehenden Sonne goldbraun glänzte. Es war die Farbe, in der Amias Augen gestrahlt hatten, wenn sie glücklich war. Es war die Farbe ihres Lichtes.
Die Gefallenen und Toten waren am Meeresufer aufgebahrt worden. Es waren weniger, als ich befürchtet hatte, und trotzdem zog sich die Reihe beinahe soweit das Auge reichte. Die Völker hatten beschlossen, gemeinsam Abschied zu nehmen und die Toten dem Meer zu übergeben. Lediglich die Faune würden die ihrigen in den Wald zurückbringen. Schleppend zog die Prozession an den Bahren vorbei. Immer wieder stockte der Zug, weil Angehörige länger bei ihren Toten verweilen wollten.
Endlich erreichten wir Amia. Sie lag auf einer Trage mit rotem Samt. Nie war sie mir schöner vorgekommen. Ihr Haar floss an ihrem Körper hinunter, der in ihr Hochzeitskleid gehüllt war. Miro stand mit Lila im Arm an ihrer Seite und hielt ihre Hand. Sein Gesicht war wie in Stein gemeißelt. Ihr schmales Gesicht leuchtete in der Dunkelheit. Ich kniete neben ihr nieder.
»Es tut mir so leid, Amia«, schluchzte ich, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, nicht zu weinen. »Ich hätte dich retten müssen. Ich hätte dich nicht gehen lassen dürfen. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.«
Ich spürte, wie Calum sich hinter mich kniete, und mich festhielt.
»Ich werde für Lila da sein«, flüsterte ich. Meine Stimme versagte. »Das verspreche ich. Ich werde ihr von dir erzählen. Ich weiß, dass ich dich nicht ersetzen kann. Aber es wird für sie sein, als wärst du immer an unserer Seite, egal wo du ab heute sein wirst. Ich hoffe, dass du sie sehen kannst und sie beschützen wirst.«
Ich konnte nicht weitersprechen. Ich verstand nicht, wie Miro das überleben konnte. Musste sein Schmerz nicht unendlich größer sein? Er hatte sie so sehr geliebt. Ich war sicher, wenn Lila nicht wäre, er wäre Amia in den Tod gefolgt. Mit diesem Schmerz zu leben, war grausamer als alles andere, das wir ertragen hatten. Calum zog mich hoch und hielt mich fest.
»Der Tod ist nicht das Ende«, flüsterte ich die Worte des Heiligen Baumes und hoffte, dass sie wahr waren.
Der Strom der Trauernden war zum Stehen gekommen. Meine ganze Familie hatte sich um Amia gescharrt. Joel hatte einen Arm um Amelie gelegt. Ich hielt Ausschau nach Peter. Er stand mit Raven und Elisien auf einem kleinen Podest. Elisiens Stimme klang durch die Nacht.
Die Dunkelheit, die uns umgab, wurde nur durch einige Fackeln erhellt. Selbst der Mond und die Sterne hatten sich vom Himmel zurückgezogen und trauerten.
»So schwer es uns auch fallen mag«, hörte ich Elisien. »Es ist an der Zeit, Abschied zu nehmen. Abschied zu nehmen, von denen, die wir lieben, und denen zu verzeihen, die sie uns genommen haben. Wir müssen unseren Hass vergessen und Mitleid mit denen haben, die nicht anders konnten, als dem Bösen zu dienen. Jeder von uns, der das Glück hatte, dem Fluch der Undinen zu entgehen, sollte dafür dankbar sein.«
Ich wusste, weshalb Elisien davon sprach. Es gab nicht wenige Stimmen, die forderten, die ehemals Besessenen zu bestrafen. Vor allem die Familien der Toten waren auf der Suche nach Schuldigen. Das Problem war, dass diejenigen, die es betraf, sich an nichts erinnerten. Ich hatte Joel gefragt. Seine letzte Erinnerung bestand darin, dass er Leylin mit Miro und Amia verlassen hatte. Danach war nur Dunkelheit in seinem Kopf. Er war erleichtert gewesen, als sich herausgestellt hatte, dass er in dem Kampf niemanden getötet hatte. Jedenfalls hatte keiner etwas gesehen. Ganz sicher würde er nie sein können. Es gab viele, die mit dem Wissen leben mussten, jemandem das Leben genommen zu haben.
»Die Schuldigen sind vernichtet. Sie werden unsere Welt nicht wieder bedrohen.« Elisien machte eine
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