MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
Verzweifelt begann ich, das lose Geröll hinter mich zu schieben. Immer mehr davon fiel von der niedrigen Decke auf meinen Rücken hinab. Mühsam kämpfte ich mich Zentimeter für Zentimeter hindurch. Jetzt war Excalibur mir keine Hilfe mehr. Ich kam immer langsamer voran. Weshalb war dieses letzte Stückchen mit einem Mal so lang? Ich spürte, wie mir die Luft ausging. Das Geröll drückte meinen Brustkorb zusammen. Wenn ich es nicht schaffte, hier herauszukommen, dann würde ich ersticken. Ich würde Calum nie wiedersehen, ihn nie wieder spüren, nie wieder Schutz in seinen Armen finden. Das durfte nicht sein. Nicht nachdem ich die Undinen besiegt hatte. Dieser verdammte Gang musste ein Ende haben und auf der anderen Seite wartete das offene Meer – meine Rettung. Ich schob mit meiner letzten verzweifelten Kraft. Ich stieß und drückte. Der Sand vor mir gab nach und Wasser schoss in den Gang. Es umspülte mich mit eisiger Frische. Tief atmete ich ein und stieß mich aus dem Gang heraus. Ich war frei.
Meine Freude währte nur kurz. Gesteinsbrocken rasten an mir vorbei und schlugen unter mir auf dem Meeresboden auf. Wirbelnde Sandfontänen stiegen nach oben. Es dauerte ein Augenblick, bis ich realisierte, was hier geschah.
Die Insel brach auseinander. In immer schnellerer Folge brachen Felsstücke und Steine aus den Wänden. Den Druckwellen, die sie durch ihren Aufprall am Meeresboden auslösten, war ich hilflos ausgeliefert. Ich war ihr Spielball, ohne Aussicht auf Rettung. Ich konnte mich nirgendwo festhalten. Ich konnte nur versuchen den Geschossen, die in rasender Geschwindigkeit auf mich zukamen, auszuweichen. Ein Stein traf mich an der Schulter. Der Schmerz lähmte mich. Ich fühlte mich nicht imstande, länger um mein Leben zu kämpfen. Ich war am Ende meiner Kräfte. Die Insel zerbrach und sie würde mich mit in die Tiefe reißen.
Calum, dachte ich verzweifelt. Ich werde es nicht schaffen, zu dir zurückzukehren. Es tut mir leid. Ich habe es versucht. Aber ich kann nicht mehr.
Erschöpfung übermannte mich. Ich ließ einfach alles los. Sollte die Insel mich mitnehmen. Wenn das der Preis war, würde ich ihn zahlen. Immerhin hatte ich meine Aufgabe erfüllt. Ich hatte Calums Welt gerettet. Wieder wurde ich von einer Druckwelle hochgeschleudert. Ich riss die Augen auf. Ein gigantischer Steinkoloss kam mir entgegen. Angstvoll starrte ich ihn an. Er würde mich zermalmen. Ich drehte mich um und versuchte meine letzte Kraft zu mobilisieren. Das Wasser, das er verdrängte, drückte mich zum Meeresgrund. Ich konnte ihm nicht entkommen, nicht wenn ich weiter mit der Geschwindigkeit einer Schnecke schwamm. Dann war er über mir. Er streifte meinen Rücken. Gleichzeitig riss etwas an mir. Ich wurde weiter nach unten gedrückt. Aufschäumender Sand verstopfte mir die Nase, den Mund und die Augen. Ich schlug um mich und versuchte meine Beine zu befreien, die zu keiner Bewegung mehr fähig schienen.
Und dann stand meine Welt still.
20. Kapitel
Ich träume. Es ist ein schöner Traum. Vertraute Hände streicheln mich. Befreien mein Gesicht von Steinen und Sand. Fahren sanft sie über die Wunden auf meiner Haut. Arme halten mich fest und wiegen mich. Ich will nicht aufwachen. Ich will nicht, dass der Traum vorbei ist. Enger schmiege ich mich in die Umarmung. Ich fühle warme Haut auf meiner Wange. Ich rieche vertrauten Duft. Wenn ich aufwache, werden das Brausen und Donnern wieder da sein. Das Kreischen der Undinen gellt durch meinen Kopf. Zerreißt mich. Ich schrecke zusammen, doch die Arme halten mich. Ich höre Calums Stimme. Er tröstet mich, redet leise auf mich ein. »Du wirst mich nicht verlassen«, sagt er. »Es wird alles gut werden, Emma. Hörst du mich?«, fleht er. »Du musst nur aufwachen. Du musst zu mir zurückkommen. Ich werde nicht allein hier bleiben.«
Ich kann meine Augen nicht öffnen. Ich habe Angst, dass der Traum dann im Wasser zerrinnt. Wo bin ich? Ich beginne zu zittern. Bilder des Kampfes formen sich in meinem Kopf. Wie der Scharfmacher einer Kamera fokussiert mein Gehirn ein Bild. Amia in den Armen von Miro. Elins Dreizack steckt tief in ihrer Brust. Auf ihrem Gesicht ein letztes sanftes Lächeln. Ich weiß nicht, ob es Miro, ihrem Bruder oder beiden gilt.
Ich schluchze. Ich will das nicht sehen. Ich schlage um mich. Die Bilder sollen verschwinden.
»Ich bin bei dir«, flüstert Calum in mein Ohr. Er küsst mich. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals. Endlich öffne ich die
Weitere Kostenlose Bücher