Mondspiel: Novelle (German Edition)
riskiert, um den perfekten Weihnachtsbaum für zwei undankbare kleine Gören zu finden. Und der perfekte Baum hat sich als unförmiger, zerzauster Strauch erwiesen!«
»Hier gibt es keine Alligatoren«, widersprach Trevor. »Dein Leben war also nicht wirklich in Gefahr. Als unsere Tante ist es deine Pflicht, solche Dinge zu tun und sie zu genießen , stimmt’s, Dad? Also Kopf hoch. Wir lassen dich auch das erste Weihnachtslied singen.«
Das Geschirrtuch traf Trevor mitten ins Gesicht. »Du grässlicher kleiner Junge!«
»Autsch!« Trevor schlug sich die Hände auf die Brust und täuschte einen Herzinfarkt vor. »Sie durchbohrt mich mit ihren lieblosen Worten.« Er trank seine Schokolade
aus. »Ist noch mehr da?«, fragte er hoffnungsvoll und hielt Jessica den Becher hin.
»Nein, du gehst jetzt ins Bett«, wandte Jessica ein. »Deine Gier ist grenzenlos.«
»Er kann meine Schokolade haben«, sagte Tara und schob ihrem Bruder ihre Tasse hin. »Ich möchte sie sowieso nicht.«
Jessica schnappte die Tasse, ehe Trevor sie ihrer Reichweite entziehen konnte. »Was ist, wenn sie immer noch einen verdorbenen Magen hat,Trev? Trink nicht aus derselben Tasse«, schalt sie ihn. »Tara, ist dir schlecht? Du bist so blass geworden.«
»Ich glaube, mein Magen ist immer noch verdorben«, gab Tara zu. »Vielleicht war aber auch der Schreck zu groß. Mir hat es gar nicht gefallen, dich und Paul von der Klippe stürzen zu sehen.«
»Uns hat es auch nicht besonders gefallen.« Jessica lächelte Paul an.
»He, ich hab’s«, sagte Don plötzlich. »Scherenschnitte. Als ich klein war, haben wir Papierketten an den Baum gehängt. Ich glaube, ich weiß noch, wie das geht.«
»Daran kann ich mich auch noch erinnern«, stimmte Robert ihm zu. »Wir sollten all dieses vollgekritzelte Notenpapier dafür nehmen, das wir weggeworfen haben. Wir alle lieben Musik. Ist das was, Jessie? Brenda, wir haben das auch mal gemacht, eine Liebesgirlande, weil wir keinen Baum hatten.«
Jessica grinste Brenda an, die sichtlich zusammenzuckte, weil sie sich bloßgestellt fühlte. »Eine Liebesgirlande, Brenda? Du bist doch nicht etwa eine ganz Sentimentale, oder?«
»Sie ist so schmalzig wie du, Jessie.« Auch Trevor grinste jetzt breit. »Brenda, du kleine Romantikerin.«
»Also wirklich, Brenda.« Dillon feixte unverhohlen. »Du versetzt mich wahrhaft in Erstaunen. Ich hatte keine Ahnung, dass du unter all dem raffinierten Lack butterweich bist.«
»Hör bloß auf. Robert hat das alles frei erfunden, wie ihr sehr wohl wisst.« Mit einem hochmütigen Gesichtsausdruck reckte Brenda ihre Nase in die Luft.
Brian drohte ihr mit dem Finger. »Robert hat nicht genug Fantasie, um sich so etwas auszudenken, Brenda. Also muss es wahr sein.«
Tara schlang ihre Arme schützend um Brenda und sah alle anderen böse an. »Lasst sie in Ruhe!« Sie drückte Brenda einen Kuss aufs Kinn. »Wir können so viele Girlanden machen, wie du willst. Lass dich von denen nicht beirren.«
Jessica fing Brendas Blick auf. Tränen glitzerten in den Tiefen ihrer Augen. Sie saß vollkommen regungslos da. Die beiden Frauen sahen einander an und verloren sich im Moment. Brenda ließ ihre Lippen kurz über Taras Haar gleiten und sah Jessica immer noch in die Augen. »Danke«, hauchte sie und blinzelte mehrfach, um unerwünschte Gefühle abzuschütteln.
»Gern geschehen«, gab Jessica mit feuchten Augen lautlos zurück.
Dillon spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte und sein Herz vor Stolz anschwoll, als er diesen stummen Austausch beobachtete. Jessica brachte Licht in ihrer aller Leben. Mühelos hätte sie die Zwillinge gegen Brenda oder ihn aufhetzen können. Die Kinder liebten Jessica mehr als jeden anderen Menschen und waren ihr gegenüber absolut loyal. Ein einziges Wort von ihr hätte genügt, damit die Zwillinge gar nicht erst versuchten, mit all den
verschiedenen Charakteren um sie herum umzugehen. Jessica war so großmütig gewesen, sie mit anderen zu teilen, und sie hatte beiden ihre eigene Großzügigkeit eingeimpft. Er wusste, dass Brenda auf andere oft kalt und gleichgültig wirkte. Er war stolz auf seine Kinder, weil sie hinter die Barriere blickten, die sie gegenüber der Außenwelt errichtet hatte, und dort die wahre Frau fanden.
»Popcornschnüre sind natürlich auch noch eine Möglichkeit«, sagte Paul. »Die lassen sich leicht herstellen. Früher haben wir sie in unserem Keller aufgefädelt, Brian.«
»Das meiste Popcorn haben wir vorher aufgegessen«,
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