Mondsplitter
überlegt hatte, was er seinen Freunden antat. Trotzdem schien der Weg zur Präsidentschaft direkt über die Mondbasis zu führen. Direkt durch das Zentrum dieses gottverdammten Kometen.
Weitere Luken schlossen sich irgendwo in der Tiefe der Raumfähre.
Rick zog die Jalousie herunter.
BEKANNTMACHUNG DES PACIFIC NEWS NETWORK, 15 Uhr 56
Via Pool Agreement an die mitwirkenden Sender verteilt.
Hier spricht Tashi Yomiuri live aus dem Mondorbit. Ich bin auf einer der einstufigen Raumfähren, der Rom, und wir nehmen gerade die letzten Passagiere an Bord, ehe wir zur Erde zurückfliegen. Der Komet ist noch etwa dreizehn Millionen Kilometer entfernt und nähert sich uns mit fast eins Komma sechs Millionen Kilometern pro Stunde.
Wir umkreisen den Mond dreimal am Tag in einer Höhe von etwa dreitausend Kilometern, was bedeutet, daß wir den Kometen alle acht Stunden aufgehen und wieder untergehen sehen. Wir konnten dabei verfolgen, wie er ständig größer wird.
Die Stimmung an Bord des Raumschiffs ist trüb. Die Menschen haben Angst, und sie werden sehr froh sein, wenn sie endlich unterwegs sind.
WALL STREET JOURNAL, ELEKTRONISCHE AUSGABE
Auszug aus einem Kommentar von Melinda Bright.
Die Leute spekulieren darüber, von wie weit der Komet kommt, wie alt er ist, warum er so schnell ist. Wir haben Andeutungen von Astronomen gehört, er könnte aus einer Supernova herausgeschleudert worden sein, und daß, falls es so war, diese Supernova vor Millionen, vielleicht sogar Milliarden Jahren stattgefunden haben muß.
Falls das zutrifft, dann kennt dieses Ding die Nummer des Mondes schon lange. Ich erinnere mich, wie ich als kleines Mädchen auf unserem Hinterhof in Kentucky saß, von meiner Schaukel aus den Mond betrachtete und mir überlegte, wie lange er schon am Himmel stand und daß er es wohl für immer tun würde. Jetzt wissen wir, daß es nicht so sein wird. Der Komet war möglicherweise schon unterwegs, als die ersten Menschen von den Bäumen herunterkletterten, und der heutige Tag war damals schon mit aller Unausweichlichkeit einer quadratischen Gleichung auf irgendeinem kosmischen Kalender markiert. Wir beglückwünschen uns die letzten Tage ständig, daß der Komet den Mond trifft und nicht die Erde. Und ich denke ebenfalls: Wir haben Grund für das Gefühl, daß wir noch Glück haben.
Aber es ist kein Grund, um auch glücklich zu sein. Der Mond ist ein alter Freund, viel älter als unsere Lebensform. Er gehört einfach zu dem, was wir sind, und zu der Art, wie wir leben. Er macht uns weicher.
Wir assoziieren ihn mit unseren zartesten Empfindungen. Wir haben aus ihm eine Göttin gemacht und Lieder und Gedichte über ihn geschrieben. In seinem silbernen Licht haben wir uns gegenseitig unserer Liebe versichert. Vielleicht begreifen wir erst dann, wenn wir ihn nicht mehr sehen, wenn diese auf Besuch weilende Monstrosität sein Licht für alle künftigen Generationen ausgelöscht hat, was wir verloren haben.
Einstufen-Raumfähre Rom, Flugdeck, 16 Uhr 04
John Verrano steuerte die Maschine sachte auf den neuen Kurs, verfolgte, wie die Uhr bis null herunterzählte, und spürte, wie sich die Triebwerke einschalteten. Die Kraft, die sie erzeugten, drückte ihn tief in den Sitz, während das Raumschiff aus dem Orbit aufstieg.
3.
Mondbasis, Main Plaza, 18 Uhr 01
Die Nachricht, daß versucht werden würde, auch die letzte Gruppe noch herauszuholen, hatte Kaplan Pinnacles Seele in Schwung gebracht. Er hatte sich bemüht, durch diese ganze Prüfung hindurch eine stoische Haltung zu wahren. In Deine Hände, o Herr … Aber das Leben war von unschätzbarem Wert, und Gott wußte, daß Mark sich noch nicht davon trennen wollte.
Er saß im Victor-Hugo-Straßencafe an einem Tisch neben einer Gruppe von Palmen. Niemand ging jetzt mehr zwischen den Bäumen spazieren. Die Lichter in den Büros waren ausgegangen, und die künstlich erzeugte Brise, die scharf nach Minze roch, wehte durch die Parks. In der ganzen bewaldeten Weite der Main Plaza erblickte Mark nur ein junges Paar, das still dahinspazierte und sich dabei allmählich der Straßenbahnhaltestelle näherte.
Eine Handvoll Personen kamen eine der nach oben führenden Rampen herauf, eilten mitten durch das Einkaufszentrum und schlossen sich dem jungen Paar an. Der Kaplan sah auf die Uhr. Nur noch vier Flüge würden starten, drei davon zu der einsamen Raumfähre, die noch im Orbit war. Und schließlich sein Flug, dessen
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