Mondsplitter
aussetzte (oder vielleicht deswegen), fühlte er sich jetzt wieder gut. Vielleicht konnten sie es wirklich schaffen.
Er dachte gar nicht daran, daß er nicht als einziger unter Schuldgefühlen litt. Elias Tobin, der Techniker, der das falsche Ventil installierte hatte, hinterließ in einem Brief, daß er den Vorfall bedauerte, und nahm eine Überdosis Beruhigungsmittel. Er überlebte, weil ein besorgter Freund nach ihm sah. Später bat Elias darum, bei der Chandler-Gruppe bleiben zu dürfen, aber Jack lehnte es ab, als ein Therapeut die Meinung äußerte, Tobin wäre nicht fähig, eine rationale Entscheidung zu fällen.
Sie setzten ihn etwa zu dem Zeitpunkt, als Evelyn mit dem Vizepräsidenten sprach, in einen Mondbus.
Mondbasis, Büro des Direktors, 13 Uhr 57
Chandler musterte Angela Hawkworth über den Schreibtisch hinweg. »Wir haben einen weiteren Freiwilligen. Damit sind Sie vom Haken. Sie nehmen den Flug, der später heute nachmittag abgeht. Fragen Sie Susan nach den Einzelheiten.«
Sie wich seinem Blick aus. »Jack«, sagte sie, »es tut mir so leid …«
»Ist schon okay.« Sie war die letzte der Gruppe gewesen, die von Evelyn zum Bleiben genötigt wurde.
»Ich war bereit zu bleiben. Das wissen Sie.«
»Ja.«
Sie stand auf, wollte unbedingt weg, ehe sich etwas änderte. »Wer ist es?«
»Caparatti. Wir setzen alle in einen Bus und probieren, noch davonzukommen. Dazu muß sich Caparatti um die technischen Details kümmern, also bleibt er.«
Sie ruckte und traf Anstalten, sich zu entfernen. »Ich wäre auch geblieben.«
»Es ist okay, Angela. Jeder weiß es.«
Carlisle, Pennsylvania, 14 Uhr 15
Claire steuerte den Laster vorsichtig unter eine Reihe von Ulmen und parkte vor einem restaurierten Haus vor der Jahrhundertwende. Es war von breiten Rasenflächen umgeben und hatte eine Auffahrt, die sich in einer Biegung um das Haus zog. Die Luft war hier kälter, als sie im südlichen Jersey gewesen war, und Rauch stieg aus dem Schornstein auf. Ein Basketballkorb war über der Garagentür montiert, und weiter hinten konnte man gerade noch ein paar Schaukeln erkennen.
Archie stieg aus, und er fühlte sich steif und ungewaschen und im Grunde nicht präsentabel. Die Bewohner standen jedoch schon vor der Haustür: eine Frau mittleren Alters und noch jemand, ein älterer Mann, hinter ihr. Walters Logenkumpel, die ihr Heim zweien seiner Angestellten öffneten.
Die Frau trat vor, musterte sie für einige Augenblicke und ging dann endgültig auf sie zu.
Archie hob die Hand, um sie zu begrüßen. »Hallo«, sagte er.
Sie sah nicht besonders gut aus. Sie wirkte an Geist und Körper gebrechlich, machte den Eindruck einer Frau, die aus geborstenem Glas bestand. »Archie?« Sie streckte die Hand aus. »Ich heiße Mariel Esterhazy. Ich bin froh, daß Sie hier gut angekommen sind.«
Archie hatte ihnen eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, um die Verspätung zu erklären. »Schön, Sie kennenzulernen, Mariel«, sagte er. Er stellte Claire vor.
»Mein Mann arbeitet noch«, sagte Mariel. »Aber falls Sie Ihr Gepäck ins Haus bringen, quartieren wie Sie schon mal ein.«
Der Mann, der an der Tür hinter ihr gestanden hatte, kam heraus auf die Veranda. Er war klein, und Ausdruck und Haltung hätten bei einem Rottweiler gut ausgesehen. Er trug eine dicke Brille, einen blauen Blazer und Halbschuhe.
»Wir haben uns den ganzen Vormittag lang die Reportagen angesehen«, sagte Mariel. »Diese Mondgeschichte hat die Leute wirklich aufgestört, nicht wahr, Scott?« Sie gab dem Mann mit einem ungeduldigen Wink zu verstehen, daß er Claire mit ihrer Tasche helfen sollte.
Scott stellte sich als ihr Schwiegervater heraus. Er ließ Claire erst zu ihm kommen, ehe er ihr die Tasche abnahm. Archie erkannte, daß er mit den Gästen nicht völlig einverstanden war. »Mehrere Ihrer Laster sind in der Stadt eingetroffen«, sagte Scott und gab sich kaum Mühe, seinen Widerwillen zu verhehlen. »Wie viele sind es insgesamt?«
»Achtzehn.«
»Ich denke, wir können davon ausgehen, daß bei etwa der Hälfte der Verbleib geklärt ist.« Er schaffte es, den Eindruck zu verbreiten, daß ihm Unannehmlichkeiten bereitet wurden, hob Claires Tasche auf und schleppte sie ins Haus.
Mariel führte sie in ihre Zimmer und lud sie ein, wieder nach unten zu kommen, sobald sie bereit waren. Archies Zimmer war viel hübscher als alles, was man ihm je zuvor als Unterkunft angeboten hatte. Es enthielt ein kunstvoll
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