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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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nicht ganz schlüssig. Sicher war er sich jedoch der Tatsache, daß er nicht auf die Erde zurückkehren wollte, zurück zu dem zermalmenden Gewicht in der Brust, zurück zu der ständigen Angst, wenn er abends zu Bett ging, daß er am Morgen nicht mehr aufwachen würde.
    Wahrscheinlich konnte er auf Skyport unterkommen, aber dort hatte er keine Aufgabe. Dort wäre er nur nutzloses Zubehör, ein mitleiderregender Exbürokrat, der Platz und Ressourcen verbrauchte. Und die Schwerelosigkeit brachte ohnehin nur weiteren Verfall. Nein. Was er brauchte, war ein sauberes Ende. Einen Punkt zu setzen und es hinter sich zu haben.
     
     
Mondbasis, Straßenbahn-Haltestelle, 21 Uhr 32
     
    Die Bahn wartete.
    Sie stiegen ein, Evelyn und Charlie, der Kaplan und Morley. Morley fragte, ob er den Vizepräsidenten interviewen könne, wenn sie den Raumhafen erreichten. Nur, um kurz seine Reaktionen einzufangen, ganz beiläufig, ganz schnell. Charlie wußte, daß Rick einer solchen Absprache ohne Vorbereitung nie zugestimmt hätte, aus Furcht, Charlie könnte das Falsche sagen, Angst eingestehen, Unschlüssigkeit demonstrieren, irgend etwas sagen, was man später gegen ihn verwenden konnte. Also war er gleich bereit. Dann lehnte er sich zurück, um einen letzten Blick auf das Innere der Mondbasis zu werfen. Neben ihm machte Pinnacle einen besorgten Eindruck.
    »Sind Sie okay, Kaplan?« erkundigte sich Charlie.
    »Ja.« Pinnacles Blick ging in die Ferne. »Sie haben großes Glück, Herr Vizepräsident. Wie immer die Sache ausgeht, Sie haben in Ihrem Leben viel erreicht.«
    Charlie dachte darüber nach, während sich die Bahn von der Haltestelle entfernte. Sie navigierte durch die Main Plaza hindurch, durchquerte Wäldchen und Gärten, fuhr an Reihen abgedunkelter Geschäfte vorbei, die den Eindruck erweckten, schon lange leerzustehen. Der Duft von frisch gemähtem grünen Gras hing in der Luft.
    »Ich weiß nicht so recht«, sagte Charlie. »Ich gebe zu, daß ich mehr erreicht habe, als ich je für möglich gehalten hätte. Aber alles liegt in der Position begründet. Ich weiß nicht, ob ich jemals etwas wirklich selbst geschafft habe.« Wahrscheinlich behielten viele Leute da draußen den Kaplan aus dem einen oder anderen Grund in guter Erinnerung. Aber wessen Lebensumstände waren besser, nur weil Charlie Haskell gelebt hatte? »Was würden Sie an Ihrem Leben ändern?« fragte er auf einmal. »Was würden Sie anders machen?«
    Der Kaplan dachte darüber nach. »Veronica«, sagte er.
    »Veronica?« Charlie hatte eine in frommen Begriffen formulierte Antwort erwartet, vielleicht, daß der Kaplan es nicht geschafft hätte, ausreichend gütig zu sein. Aber nicht etwas so Weltliches wie einen Frauennamen! »Eine alte Freundin?«
    »Nein. Zu meiner ewigen Schande.« Pinnacle lächelte schüchtern. »Vor Jahren habe ich so etwas wie eine Leidenschaft für Veronica entwickelt. Als ich neunzehn war. Ich glaube, diese Leidenschaft dauert immer noch an.«
    »Was ist passiert?«
    »Nicht viel. Wir haben uns ein paarmal getroffen. Drei Monate lang. Dann hat Veronica das Interesse verloren.«
    »Oh.« Charlie blickte über die Schulter des Kaplans zu einem Ulmenbestand hinüber. »Es muß eine ganz schön starke Leidenschaft sein, wenn sie so viele Jahre überdauert hat. Was ist aus Veronica geworden?«
    Pinnacle zuckte die Achseln. »Ich habe sie beim Wort genommen und bin nie wieder hingegangen.«
    »Nicht ein einziges Mal?«
    Pinnacle lachte leise und schüttelte den Kopf. »Stolz ist mörderisch, nicht wahr? Kein Laster ist destruktiver, denke ich.«
    Sie fuhren durch gepflegte Parks und kamen an Haltestellen vorbei, an denen niemand wartete. Schließlich blieben die grünen Landschaften zurück. Es ging aus der Main Plaza heraus und über die Brücke eines Grabens, der als Standort für die Bergbau- und Industrieabteilung geplant gewesen war. Dann ging es in einen Tunnel. In der Bahn wurde es dunkel, und die Lichter sprangen an. Sie fuhren jetzt bergauf.
    »Was ist mit Ihnen?« fragte der Kaplan. »Was würden Sie anders machen?«
    Charlie überlegte. »Ich hätte gern ein paar Kinder.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Nein«, sagte Charlie. »Ich bin nie dazu gekommen.«
    »Was man nie gewagt hat«, sagte der Kaplan.
    »Wie bitte?«
    »Bedauern dreht sich immer um etwas, was man nie gewagt hat. Nie um Dinge, die wir getan haben, aber lieber hätten bleiben lassen. Immer nur um versäumte Gelegenheiten.«
    »Yeah«, sagte Charlie. »Ich denke, so

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