Mondsplitter
hat mir gesagt, daß Tony Casaway und Alisa Rolnikaya …« Er sprach ihren Namen mit Bedacht aus und bemühte sich sehr, es richtig zu machen. »… zwei der besten Piloten sind, die wir haben. Ich bin zuversichtlich, daß alles zu einem guten Ende kommen wird.«
Bigfoot tauchte auf. »Der Mikrobus ist in der Zeit«, sagte er auf die übertrieben dramatische, hölzerne Art eines ungeschickten Amateurschauspielers. Charlie entschied, daß Morley Bigfoot ein Stichwort gegeben hatte. »Wir starten aus Hangar vier.«
Bigfoot wartete eine Minute, bis Morley und der Vizepräsident ein paar Worte gewechselt hatten. Ja, räumte Charlie ein, dies sei eine nervlich belastende Situation, und er würde sich besser fühlen, wenn er erst unterwegs wäre. Dann drehte Charlie den Spieß um und fragte Morley nach seinen Gedanken. Der Reporter erwies sich als zugänglich und lachte, und sie zeichneten eine Unterhaltung auf, die, wie Charlie wußte, gut lief.
»Das wird nicht das Ende der bemannten Raumfahrt sein«, erklärte Charlie dem Fernsehpublikum zum Schluß des Interviews. »Auf die eine oder andere Art werden wir uns zurückmelden.«
Im Grunde glaubte er es nicht, obwohl es ihm die richtigen Worte zu sein schienen. Aber falls ›zurückmelden‹ in diesem Fall bedeutete, wieder ins All zu fliegen, dann würde es dazu nicht kommen. Die Wirtschaft gab es nicht mehr her. Vielleicht begann die bemannte Raumfahrt eines Tages wieder, aber erst in ganz ferner Zukunft, so fern, daß die menschliche Rasse vielleicht bis dahin vergaß, jemals zum Mond geflogen zu sein. Charlie hatte Mondbasis International, die Mondverkehrsbehörde und die NASA immer unterstützt, aber er wußte, aus welcher Richtung der Wind nach dieser Geschichte wehen würde. Beim nächsten Wahlkampf ging es auf jeden Fall um finanzpolitische Vernunft. Nächstes Mal würden sie es einer späteren Generation überlassen, sich in Armut zu stürzen.
Für einen kurzen Augenblick hatten sie den Himmel berührt. Und es war sinnlos gewesen.
In Charlie herrschte eine gewaltige Leere. Das Weiße Haus schien weit entfernt, so abgelegen und unerreichbar wie der Mars. Tränen stiegen ihm in die Augen, und er wußte nicht recht, wem oder was sie galten – ihm selbst oder etwas viel Größerem.
Bigfoot knirschte mit den Zähnen und blickte auf die Uhr. Charlie signalisierte, daß es genug war. Morley bedankte sich vor der Kamera bei ihm, verabschiedete sich, schaltete die Kamera aus und bedankte sich erneut bei ihm.
Bigfoot führte sie in den Warteraum für die Fluggäste. »Ich rede über die Rundspruchanlage mit Ihnen«, sagte er. »Sobald ich Sie dazu auffordere, gehen Sie durch den Tunnel dort drüben.« Er deutete hinüber. »Die Tür am anderen Ende wird geschlossen sein. Sie geht auf, sobald der Mikrobus gelandet ist. Dahinter folgt ein Schlauch. Durchqueren Sie den Schlauch und betreten Sie die Passagierkabine. So schnell Sie können! Okay? Ich brauche nicht zu betonen, daß wir keine Zeit zu verschenken haben.«
»Was ist mit Ihnen?« fragte Evelyn.
»Machen Sie sich keine Sorgen um mich. Ich steige durch eine andere Tür ein.« Er ging los, drehte sich aber noch einmal um. »Viel Glück«, sagte er.
Er ließ sie stehen, und Evelyn blickte auf die Uhr. »Es wird spät. Was, denken Sie, hält Jack wohl auf?«
Mondbasis, McNair Country, 22 Uhr 01
Die Medikamente wirkten offensichtlich nicht. Jack öffnete die untere Schublade eines Beistelltisches und holte eine Flasche Scotch hervor. Er goß sich ein Glas pur ein und trank es aus. Wärme breitete sich in ihm aus, und die Spannung lockerte sich allmählich.
Sein Funktelefon klingelte. »Jack?« Es war Evelyn. »Um Gottes willen, wo steckst du? Es wird spät!«
»Ich habe mich entschieden, nicht mitzukommen, Evelyn.«
»Jack, das kannst du nicht machen!«
»Ich möchte nicht zurück.«
»Ich denke, wir sollten später darüber reden. Wo bist du jetzt?«
»In meiner Wohnung.«
»Mein Gott, Jack …«
»Ist schon okay. Ich könnte nicht mehr rechtzeitig hinüberkommen, selbst wenn ich wollte.«
»Jack …« Er hörte, wie sie sich bemühte, die Stimme in der Gewalt zu behalten. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, daß sie sich wirklich etwas aus ihm machte. Mehr als nur in beruflicher Hinsicht.
»Viel Glück, Evelyn. Ihr schafft es. Und danke für alles.«
Er trennte die Verbindung. Als das Funktelefon wieder klingelte, nahm er die Batterien heraus und legte sie auf den Tisch. Dann zog
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