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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Geräusche der überlasteten Schotte klangen nur zu bedrohlich. Charlie spürte, daß niemand mehr damit rechnete, es lebend zu überstehen, daß beinahe der Wunsch bestand, es möge enden. Um es hinter sich zu haben.
    Allmählich wurden die Schwankungen, die der Mikrobus vollführte, weniger heftig, und es kam zu längeren Strecken relativ ruhigen Fluges.
    »Vielleicht haben wir das Schlimmste hinter uns«, sagte Morley, der hinter ihm saß. Sie saßen alle getrennt, jeweils einer auf einem Sitzpaar. Um die optimale Balance zu erhalten, hatte Tony gesagt. Charlie konnte jetzt verstehen, warum der Pilot jeden kleinen Vorteil hatte wahrnehmen wollen.
    »Das hoffe ich«, versetzte Charlie. Zwei Notlampen brannten und verbreiteten einen matten Schimmer, der gerade ausreichte, um Silhouetten zu erkennen. »Alles okay, Evelyn?«
    »Mir geht’s gut.« Sie klang seltsam.
    Er konnte sie nicht sehen. Sie saß hinter ihm auf der anderen Seite des Gangs.
    Der Kaplan verkündete gerade, mit ihm wäre alles okay, als der Mikro nach vorn kippte und sich überschlug. Charlies Gurte schnitten ihm in die Schultern. Der Magen drückte abwärts in eine dunkle, feuchte Stelle hinein, während sich der Bus weiter drehte. Charlie packte die Armlehnen. Ein Schatten fiel auf sein Fenster, und er blickte auf, sah aber nur Dunkelheit mit einer Kreuzschattierung aus Feuer. Morley schrie auf, das erste Signal der Angst, das von ihm zu hören war. Es freute Charlie zu erleben, daß auch Morley ein Mensch war. Es war ärgerlich, in einer verzweifelten Lage zu stecken und jemanden dabeizuhaben, dem die Gefahr anscheinend nichts ausmachte. Mit dem Mikrophon, dachte Charlie, war Morley irgendwie über die Vorgänge erhaben und konnte sie von außen betrachten. Jetzt, ohne diese Verbindung, ist er nur noch einer von uns.
    »Haben Sie das gesehen?« Morley starrte zum Fenster hinaus, und sein Tonfall lag eine Oktave über dem vollen Bariton, den Transglobal-Zuschauer gut kannten.
    »Yeah«, sagte Charlie. Er hatte zwar nichts gesehen, aber sie waren wieder auf Kurs, und nur das interessierte ihn.
     
     
Einstufen-Raumfähre Rom, Flugdeck, 146.000 Kilometer von Luna, 22 Uhr 45
     
    Verrano sah den Stein zu keinem Zeitpunkt. Er schwebte aus dem zufälligen Sammelsurium auf seinen Monitoren hervor und erwischte Triebwerk zwei. Die Rom zitterte; die Treibstoffleitung wurde abgeriegelt, und das Triebwerk schaltete ab. Die Raumfähre ging in eine langsame Drehung über. Ehe Verrano sie wieder in die Hand bekam, flüsterte sein Copilot eine Warnung: »Was Großes im Anflug.«
    Verrano gab alles an Schub, was er nur kriegen konnte.
    Das Ding kam von hinten herangeschossen, und er stellte fest, daß die Heckoptik ausgefallen war und er es nicht sehen konnte. Er spürte jedoch seine Gegenwart und schätzte die Größe anhand der Radarimpulse auf mehrere hundert Meter. Ein Berg.
    Die Veränderungen des Radarbildes deuteten an, daß es rotierte.
    In der Passagierkabine hatte Rick Hailey heftiges Herzklopfen. Er wurde kräftig gegen die Rückenlehne gedrückt. Er hatte die Augen geschlossen, lauschte dem Prasseln von Trümmerstücken am Rumpf der Maschine und versuchte zu überlegen, wie er diese Erfahrung in eine von Haskells Reden umsetzen konnte. Aber er wußte, daß jetzt ein kritischer Augenblick war, hatte die Veränderung im Klang der Triebwerke gehört, die plötzlichen, ruckhaften Kursabweichungen gespürt und wußte, daß der Pilot versuchte, irgend etwas auszuweichen.
    Mehrere Sitzreihen hinter ihm redete die Fernsehkorrespondentin immer noch in ihr Mikrophon. Hinter und links neben ihm saßen Sam Anderson und Isabel. Slade Elliott folgte weiter hinten in der Raumfähre: Captain Pierce, Skipper der Shadow, der hundert gefährliche Begegnungen überlebt hatte.
    Aber nicht diese.
    Die Welt zerbrach, und eine schreckliche Kälte packte Ricks Hals. Er starb mit der Überlegung, ob Charlie Haskell in der Lage sein würde, ihm angemessen Tribut zu zollen.
     
     
Mikrobus, Flugdeck, 22 Uhr 48
     
    »Ich denke, wir sind okay.«
    Saber zuckte zusammen, als Tony das sagte, und wußte instinktiv, daß sich die Bemerkung als unglückselig entpuppen würde. Sie klang zu sehr nach Grabinschrift. Und Saber behielt recht.
    Die Langstreckenscanner waren völlig nutzlos. Zu viele Trümmer flogen hinter ihnen frei durch den Raum, und sie alle näherten sich zu schnell. Der Radar hatte sich beruhigt und gab mehr oder weniger gleichmäßige Pinglaute von sich, aber

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