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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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liebten.
    Für Rick war es eine klare Demonstration dessen, worum es in dem Spiel wirklich ging. Die Medien behaupteten, Wahlkämpfe wären oft substanzlos. Aber die Medien hatten keine Ahnung von der Technik des Wahlkampfes. Wenn sie klagten, nur selten würden Themen diskutiert, die Debatte würde zu persönlich, am Ende wäre alles im Nebel verschwunden, dann entging ihnen der Kern: Ein Wahlkampf ist eine Kunstform. Sein Zweck besteht nicht darin, die aktuellen Sachfragen zu klären, sondern einen Gegner in die Zange zu nehmen. Zuzusehen, wie er sich aus Anschuldigungen und versteckten Andeutungen herauszuwinden versucht. Charlies besondere Gabe bestand darin, daß er diese Chirurgie freundlich, harmlos, warmherzig durchführen konnte. Das gefiel den Leuten. Was ihnen nicht gefiel, waren unversöhnliche Politiker oder brutale Kämpfer.
    Etwas krachte an die Raumfähre, und die Kabine kippte erst in die eine, dann die andere Richtung. Menschen schrien entsetzt, und Rick umklammerte die Armlehnen, daß die Knöchel weiß hervortraten. Aber der Flug wurde wieder ruhig, und der Pilot meldete sich über Lautsprecher: »Kein Grund zur Sorge, Leute. Nur ein Bruchstück, das vom Rumpf abgeprallt ist. Wahrscheinlich passiert das noch öfter, aber wir sind in Ordnung.«
    Mühsam lenkte Rick seine Gedanken wieder auf die Ankunft des Vizepräsidenten auf dem Flughafen Dulles. Er malte sich die Szene aus, wie Charlie aus der Maschine stieg, den Leuten zuwinkte und für seine Stellungnahme auf ein Podium trat.
    Politik war Kampf um die Macht in seiner reinsten und schlichtesten Form. Falls die Wähler Glück hatten, verbesserte der Wahlsieger anschließend ihr Los, weil er ihre Stimmen bei der nächsten Wahl erneut brauchte. Oder weil er gern populär war. Aber Sachthemen waren irrelevant. Waren es wahrscheinlich schon immer gewesen. Sobald das Zeitalter der Massenmedien angebrochen war, hatten sich Präsidenten zu Unterhaltungskünstlern, zu Stars entwickelt, wenn sie clever waren. Franklin D. Roosevelt benutzte seine Plauderstündchen am Kamin; Kennedy duldete auf Pressekonferenzen spontane Fragen und verließ sich dabei auf Geist und Charme. Reagan wußte aus seinen Filmen genau, wie sich ein Präsident zu benehmen hatte, und er hatte gerade so viel Schauspieltalent, um das herüberzubringen. In diesem Sinn war er der erste moderne Präsident gewesen.
    Das Land hatte eine ganze Weile gebraucht, um es zu kapieren. Aber schließlich hatte es das. Weder Lincoln noch Washington hätten im Zeitalter der Massenmedien die Chance gehabt, eine Wahl zu gewinnen. Und vielleicht war das nur gut so. Rick wußte, daß keiner von beiden auf seine Ratschläge gehört hätte.
     
     
Einstufen-Raumfähre Arlington, Flugdeck, 23.000 Kilometer von Luna, 22 Uhr 43
     
    George hätte seine Seele für seine alte A-77 Blackjack eingetauscht. Die Raumfähre schleppte einfach zuviel Masse mit, reagierte zu träge und bildete ein zu großes Ziel.
    Außerdem erlebte er eine beunruhigende Sinnestäuschung. Als im wesentlichen erdgebundener Pilot war er es gewöhnt, beim Fliegen ein Gefühl der Fortbewegung zu haben: vorbeiziehende Wolken, das herannahende Skyport, der unter ihm zurückfallende Flughafen Dulles. Hier draußen wirkte die Umgebung erstarrt, sogar der Komet. Nichts bewegte sich jemals.
    Außer der Explosionsfront, die über ihn hinweggepeitscht war und ihm die Raumfähre aus den Händen reißen wollte. Das Heckleitwerk war demoliert, und ein Stein hatte eine der Dachsektionen durchschlagen. George wußte, daß der Rumpf beschädigt war, aber nicht, in welchem Ausmaß. Und weiterhin wirbelte allerlei Zeug auf ihn ein. Die Bruchstücke waren jetzt eher größer als die Staubstürme und fliegenden Steine der ersten Welle, aber sie waren nicht mehr ganz so schnell, so daß er ihnen leichter ausweichen konnte.
    Er schaltete die Bordsprechanlage ein und sagte den Passagieren, er wüßte, daß es bislang ein rauher Flug war, versicherte ihnen aber auch, daß sie es alle heil überstehen würden.
     
     
Mikrobus, Passagierkabine, 22 Uhr 44
     
    In der Kabine war es ruhig. Morleys vorangegangenes einsilbiges Murmeln hatte Charlie geärgert, aber jetzt fehlte es ihm. Es war ihr letztes Bindeglied zur Welt gewesen. Jetzt, wo das Licht ausgefallen war und das surreale Geschehen draußen durch die Fenster hereinzuplatzen drohte, hätte das Weltliche wirklich ganz nett gewirkt.
    Furcht war ansteckend. Der Bus schlingerte weiterhin heftig, und die

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