Mondsplitter
zur Amtseinführung. Kein Präsident, sagte er, wäre zu einem dunkleren Zeitpunkt vereidigt worden. Er wollte jedoch tun, was in seinen Kräften stand, um zusammen mit der geballten Hilfe des amerikanischen Volkes und seiner Freunde in der ganzen Welt sicherzustellen, daß die Nation dieses Ereignis überlebte, um ihre Last zu mildern, künftige Katastrophen abzuwehren und den langen Vorgang des Wiederaufbaus einzuleiten. »Wir werden weitermachen«, sagte er. »Wir ziehen unsere Lehren und lassen uns nicht beirren. Der zerbrochene Mond bleibt an unserem Himmel, um uns daran zu erinnern, daß wir auf der Erde nicht isoliert sind. Hinter ihr liegt eine größere Welt, und wir müssen erkennen, daß wir dieser größeren Welt angehören. Wir müssen lernen, uns mit Hilfe unserer Technik so gut zu schützen, wie wir können, und wir müssen neu darüber nachdenken, wer wir sind. In dieser Nacht haben wir einen kritischen Zeitpunkt unserer Geschichte erreicht. Wir müssen unsere Verluste akzeptieren, weil uns nichts anderes übrigbleibt. Wir geben uns jedoch nicht geschlagen; wir ziehen weiter, denn alles andere wäre Verrat an denen, die in den zurückliegenden Stunden umgekommen sind.«
Nach der Zeremonie tranken alle auf seinen Erfolg. Evelyn hatte ein Programm für das Ereignis entworfen, und Saber hatte die nötigen Exemplare ausgedruckt, und alle baten ihn, ihre Kopien zu unterzeichnen.
»Ganz so habe ich mir meine Amtseinführung nicht vorgestellt«, erklärte er ihnen. »Normalerweise gehören dazu eine Parade, Tanzveranstaltungen, Würdenträger und jede Menge Berichterstattung in der Presse.« Er lächelte Keith Morley an, der sich bereitgefunden hatte, das Mikrophon vorübergehend abzuschalten. »Diese Amtseinführung verläuft ruhiger als die meisten. Aber ich denke, kein anderer Präsident hatte soviel Glück, was die Menschen anging, die ihm bei diesem Übergangsritus zur Seite standen. Sowohl die lebenden wie die toten.« Er hob sein Glas, um auch sie zu grüßen. »Danke.«
4.
WPYX-REPORTAGE, 4 Uhr 33 Pazifische Sommerzeit (7 Uhr 33 Ostküsten-Sommerzeit)
(Ein Helikopter mit langsam kreisenden Rotoren im Hintergrund.)
» … über dem Neuen Countygericht in Los Angeles. Von unserer Position hier oben können wir die Gerichtshalle sehen, das Bundesgebäude, das Gemeindezentrum. Überall dringen verängstigte Massen in jedes Gebäude, jeden Wolkenkratzer ein, den sie nur finden können, um in die Höhe zu kommen. (Lärm vieler Menschen, Explosionen, Schußwechsel im Hintergrund.)
Wir sehen Lampen und Menschen, die sich auf den oberen Stockwerken des Polizeihauptquartiers und im Museum für Zeitgenössische Kunst bewegen. Soweit wir feststellen können, gibt es in der Stadt keine organisierte Polizei mehr. Die Straßen sind voller Menschen. Ich weiß nicht, wo sie alle herkommen.
Soweit wir informiert sind, sind alle Highways, die aus der Stadt führen, nach wie vor hoffnungslos verstopft. Die PacRail hat natürlich schon früher am Abend den Betrieb eingestellt, und somit bleibt den Menschen nur eine einzige Fluchtmöglichkeit: Sie müssen in eine größere Höhe gelangen, als die Flutwelle erreicht. Wie hoch auch immer das sein mag. Inzwischen kann man sogar hören, daß Menschen auch unser Gebäude heraufkommen.
Okay, das ist die Geschichte von der Hill Street und dem Beverly Boulevard. Wir schalten jetzt zu Linda Tellier in unserem Nachrichtenhubschrauber in Redondo Beach um. Linda?«
»Danke, Rod. Wir sind hier etwa achthundert Meter von der Küste entfernt und erwarten die erste der Flutwellen, die der Nationale Wetterdienst über die letzten Stunden hinweg gemeldet hat. Wir sind jetzt direkt über dem Wasser, und obwohl man im Dunkeln nichts sieht, erlebt Redondo Beach wohl einen außergewöhnlich niedrigen Wasserstand. Das ist eines der sichersten Anzeichen einer sich nähernden Flutwelle.
Wenn wir nach Osten blicken, sehen wir die Lichter von Torrance und Inglewood. Die Interstate 405 liegt fast ganz in Dunkelheit, Rod. Sie steht voller verlassener Autos. Bis vor etwa einer Stunde waren Polizei und Militäreinheiten dort oben und haben die Fahrzeuge einfach vom Highway geschoben, aber auch sie sind jetzt weg. Und als wir uns die Lage vor ein paar Minuten angesehen haben, fanden wir nur ein paar ziellos herumlaufende Menschen, und auch einige, die Autos ausräumten.
Wir hatten Verbindung mit der Küstenwache …
Warten Sie, ich denke, ich sehe jetzt etwas! Sie werden das
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