Mondsplitter
Bemühen, den Possum abzulenken. Wir haben hier eine Bekanntmachung vorliegen, und ich möchte, daß Sie gut zuhören. Hier werden Wissenschaftler aus dem AstroLab mit der Bemerkung zitiert, der Verlust einer Raumfähre vor wenigen Minuten bedeutet, daß der Possum jetzt nicht mehr aufzuhalten sei. Sie schätzen jedoch, daß die Einschlagsstelle weiter nach Osten verlagert wurde. Bislang ist niemand bereit, offen zu sagen, wo der Possum abstürzen wird, aber inoffiziell deuten die Wissenschaftler an, daß es im Südosten der Vereinigten Staaten oder in der Karibik sein könnte. Bill Plant ist gerade im AstroLab, und wir schalten gleich dorthin um.
Ich möchte hinzufügen, daß wir diese Sendung verkürzen. Wie Sie wissen, ist unser Standort Miami, und wir möchten unseren Mitarbeitern Gelegenheit geben, nach Hause zu ihren Familien zu gehen. Nach unserem Bericht aus dem AstroLab schalten wir Sie auf den Sender zurück. Wir erwarten Sie morgen abend zur üblichen Zeit. Hoffe ich.
Hiermit verabschiedet sich der alte Fahrensmann.
6.
Skyport, Orbitallabor, 4 Uhr 31
Tory wußte später nicht mehr, wann genau sie den Einfall hatte. Es schien, als hätte die Idee seit dem Abendessen unmittelbar hinter der Wahrnehmungsgrenze geflackert, seit Tory von den drei Stationsfähren wußte, die die Einstufen-Raumfähren hinaus zum Possum begleiten sollten. Die Kordeshew. Die Mabry. Die Talley. Alle nach Besatzungsmitgliedern von Frank Bellwethers verlorenem Schiff Ranger benannt. Und Andrea Bellwether, Franks Tochter, saß nur wenige Schritte von ihr entfernt.
Bellwether.
Vielleicht bestand das Problem darin, daß Feinberg und die anderen in zu engen Begriffen dachten.
Vielleicht gab es immer noch eine Möglichkeit.
Antonia Mabry, Einsatzleitung, 4 Uhr 32
»Nein, Tory«, sagte Feinberg. »Das würde nicht funktionieren. Das Ding hat zuviel Masse.«
»Sind Sie sicher?«
Natürlich war er sicher.
»Was bleibt Ihnen sonst übrig?« beharrte sie.
Feinberg hatte Tory Clark noch nie gemocht. Für seinen Geschmack war sie ein wenig zu penetrant, und welche Ausbildung hatte sie überhaupt? Sie war auch nur so eine Mitläuferin. »Ich habe eigentlich keine Zeit, um darüber zu streiten.«
»Wofür haben Sie denn Zeit, Professor? Wieso versuchen Sie es nicht? Was verlieren Sie dabei?«
»Was wir dabei verlieren? Ich sage Ihnen, was wir dabei verlieren: Wir haben den Possum schon zu weit verschoben. Er stürzt wahrscheinlich ins Meer. Das ist nicht der bestmögliche Ausgang. Obendrein müßten wir, um es mit Ihrer Idee auch nur zu probieren, die Leute an Bord der Schiffe opfern. Möchten Sie das vielleicht?«
»Falls es funktioniert, haben die Besatzungen keine Probleme.«
»Es wird nicht funktionieren, Tory. Was ist Ihnen daran eigentlich unklar?« Seine Augen waren wieder feucht. »Wir haben schon genug Schaden angerichtet. Lassen Sie es damit bewenden.« Er trennte die Verbindung.
Orly Carpenter starrte ihn an. »Was hat sie gewollt?«
»Nichts.« Feinberg bereute bitter, daß er seine Dienste für das Projekt angeboten hatte. Es war gescheitert. Es war nicht seine Schuld, und auf keinen Fall konnte jemals irgend jemand behaupten, Feinberg trüge die Verantwortung dafür. Aber das spielte keine Rolle. Überall waren seine Fingerabdrücke drauf. Und irgendwie wußte er, daß er das alles hätte verhindern sollen.
Skyport, Orbitallabor, 4 Uhr 33
»Was hat er gesagt?« fragte Windy.
»Er hat nein gesagt.«
»Ist das alles?«
Andreas Augen wurden dunkel vor Zorn. »Wie konnte er das nur tun? Hat er vielleicht eine bessere Idee?«
»Er meint, es würde alles nur schlimmer machen.«
»Na ja«, sagte Windy. »Wir haben es versucht. Niemand kann behaupten, wir hätten es nicht versucht.«
»Verdammt!« schimpfte Andrea. »Er gibt auf! Aber das ist nicht seine Entscheidung.«
Auf einem der Fernsehbildschirme verfolgten sie mit, wie sich Menschen vor einer Barche in Boston versammelten. Sie hielten Kerzen, und jemand sprach ein Gebet.
»Du hast recht«, sagte Tory. »Es ist nicht seine Entscheidung.«
Windy schüttelte den Kopf. »Wessen dann?«
»Verdammt«, fuhr Tory fort, »der Präsident ist da draußen!«
»Wundervoll!« sagte Windy. »Hast du vor, ihn anzurufen?«
»Wieso nicht? Wir wissen schließlich, wo er ist.« Sie streckte die Hand nach dem Telefon aus.
»Nein«, sagte Windy. »Hast du eine Ahnung, welche Schwierigkeiten wir uns einhandeln?«
Tory drückte Tasten. Die
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