Mondsplitter
Managements.
Nach der Konferenz gingen George und seine Crew zum Abendessen in Mo’s Restaurant. Um sechs rief er die Betriebsleitung an. Man war nach wie vor mit den Einzelheiten beschäftigt, sagte man ihm. Er sollte sich jedoch für einen Start um zwanzig Uhr bereithalten.
Eine der Einzelheiten bestand in der Programmierung der Navigationscomputer. Diesen Auftrag erhielt eine überarbeitete und unterbezahlte Technikerin, die sich mit einem der Astronavigatoren in Verbindung setzen und dessen Anweisungen in Befehle für die Bordcomputer der drei Raumfähren übersetzen sollte. Die Technikerin hieß Kay Wilmont; sie absolvierte ihre zweite Dienstzeit auf Skyport und hatte sich gerade um eine Vorgesetztenstelle beworben.
Ursprünglich sollten die Maschinen nur bis zur halben Kapazität betankt werden; soviel brauchte man für den Rundflug zum Mondorbit oder zur L1 (das machte keinen spürbaren Unterschied). Später hatte die Einsatzleitung jedoch erfahren, daß die Raumfähren auf dem Heimweg vielleicht manövrieren mußten. Lieber auf Nummer Sicher gehen, statt es später bedauern.
Das war eine weitere Panne. Die einzigen Raumfähren, die vielleicht heftige Manöver absolvieren mußten, waren die beiden, die am Samstag zurückkehren sollten. Aber egal: Man traf die Entscheidung, alle Maschinen voll aufzutanken.
Niemand informierte jedoch Kay oder die Kollegen von der gleichen Schicht über diese Planungsänderung. Deshalb rechneten die Programme mit einem um die Hälfte zu geringen Treibstoffgewicht. Dieser Fehler würde nach seiner Aufdeckung einige Kurskorrekturen während des Fluges erforderlich machen. An und für sich war damit noch keine Gefahr für den Einsatz verbunden.
Transglobal Vorstandsetage, Manhattan, 16 Uhr 47
Vor siebenundzwanzig Jahren war Bruce Kendrick der Wettermann für die Kanal-11-Nachrichten aus Topeka gewesen. Damals fiel er Captain Raymond L. McConnell auf, als ein Kansas-City-Blizzard sein Flugzeug zu einem Umweg zwang und er die Nacht im örtlichen Sheraton verbringen mußte. McConnell gefiel die Art, wie der Junge mit Tiefdruckfronten umging, und der Captain bot ihm eine Stelle im eigenen Sender an. Der Rest war Geschichte, wie man so sagt.
Transglobal wimmelte von Geschichten dieser Art. Die meisten der Spitzenleute und praktisch alle Spitzendarsteller (dazu hatte sich der Job des Fernsehjournalisten gewandelt) waren vom Captain handverlesen. Ihm gehörte der Sender; er besaß einen untrüglichen Sinn dafür, wie man aus Nachrichten und Sonderberichten riesige Gewinne schlug, und er war wohl die mächtigste Person in den Vereinigten Staaten. Durchaus möglich, daß er die mächtigste Person der ganzen Welt war.
Seinen Titel hatte der Captain keiner Flottenkarriere zu verdanken. Der Firmenlegende zufolge hatte alles als Scherz begonnen und ging die Bezeichnung auf McConnells autokratisches Auftreten zurück. Trotzdem gefiel ihm der Titel. Er unterstützte seinen Gebrauch, und infolgedessen entwickelte er sich zur allgemein verwendeten Anrede. Der Captain erzählte bei öffentlichen Auftritten gern, daß er seinen Titel Untergebenen verdankte, die ihn beeindrucken wollten. Und er erzielte immer einen Lacher, indem er hinzufügte, daß ihm ›Richter‹ oder ›Exzellenz‹ lieber gewesen wäre, daß seine Mitarbeiter davor jedoch die Grenze gezogen hatten.
Jeder, der den Captain kannte, wußte, daß für ihn keine Grenze existierte.
Bruce Kendrick war kein Fremder im zehnten Stock des Transglobal-Gebäudes. McConnell empfing ihn normalerweise jeden Donnerstagnachmittag, zusammen mit Kendricks unmittelbarem Vorgesetzten, Nachrichtenchef Chuck Parmentier. Mit Hilfe dieser Konferenzen wollte der Captain über das Tun und Lassen der Nachrichtenredaktion auf dem laufenden bleiben. Sehen wir uns mal an, wie diese Woche für uns gelaufen ist, was wir herausstellen, welche Richtung wir gezeigt haben, was auf uns zukommt. Und vielleicht am wichtigsten: Was wir erreichen wollen und wie wir dabei am besten vorgehen.
McConnell war ein Diktator, aber er war klug genug, um Fragen zu stellen und sich die Antworten anzuhören. Den eigenen Standpunkt hielt er immer bis ganz zum Schluß zurück, und soweit Kendrick feststellen konnte, wahrte der Captain eine offene Einstellung, bis es Zeit für eine Entscheidung wurde. Sogar nach einer getroffenen Entscheidung hörte er sich noch Einwände an und hatte angesichts zwingender Argumente auch schon seine Meinung geändert. Eine solche
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