Mondsplitter
vor allem lag es zum Glück nicht in seiner Verantwortung! Er mußte jedoch die Empfehlung weitergeben.
Als er sah, daß er mit den Experten nicht mehr weiterkam, löste sich Henry bei der ersten Gelegenheit aus der Verbindung, bedankte sich noch für ihren Rat und wandte sich an seine Mitarbeiter. »Wir haben nicht viel Zeit«, stellte er fest.
»Ich schlage vor, zuerst auf die entscheidenden Fragen Antworten zu suchen.« Er blickte zu Mercedes Juarez. »Können wir dieses Ding aufhalten? Wie wäre es, wenn wir eine Atomrakete hineinjagen?«
»Es ist zu groß«, sagte sie, »und kommt zu schnell auf uns zu. Das Johnson Space Center sagt, genausogut könnten wir versuchen, es mit einem Stock zu schlagen.«
»Sollten wir eine Warnung äußern?«
»Ich sehe nicht, was das nützen sollte«, sagte Arnos Pierson, sein Anwalt. »Können Sie sich den Versuch vorstellen, L.A. und New York bis Samstag zu evakuieren? Wo sollten wir alle unterbringen? Wie sollten wir sie ernähren? Wir hätten gigantische Verkehrsstaus; Menschen würden bei Unfällen sterben und andere deshalb, weil Rettungsfahrzeuge nicht zu ihnen durchkämen.« Er klopfte mit zwei Fingern auf den Tisch. »Und es würde zu zahlreichen Plünderungen kommen, es sei denn, wir lassen die Cops auf gut Glück zurück. Ich garantiere Ihnen, Herr Präsident: Verlangen Sie eine Evakuierung, und wir erleben eine Katastrophe monumentalen Ausmaßes.«
Harold Boatmann hatte die Arme verschränkt und eine Abwehrhaltung eingenommen, als Pierson auf den Punkt kam. »Ich kann einfach nicht glauben«, sagte er wütend, »daß wir den Leuten erzählen, alles wäre okay, daß wir uns zurücklehnen und hoffen, daß nichts passiert, wo wir doch verdammt gut wissen, das genau das Gegenteil der Fall sein könnte!«
»Es kommt gar nicht darauf an, was wir ihnen sagen«, meinte Russell. »Sie erfahren ohnehin im Fernsehen davon. Niemand wird viel auf das geben, was wir verlautbaren. Die Leute werden in Panik geraten, und dann haben wir das Chaos.«
»Ich überlege mir ständig«, sagte McDermott, »was passiert, wenn Sie zu evakuieren versuchen und die ganze Sache dann harmlos an uns vorbeizieht. Der Himmel stürzt ein. Ich kann mir die Karikaturen jetzt schon vorstellen.«
Später kehrte Henry mit Kerr in sein Büro zurück und senkte sich in den Ledersessel, der speziell dafür konstruiert war, seinen chronisch schmerzenden Rücken zu entlasten. »Weißt du, Al«, sagte Henry, »es kommt gar nicht darauf an, was wir tun, solange die Medien nicht mitspielen. Sollten die Arschlöcher beschließen, die ganze Sache hochzuspielen, kriegen wir es mit der schlimmsten Panik zu tun, die unser Land je erlebt hat.« Sie starrten einander an. »Grace soll McConnell für mich an den Apparat holen.«
4.
Washington, D.C., Internationaler Flughafen Dulles, 13 Uhr 33
Die Raumfähre ähnelte einem Raketenschiff aus einem Science-Fiction-Film der 1950er: lang, silbern, geformt wie eine Gewehrkugel mit einziehbaren Stummeltragflächen und Heckflossen. Als Treibstoff diente eine Mischung aus Wasserstoff und Sauerstoff. Die Dulles-Starts erfolgten mit Hilfe einer Startrakete durch einen siebenundzwanzig Kilometer langen Tunnel, der in nordwestlicher Richtung unter dem Potomac hindurch nach Maryland führte und in der Nähe von Glen Hills zum Vorschein kam. Eine atomgetriebene Version der Raumfähre war im Entwicklungsstadium, aber dort würde sie auch bleiben, solange nicht jemand die umweltpolitischen Bedenken zerstreuen konnte.
Alexander Drummond, der Betriebsleiter der Mondverkehrsbehörde auf dem Dulles-Flughafen, war klein, dick und glatzköpfig. Er trug Kettenschmuck, hatte sich die Krawatte heruntergezogen und das Hemd am Hals offenstehen. Er hatte buschige Augenbrauen und dicke Lippen. In tausend Polizeifilmen waren Typen dieser Art als Mister Big aufgetreten. Er blickte gerade zum Bürofenster hinaus und konnte sowohl die einstufige Raumfähre als auch die Startschiene sehen. »George«, sagte er, ohne sich umzudrehen, »du findest die Einsatzbeschreibung auf dem Schreibtisch.«
George Culver warf einen Blick auf die Aktenmappe, traf aber keine Anstalten, sie zur Hand zu nehmen.
»Sie verlangt von dir, das Doppelte zu leisten«, sagte Drummond. Er ging zu seinem Stuhl zurück, lud George mit einem Wink ein, auf dem Diwan Platz zu nehmen, und setzte sich. »Ich fordere dich auf, das Doppelte zu leisten.«
Drummond hatte George eingestellt und sich um ihn gekümmert,
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