Mondsplitter
Rendezvous-Zeiten, die entsprechenden Fenster.
Er sah, wie sich Evelyns Halsmuskeln bewegten, während sie sie studierte. »Kriegen wir es nicht besser hin?«
»Ich war drüben bei den Leuten und habe den ganzen Abend lang mit ihnen zusammengearbeitet. Wir haben einfach alles versucht. Besser schaffen wir es nicht.«
Sie wandte den Blick von ihm ab. »Ihr könnt den Mikrobus bis etwa zweiundzwanzig Uhr wieder hierher zurückholen«, sagte sie.
»Was soll das nützen? Die letzte Raumfähre ist bis einundzwanzig Uhr dreißig von hier verschwunden. Wir könnten sie ohnehin nicht mehr erreichen, ehe der Komet einschlägt. Kämen nicht mal mehr aus dem Raumhafen heraus, was das angeht.«
»Sechs Menschen?« fragte sie.
Chandler spürte das Gewicht in seiner Brust. »Mach fünf daraus«, sagte er.
FRANK CRANDALLS DURCH-DIE-NACHT-ANRUF-SHOW, 23 Uhr 59
Crandall: Nur zu, Bill aus Nashua. Willkommen in der Show!
Erster Anrufer: Frank? Frank, bin ich auf Sendung?
Crandall: Du bist auf Sendung, Bill. Aber du solltest dein Radio leiser stellen.
Erster Anrufer: Oh. Okay. Hör mal, was diese Kometengeschichte angeht …
Crandall: Ja?
Erster Anrufer: Das ist wieder eines dieser Vertuschungsmanöver der Regierung. Weißt, was ich damit sagen möchte?
Crandall: Warum sagst du das, Bill?
Erster Anrufer: Sie behaupten, sie hätten dieses ganze Geld in den Mond gesteckt …
Crandall: Du meinst, in die Mondbasis?
Erster Anrufer: Yeah. Und jetzt taucht dieser Komet aus dem Nichts auf, und sie erzählen uns, er würde den Mond zum Platzen bringen. Komplett. Klingt das für dich nicht auch ein bißchen komisch?
Crandall: Na ja, ich denke, das ist ganz schön Pech.
Erster Anrufer: Pech? Komm schon, Frank! Sie haben das Geld weggeschafft. Es ihren Freunden gegeben. Und diesen ganzen Typen, die Sozialhilfe kriegen. Also brauchen sie jetzt eine Idee, wie sie das vertuschen können. Die Leiche verschwinden lassen, verstehst du?
Crandall: Okay. Danke, Bill. War nett, daß du angerufen hast. Jetzt zu Jeanie aus Clarksdale, Alabama. Hi, Jeanie.
Zweite Anruferin: Hi, Frank. Heh, weißt du, ich kann gar nicht glauben, daß ich wirklich durchgekommen bin! Ich probiere es schon seit zwei Jahren.
Crandall: Nun, wir finden es toll, daß du soviel Geduld hattest. Also, was denkst du über den Kometen?
Zweite Anruferin: Weißt du, daß die Leute sagen, wie unheimlich es ist, daß er in der Woche auftaucht, wo wir da oben den Laden geöffnet haben? Na ja, ich halte das nicht für Zufall.
Crandall: In welcher Hinsicht, Jeanie?
Zweite Anruferin: Ich denke, das ist ziemlich klar. Wir eröffnen die Mondbasis, und Gott schickt einen Kometen. Am selben Tag sehen wir ihn schon. Was fängst du damit an?
Crandall: Daß alles passieren kann?
Zweite Anruferin: Der Herr möchte uns etwas sagen. Weißt du, was die Heilige Schrift sagt: »Wer Augen hat zu sehen, der sehe.«
Crandall: Was möchte der Herr uns denn sagen, Jeanie?
Zweite Anruferin: Wir haben nichts auf dem Mond verloren, Frank. Er ist dem Himmel zu nahe. Wir haben dort nichts verloren, und er macht uns das klar. Ich hoffe, wir sind clever genug, auf ihn zu hören.
Crandall: Okay, Leute, wir sind nach einer kurzen Unterbrechung wieder auf Sendung.
Kapitel Fünf
Die Evakuierung
Freitag, 12. April
1.
Mondbasis, Grissom Country, 5 Uhr 50
Evelyn Hampton stand unter Charlies Tür. Ihr normalerweise ruhiges Gesicht wirkte verstört.
Bei anderer Gelegenheit wäre Charlie für ihre Gesellschaft dankbar gewesen. Zu den Nachteilen seines Amtes gehörte, daß er auf Reisen ohne großes Gefolge niemanden hatte, mit dem er reden konnte. Abgesehen von Reportern. Reporter wollten natürlich immer reden. Und das war okay. Aber es ging dabei ums Geschäftliche. Um Politik. Und ungeachtet seiner guten Beziehungen zur Presse war Charlie klar, daß er dabei vorsichtig sein mußte. So etwas wie ein beiläufiges Gespräch mit der Washington Post gab es einfach nicht.
»Hallo«, sagte er. Er fragte sich, warum sie hier war, und wußte, daß es keine guten Nachrichten sein würden.
Sie schob die Tür hinter sich zu. »Probleme, Charlie.«
Er machte Platz für sie, damit sie sich setzen konnte. »Wie bin ich nur darauf gekommen?« fragte er.
Ihre Augen waren dunkle Teiche. »Wir hinken hinter der Zeit her.«
Er nickte, spürte, wie sich die Welt drückend auf ihn legte. »Wie weit?«
»Sieht nach sechs Personen aus.«
Das war nicht möglich, und Charlie wollte
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