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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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einfach glauben, daß er nicht richtig gehört hatte. »Sechs, die nicht von hier wegkommen?«
    »So sieht es aus.«
    »So wenige«, sagte er. »Sicherlich kann man sie noch irgendwo dazwischenquetschen.« Evelyns Ausdruck blieb unnachgiebig, und Charlie machte sich erste Gedanken über die politischen Auswirkungen. Als er jedoch sah, daß ihre Wangen feucht waren, fühlte er sich leicht verlegen. »Was haben Sie vor?«
    »Jack sagt, daß er hierbleibt.«
    »Vielleicht wird es nicht so schlimm, wie wir denken.« Er wußte nicht, was er sonst sagen sollte.
    »Ich bezweifle, daß wir darauf zählen können. Jedenfalls müssen Sie darüber nachdenken, wie Sie sich den Rücken freihalten möchten.«
    Ich werde persönlich das Licht ausschalten und die Tür abschließen. Yeah, er war in einer unbequemen Lage.
    Sie wandte sich wieder zur Tür. »Ich muß gehen.«
    »Was machen Sie im Hinblick auf die anderen?«
    »Das habe ich noch nicht entschieden.«
    »Bitten Sie um Freiwillige«, schlug Charlie vor. »Sie brauchen nur fünf. Ich weiß, es klingt grausam, aber man findet immer Leute, die den Helden spielen, wenn man die Bitte richtig formuliert.« Das ging logisch aus Ricks primärem Prinzip hervor, daß man die meisten Menschen zu allem überreden kann, wenn man nur an das richtige Gefühlssymbol appelliert. Gott, Vaterland, was immer.
    Ihr Blick wurde hart. »Sie sind also letztlich doch ein Zyniker?«
    »Nein, ich …« Er wand sich unter diesem dunklen Blick und sah, wie sich Verachtung darin ausbreitete. »So habe ich das nicht gemeint …«
    Sie setzte sich in Bewegung. »Spielt keine Rolle. Ich brauche ohnehin nur vier.«
    Er starrte sie an. »Das brauchen Sie nicht zu tun«, sagte er. »Sie haben hier keinen offiziellen Auftrag.«
    Evelyn wirkte plötzlich verwundbar. »Man kann keine solche Ansprache halten, Charlie, wenn man nicht selbst bereit ist zu bleiben. Sie wissen ja, der Captain des Schiffes und all das.«
    Etwas ging zwischen ihnen vor, eine Kommunikation auf einer so tiefen Ebene, daß Charlie erschauerte. Er bemühte sich darum, die Situation wieder in den Griff zu bekommen. »Kann ich irgendwie helfen?«
    »Besorgen Sie uns einen weiteren Bus«, sagte sie. Ihre Hand lag auf dem Türgriff. »Die Busse sind das Problem.«
    Er fühlte sich unsauber. »Wie viele wissen es schon?«
    »Jack ist gerade bei seinen Leuten und sagt es ihnen. Bis heute abend streiten wir alles ab. Das sollte Ihnen die Zeit geben …«
    »… mich aus der Patsche zu ziehen.«
    »Ja.« Das Wort stach wie ein Messer zu, obwohl ihr Ton freundlich war. »Es tut mir leid. Ich habe Sie bislang schlecht informiert. Ich dachte, es gäbe keine Schwierigkeiten mit der Evakuierung. Vielleicht war da der Wunsch Vater des Gedankens.«
    Damit sah sich Charlie wieder dem Problem gegenüber, das ihn schon vorher konfrontiert hatte: Ein Mann, der die Vereinigten Staaten zu führen hoffte, konnte sich nicht den Eindruck leisten, er würde verduften, wenn Gefahr drohte. Aber die Spielregeln hatten sich verändert. Jemand würde gar nicht mehr hinauskommen.
    »Ich schlage vor, Sie informieren unverzüglich den Präsidenten. Sie haben doch bestimmt einen Privatkanal?«
    Sicher. Soll er ruhig erfahren, wie die Lage aussieht. Dann ruft er mich nach D.C. zurück. Aber es muß geschehen, ehe die schlechte Nachricht durchsickert.
    »Ich vermute«, sagte Evelyn gerade, »er wird feststellen, daß er Sie sofort braucht, und wir erhalten die Bitte, Sie in den nächsten Bus zu setzen.« Sie blickte zu ihm auf, und ihr Blick war nicht zu deuten. »Niemand wird es je erfahren.«
    »Danke, Evelyn«, sagte er. Erleichterung, vermischt mit Schuldbewußtsein, durchströmte ihn.
    Sie lächelte. Es war ein ausdrucksloses Lächeln ohne Gefühl. »Viel Glück, Herr Vizepräsident.« Sie öffnete die Tür und hielt inne. »Wenn Sie den Befehl erhalten, sagen Sie mir Bescheid. Ich sorge dafür, daß reichlich Zeugen da sind.« Nachdem sie gegangen war, saß Charlie lange da und starrte auf die Tür.
     
     
Mondbasis, Main Plaza, 6 Uhr 06
     
    Evelyn fuhr mit dem Fahrstuhl bis auf Bodenhöhe hinauf und trat hinaus auf die Main Plaza, wo das weiche graue Licht die frühe Tageszeit reflektierte. (Die Beleuchtungsplatten folgten dem Vierundzwanzig-Stunden-Zyklus.)
    Sie fühlte sich leer. Ausgebrannt. Das Ende ihres Lebens hatte sich mit fürchterlich kurzer Vorwarnzeit angekündigt, und sie fragte sich, ob sie je wirklich gelebt hatte. Was fehlte?
    Sie wußte es im

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