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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Der Laster fühlte sich an, als wäre die Federung irgendwo defekt. »War die verdammte Kiste bei der Inspektion?«
    Claire griff ins Handschuhfach, holte das Inspektionsbuch hervor und reichte es ihm. Er sah sich die Zahlen an, hatte aber Schwierigkeiten, sie klar ins Auge zu fassen.
     
     
Manhattan, 15 Uhr 36
     
    Marilyn Keep hatte sich die Bilder verstopfter Schnellstraßen angesehen, hatte beobachtet, wie Nachrichtensprecher herablassend über die Flüchtlinge lächelten, und sie hatte sich die Chicken-Little [viii] -Cartoons in New York Online angeschaut. Jeder, der in den Norden zu kommen versuchte, wurde als Idiot dargestellt. Na ja, für die, die in der Stadt festsaßen, war das tröstlich.
    Sie arbeitete wieder an Schatten des Verräters, als das Telefon klingelte. Es war Larry: »Was machen wir morgen, Schatz?«
    Sie wandte den Blick von ihrer Tabelle ab, in der jedes körperliche und psychologische Detail jeder Romanfigur verzeichnet war, und betrachtete finster das Telefon. »Wir sehen uns vermutlich an, wie der Mond zerschlagen wird«, sagte sie. »Was hast du dir denn vorgestellt?«
    »Louise schmeißt morgen abend eine Kometenparty. Sie möchte, daß wir auch kommen.«
    »Das ist irgendwie eine Last-Minute-Veranstaltung, oder?«
    »Na ja, es ist irgendwie ein Last-Minute-Komet. Ich denke, es wird ein Riesenspaß.«
    Louise war eine von Larrys Kolleginnen, eine Volkswirtin, die für Kraus & Cole arbeitete. Marilyn hatte sich ein paarmal mit ihr unterhalten. Louise war zweimal geschieden und behauptete, sie hätte beide Ehemänner hinausgeworfen, obwohl Larry meinte, es wäre andersherum gelaufen. Sie war die inoffizielle Gesellschaftsbeauftragte des Büros, organisierte Spontan-Mittagessen, Bowlingmannschaften und Massenausflüge in Theaterrestaurants. »Sicher«, sagte Marilyn. »Gehen wir hin.«
    Die Welt schien fast in den Normalzustand zurückgekehrt. In den Late-Night-Shows wurden Kometenwitze gerissen, und ein Fernsehprediger verkündete, Tomiko wäre ursprünglich unterwegs nach Alabama gewesen, bis seine Gebete den Kometen abgelenkt hatten. Politische Experten analysierten Tomikos Auswirkungen auf den Wahlkampf im Herbst. (Die meisten erwarteten, daß er Haskells Chancen drückte, ungeachtet der Geschicklichkeit, mit der Haskell sich ihrer Meinung nach ins Bild gerückt hatte; allein die jetzt unwiderruflich verlorenen nationalen Investitionen in die Mondbasis reichten dafür.) Die Yankees erwarteten dieses Wochenende zu Hause die Tigers und gaben bekannt, sie würden eine Spielunterbrechung ausrufen und die Himmelsshow auf die Stadionmonitore bringen, falls das Spiel am Samstagabend um 22 Uhr 35, dem Zeitpunkt der Kollision, noch nicht vorbei war. Der Mond würde im Westen stehen, nicht sichtbar für die Fans, außer denen auf den Plätzen rechts vom Spielfeld. Einige Fans protestierten und schlugen vor, das Management könnte die Show ruhig auf die Monitore bringen, aber das wäre noch kein Grund für eine Spielunterbrechung.
    Marilyns Wohnung im zweiten Obergeschoß bot Ausblick über den Central Park. Alles sah so aus wie immer: Ein paar Kids versuchten sich im Drachensteigen, während ihre Mütter zusahen; Jogger trabten die Wege entlang, und die übliche Anzahl Leute saßen auf den Bänken. Schnorrer machten die Fußgänger an, und die Straßen waren voller Taxis, Busse und Lieferwagen. Die Schulen waren geöffnet, und Wal-Mart hatte eine große Kometen-Verkaufsaktion angekündigt (»Bringen Sie ihren Schweif hierher, solange die Rabatte gelten!«).
    Marilyn fand, daß Schatten des Verräters eine der weniger einfallsreichen Mordgeschichten war, die auf ihren Schreibtisch gelangt waren. Der Mörder war etwa ab Kapitel drei völlig sichtbar und brachte nur ansatzweise ein Motiv mit. Die falschen Spuren waren eindeutig als solche zu erkennen. Das Erzähltempo paßte nicht, und die Charaktere waren langweilig. Die Erzählung wurde mit halsbrecherischem Tempo entwickelt, die nicht zu einem atmosphärisch dichten Krimi paßte. Der Leser fand nirgendwo Zeit, innezuhalten und über die Implikationen nachzudenken. Und der Autor hatte mehrere Gelegenheiten verpaßt, ein echtes Drama zu schaffen. Es wirkte, als hätte man ihn in der zweiten Reihe zugeparkt.
    Sie konnte sich nicht mehr konzentrieren, öffnete die Balkontür und ging hinaus. Es war kein großer Balkon, gerade ausreichend für zwei Stühle und einen kleinen Tisch. Sie stand eine Zeitlang dort, lehnte sich ans Betongeländer und sah

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