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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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McGee ist noch da. Und ich brauche dir sicher nicht zu sagen, welches Datum wir am Montag haben.«
    Der 15. April. Jerry kam der Gedanke, daß, sollte es zum Schlimmsten kommen, die letzte offizielle Maßnahme der Regierung der Vereinigten Staaten in der alljährlichen Ausplünderung ihrer Bürger bestehen könnte. »Du hast eine große Zukunft bei der Firma«, fuhr Leo fort. »Gefährde sie doch nicht wegen …« Ihm schienen die richtigen Worte nicht einzufallen, und so zeichnete er nur mit dem rechten Zeigefinger einen Kreis in die Luft.
    Letztlich willigte Jerry ein, wenn auch nicht aus Angst um seine Karriere. Vielmehr hatte er angesichts von Leos Verhalten das Gefühl, beweisen zu müssen, daß er keine Angst vor dem Kometen hatte.

 
6.
     
     
Point Judith, Rhode Island, 19 Uhr 21
     
    Der Rentner Luke Peterson war früher Drucker gewesen. Seine Frau war seit zwanzig Jahren tot, und die Kinder lebten im ganzen Land verstreut. Er besaß ein geräumiges Backsteinhaus in Point Judith mit wunderbarem Blick aufs Meer. Er hatte weite Rasenflächen, eine gepflasterte Einfahrt und reichlich Zimmer für die Enkelkinder, die gern zu Besuch kamen und jeden Sommer scharenweise eintrafen. Luke war nach dem Tod der Ehefrau ans Meer gezogen, hatte den Besitz für 110.000 Dollar gekauft. Heute war er eine Dreiviertelmillion wert, und er hätte ihn nicht behalten können, wäre er nicht über siebzig gewesen und in den Genuß einer speziellen Vorkehrung im Steuerrecht gekommen, die Hauseigentümer vor davongaloppierenden Immobilienwerten schützte. Zehn Jahre lang hatte er die Druckerei von hier aus betrieben, hatte Flugblätter für Firmen und Touristen gedruckt und verschiedene Sonderaufträge, Geschäftskarten, Briefbögen, was immer. Ein nettes Leben, aber es hatte ihn schließlich gelangweilt. Das Leben war zu kurz, um es in einer Druckerei zu verbringen, und als er es sich leisten konnte, sie zu schließen, tat er es.
    Luke hatte gut investiert, also war Geld kein Problem. Mittwochs spielte er Binokel, und jeden zweiten Montag im Monat besuchte er einen Club für große Literatur (für das Mai-Treffen lasen sie gerade Marc Aurel). Zwei- oder dreimal die Woche spielte er Golf, je nach Laune; und normalerweise aß er mit ein paar Leuten aus dem Rotary-Club zu Mittag. Sie nannten sich den Lunch Bunch.
    Trotzdem fühlte er sich zuzeiten einsam. Er vermißte Ann, und an den meisten Tagen war es ruhiger im Haus, als ihm lieb war. Immerhin hatte er sich einigermaßen angepaßt. Ann hätte es nicht geduldet, daß er Trübsal blies und sich selbst leid tat, und er tat sein Bestes, den Ratschlägen auf der letzten Geburtstagskarte, die er von ihr erhalten hatte, zu folgen: das Leben wie eine überreife Grapefruit zu betrachten und soviel Saft wie nur möglich herauszuziehen.
    Also verfolgte er die Fernsehberichterstattung mit Interesse und ein bißchen Beklommenheit (Furcht gehörte auch zur Grapefruit). Das Meer sah jedoch beruhigend still und flach aus.
     
     
Pennsylvania Tumpike, nordwestlich von Philadelphia, 19 Uhr 33
     
    Der Verkehr, der drei Stunden lang noch sporadisch in Bewegung gekommen war, stand nun völlig still. Auf den Frequenzen der Staatspolizei hieß es, daß der Turnpike auf dem ganzen Weg bis Valley Forge praktisch zum Parkplatz geworden war.
    Der Konvoi hatte sich schon lange aufgelöst. Archie sah vier Firmenlaster hinter sich aufgereiht. Die übrigen waren verschwunden, irgendwo vom Verkehrsstrom verschluckt.
    »Claire«, fragte er, »weißt du eigentlich, mit welcher Begründung sie das Interstate-Highwaynetz aufgebaut haben?«
    Sie hatte keine Ahnung.
    »Eisenhower sagte, er wollte rasch Truppen verschieben können. Falls es zu einer Invasion käme.«
    Sie sah sich im Verkehrsstau um und lächelte. »Damals gab es weniger Autos.«
    Pick-ups, Kombis, Lieferwagen – alle waren sie mit Kartons und Decken und Kindern vollgestopft. Möbel stapelten sich auf den Dächern. Lampen ragten zu den Fenstern heraus, und Kofferraumdeckel, die über Stühlen nicht geschlossen werden konnten, waren festgebunden. Archie war einmal im Rahmen einer friedenserhaltenden Mission im Kaukasus gewesen, als lokale Machthaber versuchten, ethnische Minderheiten zu beseitigen, und die Türken eine Beteiligung am Rettungseinsatz verweigerten. Er erinnerte sich an die Menschen auf den Straßen, unterwegs nach Süden und Osten, fort aus den Gebieten, in denen die Killer wüteten. Es waren eine Menge Autos gewesen, und das auf

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