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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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paarmal tief ein und aus. Im Grunde war die Strecke nur kurz. Los, also! Ich zögerte nicht mehr, begann den Aufstieg, bahnte mir einen Weg durch das staubige, brennende Gestrüpp. Was hatte Vivi gesagt? Luftanhalten? Unmöglich! Es juckte und kratzte überall. An manchen Stellen schien das Gebüsch undurchdringlich. So dicht wuchsen die Nesseln, mit wilden Brombeerranken vermischt, dass ich den Boden nicht sah. Irgendwann trat ich auf einen lockeren Stein, der umkippte und mich fast aus dem Gleichgewicht brachte. Als ich mich aufrichtete, schlug ich hart mit dem Kopf an einen Ast. Ich biss die Zähne zusammen und befühlte die schmerzende Stelle. Ich berührte aufgeplatzte Haut, sah Blut an meinen Fingern. Scheiße, Scheiße, wiederholte ich innerlich, mit dem Gedanken an meine Eltern, die mir überdies
solche Ausdrücke verboten hatten. Allerdings, auf eine Schramme mehr oder weniger kam es ja nun wirklich nicht mehr an. Keuchend, stolpernd bahnte ich mir einen Weg nach oben, zog mich an Sträuchern empor, während der Schmerz in meiner Stirn pochte und ich mir einzureden versuchte, Dornen und Brennnesseln täten nicht weh. Das Gemisch welker Pflanzen, alter Blätter und staubiger Erde erzeugte einen warmen, herben Geruch, der mir in die Nase drang und die Kehle austrocknete. Endlich erreichte ich die höchste Stelle, die Anhöhe, drehte mich zu den anderen um, die unten warteten, und machte das V-Zeichen. Meine weiße Schulbluse war zerknittert und verschwitzt, rote Striemen und Schwellungen bedeckten meine nackten Arme und die Beine oberhalb der Kniestrümpfe. Ich rutschte und strauchelte den Abhang hinunter. Am Fuß des Hügels liefen mir Vivi und Peter entgegen. Ich war ihre heftigen und schnellen Stimmungsumschwünge gewohnt und wunderte mich nicht, dass sie mich betroffen anstarrten. Peter stand das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben.
    »Angst haben und dann trotzdem, das ist schon was!«, stammelte er einigermaßen kopflos.
    Ich stampfte mit den Fuß auf.
    »Ein für alle Mal, ich hatte keine Angst!«
    Alles brannte in mir, wie ein Sonnenbrand am ganzen Körper. Ich war außer Atem und zitterte. Das gleißende Licht betäubte mich fast. Aber ich war zu erhöhter Bedeutung aufgestiegen, ein symptomatisch erwünschter Zustand für meinen Geltungsdrang. Peter, der nicht sehr schlagfertig war, grinste einfältig.
    »Glaube ich dir!«
    Vivi zeigte auf meine Stirn.
    »Du blutest ja! Und wie!«
    Ich sah Peter in die Augen.
    »Ich bin gegen einen Ast gerannt.«

    Peter schluckte.
    »Tut es sehr weh?«
    »Überhaupt nicht!«, prahlte ich.
    Das Blut lief mir den Mund entlang und tropfte auf meine Bluse. Vivi gab mir ihr Taschentuch – sie hatte immer eins dabei und ich nie –, und wir verabredeten uns um drei vor der Kirche.

    »In die Brennnesseln gefallen?«, schimpfte Mutter. »Wie alt bist du eigentlich?« Ich sollte sofort eine Dusche nehmen – ja, auch die Haare – und die Wäsche wechseln. Und wenn die Verletzung morgen nicht besser aussähe, bliebe mir ein Arztbesuch nicht erspart; vielleicht musste die Wunde genäht werden. Mutter behandelte sie mit Jodtinktur – das übliche Allerweltsmittel – und brachte mir eine Salbe, um die Schwellungen zu lindern. Bluse und Kniestrümpfe kamen in den Wäschekorb, der Faltenrock wurde ausgebürstet und an die Luft gehängt. Dann endlich gab es Mittagessen.

    Giovanni kam zur verabredeten Zeit. Am Anfang stand Schweigen zwischen uns. Wir trafen zusammen, mit Zurückhaltung und Misstrauen, wie Tiere, die sich mitten im Wald begegnen. Dass ein neuer Abschnitt in unserem Leben anfing, dass dies der Beginn eines komplizierten Spiels sein würde, war uns noch nicht klar. Alles geschah auf so einfache, zu einfache Weise. Giovannis Augen schauten uns an, öffneten sich weit und glänzten wie braune Spiegel. Dabei kehrten seine Blicke immer wieder zu mir zurück, als ob er insgeheim fürchtete, ich könne ihm meine Freundschaft entziehen. Ein nur ganz zart angedeutetes Lächeln verklärte seine Züge wie von innen her, zeigte Zutrauen, Klugheit und Melancholie. Trotzdem fühlten wir uns unbehaglich. Vivi schien abwesend, wie ausgelöscht, und Peter machte ein finsteres Gesicht. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich Giovannis Lächeln erwiderte. Er
hörte nicht auf, mich zu betrachten, gleichsam erstaunt und besorgt, und wies unvermittelt auf meine Wunde, an der Jodtinktur und verkrustetes Blut klebten. Mutters Heftpflaster hatte ich abgerissen, sobald sie außer

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